"Wir brauchen ein moderneres und gerechteres Mietrecht. Stattdessen bekommen wir zum 1. Mai dieses Jahres das von der CDU/CSU und FDP beschlossene Mietrechtsänderungsgesetz. Die Neuregelungen lösen die drängenden Probleme auf den Wohnungsmärkten nicht, sie bringen eher Verschlechterungen mit sich", kritisierte der Direktor des Deutschen Mieterbundes (DMB), Lukas Siebenkotten, auf dem Mietertag der Sächsischen Mietervereine in Freiberg am Samstag, 23. März.
Anke Matejka, Vorsitzende des DMB-Landesverbandes Sachsen, erklärte: “Die Energiepreise und die Energiewende treiben die Wohnkosten auf Rekordniveau. Hier gibt es eine Gerechtigkeitslücke. Normalverbraucher und insbesondere auch Wohngeldbezieher müssen entlastet werden.”
Das “Mietrechtsänderungsgesetz” ist mehr als durchwachsen. Die Mieterverbände sehen zumindest ein paar positive Punkte.
“Wir haben dafür gesorgt, dass das neue Mietrechtsänderungsgesetz auch positive Regelungen für Mieter enthält und noch in letzter Sekunde Klarstellungen und Verbesserungen, wie zum Beispiel die geänderte Kappungsgrenze bei Mieterhöhungen, verabschiedet wurden”, erklärte Siebenkotten.
So begrüßt der Deutsche Mieterbund, dass es jetzt erstmals eine gesetzliche Regelung zum Contracting gibt. Mit der Umstellung auf derartige Wärmelieferungsverträge sollen keine höheren Kosten für Mieter verbunden sein (Warmmieten-Neutralität).
Eine weitere Verbesserung: Die Kündigungssperrfrist, die nach der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen gilt, greift jetzt auch ein, wenn das Mietshaus an eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts veräußert wird.
Positiv sei auch, dass die Landesregierungen die Möglichkeit bekommen, Städte mit besonderen Wohnungsproblemen auszuweisen, in denen dann die Miete nur noch höchstens um 15 Prozent in drei Jahren steigen darf, statt bisher um 20 Prozent.
Die weiteren Klarstellungen gegenüber den ersten Gesetzentwürfen, wonach Mieterhöhungen nach energetischen Modernisierungen voraussetzen, dass Endenergie eingespart werden kann – also letztlich Heizkosten, oder Mieter darüber informiert werden müssen, dass sie sich nur noch einen Monat lang auf Härtegründe gegenüber den geplanten Baumaßnahmen berufen können, waren aus Mieterbund-Sicht ebenfalls dringend notwendige Korrekturen.
“Diese Gesichtspunkte ändern nichts daran, dass wir das Mietrechtsänderungsgesetz insgesamt entschieden ablehnen. Mehrere Neuregelungen beschneiden Mieterrechte oder schaffen sie ganz ab”, so der Mieterbund-Direktor. “Das ist unakzeptabel.”
Mit dem Mietrechtsänderungsgesetz wird unter anderem das Mietminderungsrecht bei energetischen Baumaßnahmen für drei Monate ausgeschlossen.
Die zu erwartende Mieterhöhung kann nicht mehr vor Beginn der Modernisierungsarbeiten als Härtegrund eingewandt werden.
Ein neuer Kündigungstatbestand wird eingeführt, wenn der Mieter die Mietkaution nicht zahlt.
Und Wohnungsräumungen aufgrund einstweiliger Verfügungen werden zulässig.
“Hier stellt sich nicht nur für uns die Frage, ob man noch von einem ausgewogenen und gerechten Mietrecht sprechen kann. Unabhängige Sachverständige, Richter, Wissenschaftler und Rechtsanwälte haben im Vorfeld auf eine mögliche Verfassungswidrigkeit hingewiesen und erklärt, solche Regelungen habe es in einem Rechtsstaat wie Deutschland noch nicht gegeben”, sagte Siebenkotten.
Und wie das so ist mit den unfertigen Werkstücken der aktuellen Regierung – wichtige und notwendige Mietrechtsänderungen stehen noch aus.
“Jetzt ist es an der Zeit, Mieterrechte zu stärken. Angesichts drastisch steigender Mieten in Großstädten, Ballungsgebieten und Universitätsstädten, insbesondere im Bereich der Wiedervermietungsmieten, besteht dringender Handlungsbedarf. Natürlich muss hier der Wohnungsneubau angekurbelt werden. Kurzfristig helfen aber nur Änderungen im Mietrecht, mit denen Preissprünge im Wohnungsbestand verhindert werden müssen”, erklärte der Mieterbund-Direktor.
Die Forderungen des Mieterbundes:
– Die bisherigen Mieterhöhungsregelungen gelten nur für bestehende Mietverhältnisse. Bei einem Mieterwechsel, das heißt beim Abschluss eines neuen Mietvertrages, dagegen kann der Vermieter die Miete in nahezu beliebiger Höhe festsetzen. Diese Wiedervermietungsmieten sollen höchstens 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen dürfen.
