Es sieht ganz so aus, als müsste die Mode, mit dem heißen Kaffee im Becher durch die Stadt zu laufen, erst einmal abflauen, bis Leipzig sich in der Lage sieht, den Pappbechern ein Ende zu bereiten. Denn auf den Antrag der Grünen, etwas gegen die Pappbecherflut zu unternehmen, reagiert die Stadt eher ausweichend. Wenn die Becher-Anbieter nicht mitspielen, sind ihr die Hände gebunden.

Denn irgendwie findet man den Antrag der Grünen ja gut. Aber so recht sieht man keine Handlungsmöglichkeiten der Stadt.

„Die Stadt Leipzig begrüßt und unterstützt private Dienstleister und Unternehmen bei ihren Initiativen zur Vermeidung von Einwegbechern. Die Stadt Leipzig verpflichtet sich, funktionierende und nachhaltige Projektideen zur Abfallvermeidung von externen Stellen auf die Möglichkeit zur Förderung zu überprüfen und gegebenenfalls für maximal ein Jahr anteilig zu unterstützen“, hatten die Grünen beantragt.

„Die Intention des Antrages wird grundsätzlich von der Stadt Leipzig unterstützt. Es ist aber nicht Aufgabe der Stadt Leipzig, ein weltweit etabliertes Verpackungsbehältnis für heiße Getränke zu reglementieren oder einzuschränken. Hier bedarf es, insbesondere aus wirtschaftspolitischen Gründen, bundeseinheitlicher Reglungen“, meint das Umweltdezernat zum Antrag. „Unabhängig davon ist die Stadt Leipzig aber gern bereit, funktionierende und nachhaltige Projekte zur Abfallvermeidung zu prüfen und diese gegebenenfalls anteilig zu unterstützen.“

Und dann erklärt man kurz, aus welchem Topf Geld kommen könnte, wenn jemand wirklich eine gute Idee hat, dem „weltweit etablierten Verpackungsbehältnis“ den Garaus zu machen: „Für Maßnahmen und Vorhaben in Projekten, die umwelt-, bildungs-, oder gesundheitspolitischen Zwecken, dem Naturschutz oder der Heimatpflege dienen, gewährt die Stadt Leipzig, unter Umständen Zuwendungen auf Grundlage der Rahmenrichtlinie für die Vergabe von Zuwendungen der Stadt Leipzig an außerhalb der Stadtverwaltung stehende Stellen. Zuwendungen können jedoch nur im Rahmen der im Haushalt bereitgestellten Mittel und nur für im Interesse der Stadt liegende Zwecke bereitgestellt werden. Ein Rechtsanspruch auf die Gewährung einer Zuwendung besteht nicht.“

Aber natürlich diskutiert man das Problem auch ein bisschen. Man hat sich wirklich die Mühe gemacht, auch mit den Betreibern des freien Kaffeeausschanks zu sprechen. Die würden schon gern am Gewohnten festhalten. Unter anderem auch, weil es oft genug Franchise-Unternehmer sind, die die Philosophie des Unternehmens umsetzen müssen, unter dessen Schirm sie agieren.

„Innerhalb der Verwaltung ist das Problem mit dem zunehmenden Abfallaufkommen im Zusammenhang mit Einwegbechern seit längerem bekannt“, betont das Umweltdezernat. „Eine von der Stadt Leipzig im Jahr 2015 durchgeführte Abfrage von Händlern im Leipziger Stadtzentrum zum Sachverhalt ‚Vermeidung von Einwegbechern‘ hat ergeben, dass diese auf eine bundeseinheitliche Regelung bzw. eine bindende Gesetzgebung warten. Eigene Initiativen bzw. nur von der Stadt Leipzig beschlossene Maßnahmen werden mehrheitlich abgelehnt.

Coffee-to-go. Karikatur: Schwarwel
Karikatur: Schwarwel

Man hat aber auch die im Antrag benannten Beispiele sowie die der Stadt Leipzig bekannten Initiativen zum Thema „Einwegbecher“ anderer Kommunen (z. B.: Freiburg, Hamburg, Rosenheim) untersucht und eine Umsetzung in Leipzig geprüft.

Das Ergebnis: „Die meisten Kampagnen beruhen auf privaten Initiativen ohne kommunale Förderung und befinden sich in einer Anlauf- bzw. Testphase. Aussagen über deren Erfolg, die Nachhaltigkeit und die Akzeptanz der Initiativen bei der Bevölkerung sind noch nicht im aussagefähigen Maß vorhanden.

