Jedes Jahr aufs Neue werden in Leipzig die Abfalltonnen gewogen. Stichprobenartig. Am Ende wird gerechnet: Wie viel ist drin, was macht das pro Kopf und wie teuer muss eine durchschnittliche Tonne berechnet werden, damit die Abfallentsorgung für alle so gerecht wie möglich ist? Das macht Leipzigs Stadtreinigung nun schon seit Jahren. Am Mittwoch, 5. Oktober, stellte Dr. Frank Richter, Leiter des Eigenbetriebes Stadtreinigung Leipzig, die neuen Zahlen und Kosten vor. Es wird teurer.
Aber nicht, weil die Leipziger besonders viel Abfall produzieren. Das gar nicht. Im Gegenteil. Im Vergleich mit anderen deutschen Großstädten sind sie echte Müllsparer (Wassersparer, Stromsparer usw.). Wer nicht viel Geld zum Ausgeben hat, kauft auch nicht viel Müll. Die Abfallmengen sind über Jahre drastisch gesunken (hübsch parallel mit der Kaufkraft), seit einigen Jahren steigen sie wieder. Was natürlich Frank Richter freut, weil seine Müllmänner damit wieder mehr Arbeit kriegen und er fünf neue Leute einstellen kann.
Eigentlich sollte ja dann der Müllpreis trotzdem irgendwie gleich bleiben, denn dann zahlen doch auch 16.000 Leipziger zusätzlich Abfallgebühren im Jahr. Woran liegt es also, dass Richter dem Stadtrat jetzt eine Vorlage zugearbeitet hat, dass die Gebühren ab 1. Januar steigen müssen?
Die Kosten in der kommunalen Abfallentsorgung betragen im Jahr 2017 nach der Prognose des Eigenbetriebs Stadtreinigung 39,2 Millionen Euro und liegen damit um etwa 2,9 Millionen über denen laut Kalkulation für das Jahr 2016.
Der Anstieg erkläre sich durch erhöhte Entsorgungs- und Personalkosten sowie einen Rückgang von Verwertungserlösen, betont Richter. Entsorgungskosten: Das sind die Preise, die Leipzig zahlen muss, wenn es Müll auf die Zentraldeponie Cröbern liefert. Zum Jahreswechsel 2014/2015 stieg hier der Preis für die zur Ablagerung angelieferte Tonne von 73,31 Euro auf 76,03 Euro. Meistens aber kann Müll gar nicht ohne weiteres abgelagert werden. Normaler Restmüll geht erst mal in die mechanisch-biologische Abfallbehandlungsanlage (MBA). Da kostete die Tonne zuvor 159,66 Euro, seit 2015 sind es 162,41 Euro. Logisch: Das macht Müll aus Leipzig teurer.
Dazu kommt: Ab Februar bekommen die 260 Mitarbeiter der Leipziger Abfallwirtschaft 3,4 Prozent mehr Gehalt. Alles tariflich ausgehandelt mit Ver.di, betont Richter. „Da können wir gar nichts machen.“ Anderseits gönnt er das seinen Leuten natürlich. Aber weil der Betrieb sich rechnen muss, geht das auf den Müllpreis.
Verwertungserlöse: Bislang konnte die Stadtreinigung die Kostensteigerung noch dadurch kompensieren, dass Schrott und Holz aus den 17 Annahmestellen weiterverkauft wurden. Doch da haben sich die Preise in letzter Zeit halbiert. Gab’s für die Tonne Schrott mal 150 Euro, sind es augenblicklich 80 Euro.
„Für uns bedeutet das eine sechsstellige Summe, mit der wir sonst die Kostensteigerung aufgefangen hätten“, sagt Richter. – So dass er also für 2017 ein finanzielles Loch von 2,9 Millionen Euro sieht.
Das wird zum größten Teil aus Rücklagen gestopft. Denn wenn die Stadtreinigung in der Vergangenheit zu viel eingenommen hat mit den Abfallgebühren, dann ist sie vom Freistaat dazu verpflichtet, das Geld über fünf Jahre wieder an die Kunden zurückzugeben. Das passiert dadurch, dass man einen Teil der steigenden Kosten damit kompensiert. Der Tonnenpreis steigt nicht so stark, wie es die Kostensteigerungen eigentlich erwarten ließen. 1,8 Millionen Euro aus den Rücklagen fließen in die Kalkulation, nur rund 1,2 Millionen Euro werden als Kostensteigerung umgelegt.
Auch das Bevölkerungswachstum, so Richter, trage dazu bei, dass der Tonnenpreis nicht so stark steige. Die Leerungsgebühr steigt im Schnitt um 2 bis 3 Prozent. Ausnahme sind die kleinen, die 60-Liter-Tonnen, wo der Entleerungspreis um 1 Cent pro Leerung sinkt. Wie der Name schon sagt, wird diese Gebühr nur fällig, wenn die Tonne geleert wird.
Eine Art Grundgebühr ist die Verwertungsgebühr. Die zahlen alle Hausbesitzer monatlich, auch dann, wenn die Tonne nicht rausgestellt wird. Denn damit wird die ganze Vorhaltung des Sammelsystems finanziert – samt den 17 Wertstoffhöfen. Hier liegen die Steigerungsraten bei der Gebühr eher bei 0,5 bis 1 Prozent.
Spürbar teurer werden hingegen die Biotonnen. Für die zahlen Hausbesitzer eine monatliche Festgebühr. Und hier steigen die Preise eher um 20 Prozent. Der Grund dafür, so Frank Richter, ist ein Testlauf, den Leipzigs Stadtreinigung gerade probiert: Bis jetzt wurden Biotonnen zur Reinigung ausgetauscht – entleerte Tonnen wurden ins Depot gefahren und dort gereinigt, neue dafür hingestellt. Seit ein paar Tagen folgt ein neuer Lkw den Sammelfahrzeugen und reinigt die Biotonnen gleich vor Ort. Das Fahrzeug dazu habe man erst einmal nur angemietet, betont Richter. Wenn der Test funktioniere, wolle man das Fahrzeug kaufen und dann dauerhaft einsetzen. Der Grund für das Ganze ist schlichte Hygiene: Die Tonnen müssen regelmäßig gereinigt werden. Das Ziel im ersten Schritt, so Richter: dass alle Biotonnen wenigstens einmal im Jahr gereinigt werden. „Mehr wäre natürlich besser.“
Ergebnis im Ganzen: Für den durchschnittlichen Leipziger steigt die Abfallrechnung im Jahr um insgesamt 1,50 bis 2,75 Euro. Das sei noch verkraftbar, sagt Frank Richter.
In eigener Sache – Wir knacken gemeinsam die 250 & kaufen den „Melder“ frei
https://www.l-iz.de/bildung/medien/2016/10/in-eigener-sache-wir-knacken-gemeinsam-die-250-kaufen-den-melder-frei-154108
Keine Kommentare bisher