– Die Begrenzung der Wiedervermietungsmieten ist auch deshalb wichtig, weil die Wiedervermietungsmieten von heute die Bestandsmieten von morgen sind. Deshalb sollen bei der ortsüblichen Vergleichsmiete künftig alle Mieten berücksichtigt werden, nicht nur die teuren Vertragsabschlüsse der letzten vier Jahre.
– Künftig sollte die Kappungsgrenze in bestehenden Mietverhältnissen maximal 15 Prozent in vier Jahren betragen.
– Im Maklerrecht muss das Bestellerprinzip realisiert werden. Die bisherige Praxis, dass Makler Dienstleistungen für Vermieter erbringen, aber in der Regel Mieter die Provision zahlen müssen, ist unfair und muss abgestellt werden.
– Bei Mieterhöhungen und Betriebskostenabrechnungen muss immer die tatsächliche Wohnfläche zugrunde gelegt werden. Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der Toleranzen bis zu 10 Prozent akzeptiert, nicht gewährleistet. Das kann bedeuten, dass Mieter für eine 100 qm große Wohnung Miete, Betriebskosten oder Mieterhöhungen zahlen müssen, obwohl die Wohnung tatsächlich nur 90 qm groß ist.
Und was die Sache für viele Haushalte noch verschärft: Die Wohnkostenbelastung steigt auf Rekordniveau. Mieterinnen und Mieter müssen durchschnittlich 34,1 Prozent ihrer Konsumausgaben für Miete und Energie zahlen. Bei einkommensschwächeren Haushalten mit einem monatlichen Nettoeinkommen bis 1.300 Euro liegt die Wohnkostenbelastung in Deutschland bei 45,8 Prozent.
“Bei der Umsetzung der Energiewende droht die soziale Gerechtigkeit auf der Strecke zu bleiben. Strompreissteigerungen für Normalverbraucher und Mieter, weil Solardächer von Landwirten und Hauseigentümern gefördert bzw. der Strompreis für Teile der Industrie subventioniert wird, sind ungerecht. Mieterhöhungen infolge energetischer Modernisierungen sind für viele Haushalte nicht verkraftbar. Einkommensschwächere Haushalte müssen bei den Stromkosten entlastet werden. Für Hartz-IV-Bezieher müssen die Stromkosten in tatsächlicher Höhe übernommen werden”, forderte Anke Matejka. “Außerdem dürfen Strom- und Heizkosten bei der Berechnung des Wohngeldes nicht länger unter den Tisch fallen. Sie gehören zu den Wohnkosten und müssen entsprechend berücksichtigt werden.
Die Bundesregierung hat die erst 2009 eingeführte Heizkostenkomponente beim Wohngeld zum 1. Januar 2011 ersatzlos gestrichen. Die Folgen sind fatal. Die Zahl der Wohngeldempfänger hat sich in einem Jahr um 10 Prozent verringert. 2010 erhielten noch 852.000 Haushalte Wohngeld. Gleichzeitig ist der durchschnittliche Wohngeldanspruch um 8 Prozent gesunken.
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“Das Durchschnittseinkommen eines Wohngeldempfänger-Haushaltes liegt bei etwa 850 Euro. Fast 60 Prozent sind Einpersonenhaushalte, häufig Rentner mit einem Durchschnittseinkommen von 613 Euro. Dass diese Haushalte jetzt trotz drastisch gestiegener Energiepreise weniger Wohngeld bekommen als früher, muss schnellstmöglich korrigiert werden. Dazu ist eine Energiekostenkomponente im Wohngeld einzuführen, die die Kosten für Heizung und Strom berücksichtigt”, forderte Anke Matejka.
Auch die energetische Sanierung des Gebäudebestandes führt zu drastischen Mieterhöhungen. Nach geltendem Recht darf der Vermieter 11 Prozent der Modernisierungskosten auf die Jahresmiete aufschlagen.
Anke Matejka: “Diese gesetzliche Mieterhöhungsregelung ist ungerecht. Die Kosten der energetischen Modernisierung werden ungleich verteilt – im Ergebnis zahlt allein der Mieter. Die geltende Mieterhöhungsvorschrift ist auch schon dem Grunde nach falsch. Sie knüpft den Umfang der Mieterhöhung an die Kosten der Modernisierung, ohne zu fragen, ob die energetische Sanierung sinnvoll und erfolgreich war, ob tatsächlich Energie und damit Heizkosten eingespart werden. Deshalb muss diese Mieterhöhungsregelung ersatzlos gestrichen werden. Stattdessen sollte im Rahmen der ortsüblichen Vergleichsmiete die energetische Qualität der Wohnung für die Bestimmung der Miete mitentscheidend werden.”
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