Wenn man die Einkommenszahlen für das Jahr 2014 in Leipzig betrachtet, dann wird einem schnell klar, dass Leipzig eigentlich eine Stadt ist, in der die Hälfte der Bevölkerung sozialen Wohnraum braucht. 226.000 Leipziger haben ein Einkommen von weniger als 1.100 Euro im Monat. Und sie zweifeln wohl zu Recht daran, dass die Stadtspitze das Thema bezahlbarer Wohnraum überhaupt ernsthaft aufgreift. Die LWB allein kann das Thema nicht stemmen.
Die stadteigene Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft hat jetzt wieder ihren Bericht der Eigentümerziele für den Stadtrat vorgelegt. Wesentlicher Punkt in den Eigentümerzielen ist die Bereitstellung sozial verträglichen Wohnraums. Mindestens 7.641 Wohnung im “preiswerten Segment” soll die LWB vorhalten, hat der Stadtrat dekretiert – das sind rund 20 Prozent des Bestandes.
Und als “preiswert” gilt, was die aktuell von der Stadt gewährten “Kosten der Unterkunft” um maximal 10 Prozent übersteigt.
Die Kosten der Unterkunft sind ein eigenes Thema, denn in der Vergangenheit bezweifelten die Sozialgerichte immer wieder, dass das von der Stadt vorgelegte Konzept schlüssig ist.
Das ist auch deshalb strittig, weil das Segment, das die Stadt Leipzig als angemessen definiert hat, auf dem Leipziger Wohnungsmarkt zusehends schmilzt, ohne dass es genaue Zahlen über die tatsächlich noch vorhandenen Wohnungen in dieser Preisklasse gibt. Das jüngste “schlüssige Konzept” zu den Kosten der Unterkunft, das die Stadt vorgelegt hat, definiert die angemessenen Wohnkosten zwischen 4,51 und 4,72 Euro kalt je Quadratmeter.
Das ist aber nicht das, was die wirklich mit niedrigen Einkommen geschlagenen Leipziger zu zahlen haben. Gerade die Einkommen unter 1.100 Euro im Monat sind in Leipzig besonders durch anteilig hohe Mietbelastung geprägt.
Man kann sich die Tatsache, dass der Wohnungsmarkt für niedrige Einkommen immer enger wird, auch schön rechnen, wie es Stadt und Stadtrat im Verein getan haben.
Glücklicherweise bei einer Wohnungsgesellschaft, die aus eigenen Kräften versucht, deutlich mehr Wohnraum im verlangten Segment bereitzustellen. In ihrem Rechenschaftsbericht unterlegt es die LWB mit Zahlen. Sie hat die von der Stadt festgelegten KdU-Kaltmieten einfach noch mit dem ebenso festgelegten Plus von 10 Prozent versehen und kommt dabei auf 5,19 Euro / Quadratmeter als Obergrenze. Und danach werden rund 22.790 LWB-Wohnungen, also rund 65 Prozent im “preiswerten Segment” angeboten. Das ist ungefähr das Dreifache dessen, was Stadtrat und Verwaltung verlangt haben.
Und man kann nur ahnen, was passiert, wenn sich die LWB tatsächlich nach den knapp gerechneten Zahlen der Stadtpolitik richten würde.
Andererseits sind 10 Prozent auf eh schon auf Kante genähte KdU-Mieten auch schon heftig, wenn man mit weniger als 1.100 Euro im Monat auskommen muss (und noch gibt es keine Statistik, die für Leipzig einen deutlichen Einkommenssprung für die vielen niedrigen Einkommen verheißt).
Also lohnt sich durchaus der Blick in die von der LWB vorgelegte Tabelle mit den nach Sollmieten gestaffelten Wohnungen. Da kann man – um einigermaßen im Rahmen der KdU-Sätze zu bleiben, die Wohnungen mit maximal 5 Euro Kaltmiete zugrunde legen. Davon bietet die LWB rund 17.000 an. Was schon ein etwas anders Bild ergibt: Das ist nur noch die Hälfte des Bestandes – aber natürlich noch doppelt so viel wie von der Stadt gefordert. Wenn man freilich bedenkt, dass die Mieter dieser Wohnungen wohl alles tun, um drin wohnen zu bleiben, tut sich eine ganz andere Frage auf: Wie groß ist eigentlich noch der steuerbare Bereich, den nicht zahlungskräftigen Leipzigern genügend Wohnraum zur Verfügung zu stellen?
Erst recht, wenn die LWB gleich mit einem Berg von Erwartungen konfrontiert ist, die Unterbringungswünsche der Stadt selbst zu erfüllen. Denn die wünscht sich ja jeden Monat 100 Wohnungen zur Vermittlung für das Sozialamt (ohne dass es irgendwo in Sachsen auch nur einen kleinen Topf gibt, mit dem sozialer Wohnungsbau finanziert werden kann), dazu kommt die Schaffung von Wohnraum für Senioren und Behinderte und seit kurzem auch verstärkt die Bereitstellung von Wohnraum für Asylsuchende.
Und dann hört man ja auch aus Stadtratsfraktionen immer wieder den Jubel darüber, dass die LWB demnächst wieder selber Wohnungen bauen wird.
Das kann nur ein Witz sein. Oder eine völlige Unkenntnis der aktuellen Baupreise.
In der Berichterstattung der LWB heißt es zu diesem Thema ganz trocken: “Mit dem Mietwohnungsneubau am Wintergartenareal sollen 98 Wohnungen und Boardinghouseappartments mit durchschnittlichen Sollmieten ohne Betriebskosten von 10,32 EUR/qm bzw. 16,00 EUR/qm (Boardinghouse) geschaffen werden. Bei den in die Investitionskalkulation eingeflossenen Mietpreisen wird den gegenüber Sanierungen höheren Baukosten Rechnung getragen.”
Das entspricht zwar den Kalkulationen der LWB, mit solchen Spitzenangeboten in zentrale Lagen den sozialen Wohnungsbestand mitzufinanzieren. Aber eigentlich dürften solche (wirtschaftlich durchaus reellen) Zahlen zumindest jene Stadträte aufwecken, die noch immer glauben, es würde in Leipzig kein Problem mit verfügbarem sozialem Wohnungsraum geben.
Es gibt ein gewaltiges Problem. Und es spitzt sich so langsam zu.
Und auch die LWB weiß schon lange, wohin jene Menschen kommen, die jetzt noch Wohnraum im von der Stadt definierten KdU-Segment suchen: nach Grünau (Leipzig-West), nach Möckern und Wahren (Leipzig-Nordwest) und Leipzig-Nordost (Mockau, Paunsdorf). In Leipzig-Mitte setzt auch die LWB verstärkt auf höherpreisige Vermietung. Sollmieten zwischen 4,50 und 4,70 Euro je Quadratmeter findet man vor allem in den drei genannten Stadtbezirken noch.
Der Rechenschaftsbericht der LWB.
Das aktuelle “Schlüssige Konzept” der Stadt Leipzig zu den Kosten der Unterkunft.
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