Wenn Leipzigs Verwaltung zur Mietentwicklung in der Stadt Stellung nimmt, klingt das stets sehr zurückhaltend. Es gäbe nach wie vor genug freien Wohnraum, die Mieten würden nicht außergewöhnlich steigen. Und auch Gentrifizierung sei noch kein Thema. Das Heimtückische an Gentrifizierungsprozessen aber ist: Sie beginnen nicht mit Paukenschlag, sondern punktuell.

Irgendwann erfassen sie ganze Quartiere und Ortsteile. Und auf einmal steht die Stadt vor einem teuren Problem: Wohin mit all den Wohnungssuchenden, die sich Luxusmieten nicht leisten können?

Natürlich ist das ein Problem, das im Prinzip nur die wachsenden Großstädte im Freistaat betrifft, wo seit Jahren die Geburtenraten steigen und die vor allem für junge Leute als Zuzugsziel attraktiv sind.

Deswegen warnt jetzt der Mieterbund Sachsen. Er fordert die Landesregierung des Freistaates Sachsen auf, die durch die Große Koalition in Berlin geplanten Änderungen in der Wohnungs- und Mietpolitik konsequent umzusetzen.

“Wir haben den Eindruck, dass die schwarzgelbe Koalition wohnungspolitischen Themen bisher nicht genügend Aufmerksamkeit entgegenbringt und die Ansicht vertritt, dass Wohnungsmangel in Sachsen kein Thema sei. Gerade mit Blick auf die kommende Landtagswahl ist abwarten keine Option”, sagt Anke Matejka, Vorsitzende des Mieterbundes Sachsen.

In Leipzig und Dresden zeichne sich zunehmend ein Mangel an Wohnraum ab. Schon jetzt fänden viele Mietinteressenten nicht mehr die für sie passende und bezahlbare Wohnung. Die weiter steigenden Geburtenraten und der anhaltende Zuzug vor allem aus den ländlichen Regionen werde diese Situation weiter verschärfen. Damit Wohnungen nicht zum Spekulationsobjekt werden, soll in Kürze eine Mietpreisbremse eingeführt werden, die vorsieht, dass bei einer Wiedervermietung der Mietpreis nicht mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt.

Anke Matejka: “Wir fordern die Landesregierung auf, schon jetzt zu prüfen, wie diese Option in Sachsen umgesetzt werden kann. Das Problem zu ignorieren, verschärft die Situation unnötig.”Wenn man eine Stadt global betrachtet, fällt das Thema noch nicht so einfach ins Auge. Doch auch in Leipzig sind die Kaltmieten, die bis 2005 stabil waren, spürbar gestiegen – von 4,86 Euro im Jahr 2006 auf 4,98 im Jahr 2008, 2010 waren es dann schon 5,12 und 2012 dann 5,15.

Darin enthalten sind natürlich relativ stabile Mietpreisniveaus in Leipziger Randlagen genauso wie die deutlich steigenden Mietpreise in city-nahen Quartieren wie Zentrum-Süd, Westvorstadt und Ostvorstadt. Diese Quartiere werden zunehmend von Menschen für sich entdeckt, die die City-Nähe auch gern mit Quadratmetermieten über 6 und 7 Euro bezahlen. Das beflügelt logischerweise auch Neubau und Sanierung in diesen Quartieren – und das Segment der Luxussanierungen, wie es in der bayerischen Hauptstadt München aktuell schon für starke gesellschaftliche Diskussionen sorgt. Denn wenn immer größere Bereiche der Stadt von solchen Luxussanierungen erfasst werden, werden gerade die sozial schwächeren Mieter nicht nur verdrängt – sie sind die ersten, die den Mangel an geeigneten Wohnraum in der Stadt zu spüren bekommen und keine geeigneten Wohnungen mehr finden.

Was tun?

Ein erster richtiger Ansatz wäre es, den sozialen Wohnungsbau in Sachsen voranzutreiben, findet Matejka. Der Freistaat gibt zwar nach wie vor gern Geld, um den “Rückbau” von Wohnungsbeständen zu finanzieren. Dafür fehlt das nötige Angebot, einen neuen sozialen Wohnungsbau in Gang zu setzen.

“Stadtentwicklung ist mehr als nur nicht mehr benötigte Wohnblocks aus DDR-Zeiten abzureißen. Neubau und energetische Modernisierungen nach heutigem Standard sind für viele finanziell schwache Bürger nicht bezahlbar. Deshalb ist hier die Politik gefragt. Eine bedarfsgerechte Ausrichtung der Fördermittel auf den Wohnungsneubau und die energetische Sanierung wäre ein wichtiger Schritt”, fordert die Mietrechtsexpertin. Darüber hinaus sei es unerlässlich, die Kosten der Unterkunft und das Wohngeld um eine energetische Komponente zu erweitern.

Ein Thema, das auch all jene beschäftigt, die mit ihrem Wohnungsbestand ein Mindestangebot an sozial verträglichem Wohnraum in den Städten bereit halten – die kommunalen Wohnungsgesellschaften und die Wohnungsgenossenschaften. Würden die staatlichen Vorgaben für eine energetische Sanierung so umgesetzt, wie vom Gesetzgeber verlangt, würden sich die Quadratmeterpreise von 5 auf 7 Euro erhöhen. Auch ohne Luxussanierung.

Vor allem in den Großstädten steigen die Kaltmieten seit Jahren kontinuierlich an, mahnt Matejka. Selbiges gelte für die Betriebskosten. Als Hauptursache für den abermaligen Anstieg gelten die vielerorts notorisch leeren Kassen der Kommunen, was zu Preisanstiegen bei den Abgaben führen werde. Hinzu käme die stete Verteuerung von Energie und Wärme.

www.mieterbund-sachsen.de

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