"Leipziger gรถnnen sich Wohnen mit Luxus", meint die Pisa Immobilienmanagement GmbH. Sie muss es wissen. Sie vermittelt Wohn- und Gewerbeimmobilien in Leipzig und gehรถrt mit 1.000 vermieteten Wohnungen im Jahr zu den Groรen der Branche in Leipzig. "Grรผnde sind unter anderem mangelnder Wohnraum in gefragten Stadtteilen, die stetig hohen Zuzรผge in die Messestadt und steigende Einkommen der Leipziger." Zumindest einige Leipziger kรถnnen sich mittlerweile auch Luxus leisten.
Und es passiert, was vor 100 Jahren schon einmal das Normale war in Leipzig: Die city-nahen Wohnquartiere werden wieder zum bevorzugten Wohnort der Gutverdienenden. Und es sind die gleichen Quartiere, die auch im 19. Jahrhundert die bevorzugten Wohnorte des gutbetuchten Bรผrgertums waren: Musikviertel, Waldstraรenviertel, Bachviertel โฆ Die Mieten, die hier mittlerweile in einigen Objekte verlangt und auch gezahlt werden, haben mit dem normalen Leipziger Niveau nichts mehr zu tun. Wer hier in einigen Straรenzรผgen wohnt, der zeigt schon mit seiner Adresse, dass er es in die hohen Gehaltsgruppen geschafft hat. Das sind die Orte, an denen Makler stolz von โSpitzenmietenโ reden.
โDie Spitzenmieten sind in Leipzig in den letzten Jahren stark gestiegen. In aktuellen Neubauprojekten kรถnnen wir Mietpreise zwischen 9,50 Euro/m2 und 12,50 Euro/m2 erzielenโ, sagt dazu Yves Kongehl, der bei Pisa Immobilienmanagement seit Jahren den Hochpreissektor des Leipziger Unternehmens betreut. Beispiele dafรผr seien Neubauten in der Carl-Maria-von-Weber-Straรe (demnรคchst mit direktem Blick auf ein Stรผck Elstermรผhlgraben) und in der Dresdner Straรe. Dort entwickelt sich die Gegend um das ehemalige Interdruck-Gebรคude zum neuen Hochpreis-Wohnquartier im einstigen Grafischen Viertel.
Vor vier Jahren lagen die Hรถchstpreise noch deutlich niedriger, betont der Immobilienvermittler. Bei einem von Pisa betreuten Neubauprojekt in der Hohen Straรe zahlten im Jahr 2012 Neumieter beispielsweise zwischen 7,50 Euro/m2 und 8,50 Euro/m2. An selber Stelle waren es 2014 schon 9 Euro/m2 bis 9,50 Euro/m2. Im Jahr 2007 zรคhlte ein Neubauprojekt in der
Thomasiusstraรe mit 6,50 Euro/m2 bis 7 Euro/m2 noch zu den Spitzenmieten.
โWohnungen fรผr 10 oder gar 12 Euro/m2 hรคtte uns damals definitiv niemand abgenommenโ, sagt Yves Kongehl.
Hohe Mieten werden jedoch nur dann akzeptiert, wenn Lage und Ausstattung stimmen, betont er. Es sind jene beliebten Stadtteile, in denen die Nachfrage nach Wohnraum das Angebot
mittlerweile รผbersteigt. Und die Grรผnde, die betuchte Mieter dazu bringen, hier richtig Geld auszugeben fรผr eine Wohnung, sind natรผrlich die Nรคhe zum Grรผn, zum Wasser, zur City und auch die besondere Lage.
Dazu gehรถren auch aus Sicht von Pisa das Waldstraรenviertel, das Musikviertel, das Bachviertel, die Stadtteile Zentrum-West und Zentrum-Sรผd, auรerdem Gohlis-Sรผd, Schleuรig und das
Graphische Viertel. Auch in der Stadt Markkleeberg, insbesondere nahe der Seen, zahlen (einige) Mieter diese Preise.
Darรผber hinaus sei neben der Lage eine รผberdurchschnittliche Ausstattung entscheidend. Wer eine Luxusmiete zahlt, fordert eine entsprechende Ausstattung mit hochwertiger Badverfliesung, Parkett und Fuรbodenheizung, mit Kamin und luxuriรถser Kรผche sowie bodentiefen Fenstern. Wichtig darรผber hinaus seien Balkon, Loggia und Garten, aber auch barrierefreie Zugรคnge, Lift und Tiefgaragenstellplatz. Das sind also Regionen, in denen Mieter tatsรคchlich Luxus verlangen kรถnnen fรผr ihr Geld. Und auch bekommen.
Das ist รผbrigens jenes Phรคnomen, das man so landlรคufig Gentrifizierung nennt, auch wenn diese in den erwรคhnten Quartieren deutlich stiller vonstatten geht als etwa in Berlin, wo auch Viertel betroffen sind, die klassischerweise nicht als Wohnviertel der Reichen galten. Wobei einige Immobilienentwickler derzeit tatsรคchlich versuchen, auch in der Sรผdvorstadt und Connewitz ein hochpreisiges Wohnsegment zu etablieren.
