Energiearmut sei inzwischen ein Alltagsphänomen, schlug die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen unlängst Alarm. 10 bis 15 Prozent der Haushalte zwischen Rhein, Ruhr und Weser würden mit den Stromkosten kämpfen. Nun wollen es auch die sächsischen Verbraucherschützer von den regionalen Stromanbietern genauer wissen.
Es ist Wahlkampf im bevölkerungsreichsten Bundesland. Das erhöht – positiv gewendet – die Chance, Themen öffentlichkeitswirksam zu platzieren. Vor knapp zwei Wochen schlug die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen Alarm: “Früher war Energiearmut ein Randphänomen, doch mittlerweile ist es für viele ein Alltagsproblem geworden”, so Klaus Müller, oberster Verbraucherschützer an Rhein und Ruhr, zur “Welt am Sonntag”. Mittlerweile kämpfen inzwischen 10 bis 15 Prozent der Bevölkerung damit, die Energiekosten zu finanzieren, hatte die NRW-Verbraucherzentrale in einer eigenen Umfrage herausgefunden. Danach würden die Versorger jährlich rund 600.000 Haushalten wegen offener Rechnungen den Strom abdrehen.
Die aufrüttelnden Zahlen aus dem tiefen Westen der Republik rufen nun auch Sachsens Verbraucherschützer auf den Plan. Am Montag dieser Woche schrieben sie die Versorger zwischen Leipzig und Görlitz an. “Es geht im Wesentlichen darum, wie die Versorger mit Stromschuldnern umgehen, wie viele Mahnungen ausgesprochen wurden bis dahin, ob auch Stromsperren verhängt wurden”, sagt Roland Pause von der Verbraucherzentrale Sachsen VZS zu L-IZ.
Dabei fragt die VZS auch nach der jüngsten Entwicklung, also ob die Problematik der Energiearmut zunimmt oder abklingt, erläutert VZS-Energieexperte Pause weiter. Ebenso werde die Frage nach der Schuldenregulierung gestellt. Zum Monatsende hofft die VZS auf Antwort von den Energieunternehmen.
“Die Energiearmut wächst”, hatte Roland Pause Mitte März 2012 der Nachrichtenagentur dpa gesagt, “im bundesweiten Vergleich steht Sachsen nicht besonders gut da.” Neben Privathaushalten hätten auch kleinere Unternehmen mit den Energiekosten zu kämpfen, so Pause damals.
“Wir können bei der Anzahl der Stromsperrungen keine signifikanten Veränderungen feststellen”, erklärt Miriam Reiss von den Stadtwerken Leipzig auf L-IZ-Anfrage zur Situation. Bei den SWL verzeichne man seit Jahren einen Trend hin zu immer weniger Mahnungen, so Reiss weiter: “Das heißt, die Zahlungsmoral ist besser geworden.”
Bei wem es mit dem Geld für den Strom eng zu werden droht, der sollte sich rechtzeitig an die SWL wenden, empfiehlt Reiss. Da könnten in einem persönlichen Beratungsgespräch Ratenzahlungen vereinbart werden.
Zugleich bieten die SWL Energiemessgeräte zur Ausleihe an. Fachkundige Hilfe beim Energieeinsparen leisten die SWL in Zusammenarbeit mit dem Leipziger Caritasverband an. Bei dem “Stromspar-Check” können einkommensschwache Haushalte ihre Verbrauchswerte prüfen und sich Einspar-Tipps geben lassen.
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Darüber hinaus verweist Miriam Reiss auf das UMWELT PLUS-Programm der Stadtwerke. Darin sind energiesparende und umweltschonende Dienstleistungen und zahlreiche Förderprogramme gebündelt, so Reiss.
Noch eine Nachbetrachtung zur allgemeinen Diskussion über die Entwicklung der Strompreise. Die Energiewende tauge nicht als Argument für Preissprünge, war zu dem Thema jüngst im Handelsblatt zu lesen. Trotz der Abschaltung von acht inländischen Atomkraftwerken seien die Beschaffungskosten für Strom gefallen.
Preistreibend wirken nach dem Bericht des Handelsblattes “vor allem stark erhöhte Kosten für die Netznutzung sowie neue Befreiungsregelungen etwa bei der Ökostromförderung und bei den Netzentgelten für Unternehmen mit einem hohem Stromverbrauch”. Das sagt ein Medium, dass sich eher der Wirksamkeit der Regeln funktionierender Märkte verpflichtet fühlt, denn einem ökologischen Weltverbesserungsprogramm.
Durch die Befreiungsregelungen für Großabnehmer würden “soziale Schieflagen bewusst organisiert”, kritisierte daraufhin die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Renate Künast, die Bundesregierung. Doch dass Kleinkunden Großkunden subventionieren, ist weder auf den Strombereich beschränkt, noch bei Energie erst seit Schwarz-Gelb üblich.
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