Das von der Stadt Freiburg gestartete Mehrwegsystem „Freiburg-Cup“ ist ebenfalls ein Pilotprojekt, welches auf ein Jahr angelegt ist und mit mittlerweile über 20.000 € (Eigenmittel) der Stadt Freiburg unterstützt wird. Von der Stadt Freiburg werden nach Ablauf des Testjahres die Maßnahmen geprüft und anhand der gesammelten Erfahrungen das weitere Vorgehen entschieden. Geplant ist die Anschubfinanzierung der Stadt Freiburg, die den Kauf und die kostenlose Bereitstellung der Mehrwegbecher beinhaltet, zukünftig auf private Akteure zu übertragen.

Das von der Stadt Freiburg initiierte Verfahren zur Abfallvermeidung ist für die Stadt Leipzig nur mit einem erheblichen Mehraufwand an Ressourcen bedingt umsetzbar, zumal die in 2015 vom Dezernat Umwelt, Ordnung, Sport durchgeführte Abfrage der Leipziger Händlerschaft im Zentrum eine grundlegend ablehnende Haltung zu möglichen Initiativen der Stadt Leipzig ergeben hat. Für eine wachsende Großstadt wie Leipzig ist die Vermeidung zusätzlichen Abfallaufkommens ein wichtiges Anliegen. Für eine freiwillige Initiative bedarf es allerdings unter anderem des Willens und des Verständnisses der betroffenen Unternehmen und eines Grundverständnisses der Bürgerschaft.“

Es braucht also einen Innenstadthändler, der einfach mal den Mut hat, auf die Pappbecher zu verzichten und „Coffee to go“ nur noch für Leute anzubieten, die ihren eigenen Kaffeebehälter mitbringen und einfach auffüllen lasen. Denn solche Becher gibt es längst auch in praktikabler Form zu kaufen. Und wenn der „Kaffee zum Laufen“ sowieso zum morgendlichen Ritual gehört, dann kann man die Becher auch einfach im Marschgepäck dabei haben.

Wirklich viele Gründe für den Pappbecher gibt es nämlich nicht.

Und wenn man unverhofft in Leipzig landet und unbedingt einen Kaffee braucht, sollte man eigentlich die zehn Minuten für eine Tasse Kaffee – drinnen oder draußen – haben.

Dass die großen Lizenzgeber auf den Becher nicht verzichten wollen, hat mit ihrer auf Bequemlichkeit zielenden Firmenpolitik zu tun. Aber warum sollte man die immer wieder unterstützen? Auch noch in Leipzig, wo man eigentlich mal eine richtig gute Kaffeekultur hatte?

In eigener Sache: Lokaler Journalismus in Leipzig sucht Unterstützer

https://www.l-iz.de/bildung/medien/2017/01/in-eigener-sache-wir-knacken-gemeinsam-die-250-kaufen-den-melder-frei-154108

 

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Und jetzt führt Aldi auch noch Kaffee-Automaten für den Einkaufs-Kaffee ein, mit Becherhalterung am Einkaufswagen. Das ist dann wohl die Krönung des Schwachsinns.
Warum brauchts eigentlich immer erst irgendwelche Gesetze und Verordnungen gegen Umweltsünden? Können wir Menschen nicht einfach mal selbstständig denken und Zusammenhänge erkennen? Was ist so schwer daran, sich einen eigenen Becher zu kaufen und diesen immer mitzunehmen? Ich nehm mich da ja gar nicht raus, wie oft hab ich doch noch “mal eben noch diese eine Plastiktüte” gekauft, obwohl ich drauf verzichten wollte. Und es gibt immer noch vieles, was ich verbessern muss. Aber ich arbeite daran und bin relativ streng mit mir selbst. Und das fällt mir manchmal echt nicht leicht, aber wenn jeder ein bisschen nur in seinem eigenen Lebensumfeld sein Möglichstes tut und vielleicht immer noch ein/zwei Andere mitreisst – das würd doch so viel bewirken.
Wenn niemand diese blöden Becher kauft werden die Unternehmen auch mitziehen, die verteilen die schliesslich nicht aus reiner Nächstenliebe. Vielleicht brauchts nur mal nen kleinen Schubs in Form von Aktionen mit direkter Ansprache? Das wirkt meist mehr als alles andere.

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