Mรถglich werden die hohen Mietpreise in einigen Quartieren durch steigende Einkommen in Leipzig, wobei die beliebten Wohngegenden entsprechend herausstechen, stellt auch Pisa fest. Und man hat dafรผr auch extra die โKommunale Bรผrgerbefragungโ fรผr das Jahr 2013 studiert, nach der jeder Erwachsene im Waldstraรenviertel im Schnitt 1.558 Euro zur Verfรผgung hatte, im Stadtteil Zentrum-West waren es 1.442 Euro. Die Einkommen waren hier zuletzt รผber 15 Prozent gestiegen. Man kann davon ausgehen, dass dieser Trend anhalte, so Pisa.
Das Durchschnittseinkommen eines Leipzigers lag mit 1.152 Euro dagegen deutlich darunter. Man kann auch die Gruppe recht klar umreiรen, die in Leipzig in der Lage ist, sich Wohnluxus zu leisten: 8 Prozent der Leipziger haben ein Monatsnettoeinkommen von รผber 2.300 Euro, weitere 18 Prozent eines รผber 1.600 Euro.
Wer hier an Krรถsus oder diverse erfolgreiche Unternehmer denkt, erfasst das Phรคnomen nicht: Die Gruppe der Besserverdiener in Leipzig wird von mittleren und leitenden Angestellten vor allem aus dem Staatsdienst getragen, sie machen mehr als die Hรคlfte der Personen aus, die in den genannten Gehaltsgruppen auftauchen.
Sie sorgen dafรผr, dass sich das Leipziger Stadtbild in den attraktiven Lagen sichtlich verรคndert. Mit den Worten von Pisa Immobilienmanagement: โInzwischen werden in den angesagten Lagen nahezu alle Baulรผcken geschlossen, um Neubauprojekte zu realisieren und den Bedarf an modernen Wohnungen zu decken. So sind auch Eigentumswohnungen gefragt wie nie. Fรผr die 17 Wohnungen im Neubauprojekt W17 in der Waldstraรe liegen Pisa beispielsweise bereits 60 Anfragen vor, von denen gut die Hรคlfte bereits konkrete Kaufverhandlungen fรผhrt.โ
โDie hohen Mieten resultieren dabei auch aus steigenden Grundstรผckspreisen und Baukostenโ, ergรคnzt Yves Kongehl.
Eins bedingt halt das andere. Wenn sich die Gutbetuchten am liebsten in โangesagten Lagenโ mit Ihresgleichen vergesellschaften, erhรถht das die Nachfrage, die Nachfrage lรคsst die Preise steigen usw. Und das beleuchtet natรผrlich auch die Tatsache, warum es in Leipzig seit drei Jahren wieder namhaften Bau von Mehrgeschossern gibt โ aber zunehmenden Mangel an preiswertem Wohnraum: Die aktuellen gesetzlichen Vorgaben machen praktisch nur Wohnungsbau im Luxussegment rentabel. Sozialer Wohnungsbau ist mit allen mittlerweile beschlossenen gesetzlichen Regelungen praktisch unfinanzierbar.
Noch zehrt Leipzig vom existierenden groรen Wohnungsbestand, der die Mieten dรคmpft. So sieht man es auch bei Pisa: โIm deutschlandweiten Vergleich gehรถrt Leipzig jedoch nach wie vor zu den Stรคdten mit vergleichsweise erschwinglichen Mieten. Mit 5,73 Euro/m2 Durchschnittsmiete liegt die Messestadt im Mietvergleich mit den 50 grรถรten Stรคdten Deutschlands laut einer Studie des Immobilienportals Immonet im unteren Drittel. Preise, die an der Pleiรe als Spitzenmieten gelten, sind andernorts lรคngst Durchschnittsmieten. In Mรผnchen zahlen Mieter durchschnittlich 15,58 Euro/m2, in Stuttgart 12,22 Euro/m2.โ
Ob sie das zahlen, bezweifeln wir hier mal. Die Leipziger Durchschnittsmiete liegt nach wie vor bei 5,10. Die 5,73 Euro pro Quadratmeter ist der Durchschnitt bei Neuvermietungen โ und gerade das boomende Luxussegment sorgt seit zwei Jahren dafรผr, dass die Durchschnittsmiete scheinbar krรคftig steigt. Aber auch in Mรผnchen und Stuttgart liegen die Bestandsmieten im Schnitt 3 bis 5 Euro unter den erwรคhnten Angebotsmieten. Und die Einkommen liegen im Schnitt deutlich รผber dem niedrigen Leipziger Niveau.
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Es sind wohl nicht die Besserverdienenden die den Wohnungsmarkt befeuern, denn auch diese Menschengruppe zahlt letztlich nur das, was von ihnen verlangt wird.
Es sind die, die โverlangenโ, die den Wohnungsmarkt โbefeuernโ.
Und die Verantwortlichen der Stadt Leipzig, die noch immer nicht begriffen haben, dass dem mit stรคdtischem, รถffentlichem, sozialem Wohnungsbau entgegen gewirkt werden kann.