Jetzt machen sich sogar Sachsens Statistiker Sorgen รผber den sรคchsischen Energieverbrauch. Der will einfach nicht sinken. Die Sachsen verbrauchen einfach weiter Strom, Gas, Fernwรคrme und Heizรถl, als hรคtte es nie eine Energiekrise gegeben, keine steigenden ร–lpreise, keine saftig erhรถhten Stromrechnungen. Nicht mal die Wรคrmedรคmmung รคndert was. Der absolute Energieverbrauch der privaten Haushalte in Sachsen lag 2013 um gut 17 Prozent unter dem Vergleichswert des Jahres 1991.

Dies teilten Sachsens Statistiker am Dienstag, 28. Juli, mit. Wohl wissend, dass das Jahr 1991 eigentlich kein VergleichsmaรŸstab ist. Denn damals wurde noch krรคftig mit Kohle geheizt, die meisten Wohnungen waren unsaniert โ€“ die Wรคrme ging praktisch zum Fenster raus. Ab 1992 macht die sรคchsische Statistik erst sichtbar, wie der Energieverbrauch erst einmal krรคftig sank, um dann mit der Jahrtausendwende langsam aber sicher wieder anzuziehen.

Im Jahr 1991 wurden  141.000  Terajoule (TJ) verbraucht. Einen Vergleich, welche GrรถรŸenordnung das ist, hatten die Kamenzer Statistiker auch gleich zur Hand: Das entspricht 39,2 Milliarden kWh. Oder 39,2 Millionen Megawattstunden (MWh). Oder 39.198 Gigawattstunden.

Kann man sich immer noch nicht vorstellen?

Eine Stadt wie Leipzig verbraucht im Jahr 7.286 Gigawattstunden an Energie (2013). Davon die Haushalte nicht einmal die Hรคlfte, nรคmlich 3.065 GWh.

Und nicht nur die sรคchsische Regierung starrt wie gebannt auf die frรผhen 1990er Jahre, als die sรคchsische Energiewirtschaft komplett umgebaut wurde, der Energieverbrauch deutlich sank, der CO2-AusstoรŸ รผbrigens auch. Auch die Statistiker tunโ€™s: โ€œIn den Folgejahren bis 1994 sank er auf zum Teil unter 100.000 TJ.  Seither ist der Energieverbrauch der Haushalte tendenziell wieder gestiegen.โ€

Tatsรคchlich war der Umbau der sรคchsischen Energieversorgung bis 1996 grรถรŸtenteils vollzogen. Seitdem aber hat sich am sรคchsischen Energieverbrauch nichts weiter signifikant verรคndert. AuรŸer dass in manchen knackig kalten Wintern mehr Fernwรคrme, Gas und ร–l gebraucht wurde. Oder wie das Landesamt nun schreibt: โ€œDie Schwankungen zwischen den  Jahren erklรคren sich aus der Tatsache, wie kalt der jeweilige Winter gewesen ist. Der Stromverbrauch ist relativ stetig,  wรคhrend sich der Verbrauch an Energietrรคgern zum Heizen  stรคrker unterscheiden kann.โ€

Und hat sich nun der Energieverbrauch der einzelnen Sachsen irgendwie geรคndert?

Nein, sagen die Statistiker: โ€œBezieht man den Energieverbrauch der Haushalte auf die in den Haushalten lebenden Personen, dann zeigt sich, dass der Energieverbrauch je Einwohner in den Spitzenjahren 2010 mit 29,1 GJ je Einwohner und zuletzt auch 2013 mit 28,8 GJ je Einwohner nur knapp unter dem entsprechenden Wert fรผr 1991 mit 29,9 GJ je Einwohner liegt. Das heiรŸt, weniger Einwohner in Sachsen verbrauchen am aktuellen Rand mehr Energie als noch in der ersten Hรคlfte der 1990er Jahre.โ€

Was so nur bedingt stimmt. Das Jahr 1991 ist nun einmal nicht aussagekrรคftig, weil es eindeutig noch zum verschwenderischen Energiezeitalter โ€œDDRโ€ gehรถrte. Wenn man aber das Jahr 1995 als Vergleich nimmt, wird deutlich, dass der Energieverbrauch pro Kopf sogar saftig angestiegen ist โ€“ von 21,9 GJ auf 28,8 GJ. Dafรผr gibt es mehrere Grรผnde.

Nur im Hintergrund und in den frรผhen 1990er Jahren hat tatsรคchlich die Struktur der Energieversorgung damit zu tun. Das Landesamt fรผr Statistik: โ€œStark gewandelt hat sich die Struktur der Energietrรคger, die in den Haushalten eingesetzt werden. 1991 entfielen auf die Kohle noch knapp 60 Prozent, zuletzt (2013) waren es nur noch drei Prozent. Der Anteil von Gas (Heizen, Kochen) lag 1991 noch unter zehn Prozent und seit vielen Jahren bei rund 40 Prozent bzw. leicht darรผber. Der Anteil der Fernwรคrme ist im Betrachtungszeitraum vergleichsweise stabil geblieben, in den letzten Jahren waren es rund 12 bis 13 Prozent. ร„hnliches gilt fรผr den Stromverbrauch. Hier lag der Anteil im letzten Jahrzehnt bei 17 bis 18 Prozent. Erneuerbare Energien spielten bis nach 2000 faktisch keine Rolle fรผr die Haushalte. Inzwischen ist ihr Anteil am Enenergieverbrauch der privaten Haushalte auf knapp elf Prozent gestiegen.โ€

Man kann sich auch die kleine Mรผhe machen, den Energieverbrauch nicht auf Einwohner, sondern wirklich auf Haushalte umzurechnen. Denn wรคhrend die Bevรถlkerungszahl von 4,7 auf 4,05 Millionen sank, stieg prarallel die Zahl der Haushalte von 2,05 auf 2,56 Millionen. Die Haushalte sind also im Schnitt kleiner geworden. Allein die Zahl der Single-Haushalte stieg von 596.000 auf 927.000. Das bedeutet natรผrlich auch, da ja nunmal jeder Haushalt eine eigene Energie- und Gerรคteausstattung hat, dass dieser Anstieg der Haushalte auch die Zahl der Energieverbrauchsstellen steigen lieรŸ.

Und da wird es spannend. Denn 1991 verbrauchte ein durchschnittlicher sรคchsischer Haushalt noch 68,9 GJ. Der Wert sank durch den Umbau der Energieversorgung bis ins Jahr 2000 auf 48,3 GJ. Aber seitdem steigt er sogar noch deutlicher an als der Energieverbrauch pro Einwohner. 2005 verbrauchte ein Durchschnittshaushalt 49,5 GJ, 2014 waren es schon wieder 54 GJ.

Rein von diesen Zahlen her sieht es so aus, dass der Energiebezug aus Erneuerbaren Energien einfach noch oben drauf kommt, denn genau seit 2006, seit die Erneuerbaren Energien in der Erfassung signifikant auftauchen, steigt auch der private Energieverbrauch in Sachsen, ohne dass dafรผr ein anderer Energiebezug โ€“ etwa der fรผr Strom โ€“ im Gegenzug gesunken wรคre.

Das Rรคtsel lassen wir hier einfach so stehen.

Die Verรถffentlichung zur Entwicklung des Haushaltsenergieverbrauchs.

Energieverbrauch insgesamt in Sachsen.

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Meine Bemerkung hat nichts mit Energie oder Energieverbrauch zu tun, denn viel bemerkenswerter (deswegen bemerke ich mal laut) finde ich den Satz โ€œDie Haushalte sind also im Schnitt kleiner geworden. Allein die Zahl der Single-Haushalte stieg von 596.000 auf 927.000.โ€.

Diese riesigen 110 qm 2 Zimmerwohnungen, wie sie aktuell von den Bautrรคgern unter stolzem Jubel der Politik allerorts aufgestellt werden, erfรผllen -bekanntermaรŸen- keinen Bedarf? Gehen an der Entwicklung des Lebens der Gesellschaft vorbei?
Man weiรŸ es, baut aber krรคftig so weiter?
Verrรผckt!
Erst zerhexelt man den Bestand groรŸer, erhabener Wohnungen der Grรผnderzeittage, macht sie unschรถn hรครŸlich klein, gar unwohnbar, damit jetzt diese Lego Klรถtze a la โ€œneue Leipziger Terrassenโ€ entstehen kรถnnen?
Verrรผcktes Leipzig.

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