Der Streit um den Umbau der Prager Straße in Höhe Völkerschlachtdenkmal war nur das Vorspiel. Mit den neuen Mehrheitsverhältnissen im Stadtrat hält die CDU-Fraktion die Gelegenheit für gekommen, wichtige Entwicklungen der Leipziger Verkehrspolitik aus den vergangenen Jahren wieder zurückdrehen zu können. Und das auch mit ziemlich schrägen Argumenten, wie jetzt beim Versuch, die grünen Radfahrstreifen auf dem Ring wieder zu beseitigen. Das erstaunliche Motto des Antrags: „Der Ring ist für alle da!“
Da dürften sich die Leipziger Radfahrer durchaus wie im falschen Film fühlen. Da gibt es nun seit 2023 endlich ein paar sichere Radfahrstreifen in Verkehrsgrün auf dem Ring – und die autoverliebte CDU hat nichts anderes vor, als diese Radwege schnellstens wieder entfernen zu lassen. Als wenn das tatsächlich im Ermessen der Ratsversammlung läge. Liegt es aber nicht. Denn über verkehrsrechtliche Anordnungen hat die Ratsversammlung nicht zu befinden.
Sodass schon die ersten beiden Punkte aus dem von der CDU-Fraktion vorgelegten Antrag rechtswidrig sind: „Die Stadtverwaltung wird beauftragt, alle Abschnitte des Radstreifens auf dem Innenstadtring, deren Markierung nicht durch das Urteil des Oberverwaltungsgericht Sachsen (Aktenzeichen: 3 A 278/16) gedeckt ist, rückzubauen“ und „alle Abschnitte des Radstreifens auf dem Innenstadtring rückzubauen, wo bereits geschützte Radwege auf der inneren Seite vorhanden sind.“
Das ist nicht einmal ein Denkfehler, denn die CDU ist lange genug im Leipziger Stadtrat, um zu wissen, dass es nicht die Ratsfraktionen sind, die über die Anlage von Radfahrstreifen entscheiden, sondern ganz allein die Stadt mit ihrer Verkehrsbehörde, die sich – obrigkeitlich – um die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer zu kümmern hat.
Und nicht nur um das Fahrvergnügen der Automobilisten, die es irgendwie immer eiliger haben als alle anderen Verkehrsteilnehmer. Aber selbst das Urteil des Oberverwaltungsgerichts von 2018 interpretiert der CDU-Antrag sehr eigenwillig – aber eben nicht rechtskonform.
Was die Richter entschieden haben und was nicht
„Durch die nur geringe Nutzung des grünen Radstreifens auf dem Dittrichring wird deutlich, dass es sich hierbei nicht um eine Radverkehrsverbindung handelt, die tatsächlich benötigt wird“, behauptet die CDU-Fraktion in ihrem Antrag einfach mal.
„Das Urteil des Oberverwaltungsgerichtes zum Verbot des Radfahrens auf dem Ring wurde seitens der Stadtverwaltung falsch eingeordnet. Die Richter haben nicht entschieden, dass auf dem Cityring Fahrradspuren angeordnet werden müssen.“
Natürlich haben das die Richter so nicht verfügt. Sie haben lediglich die Spielräume dargelegt, innerhalb derer die Stadt agieren kann, um auch die Sicherheit von Radfahrenden zu gewährleisten. Die Prüfung von Radfahrstreifen gehört genau zu diesem Ermessensspielraum der Stadt – gerade da, wo es alternativ keine sichere Fahrradroute gibt. Was die Stadt aber eindeutig nicht durfte, war ein generelles Radfahrverbot auf dem Ring zu verhängen.
Also stand sie ab 2018 genau vor der Aufgabe, die im richterliche Beschluss umrissen wird: abschnittsweise zu prüfen, wie sichere Verhältnisse für die Radfahrer herzustellen sind. Wie zum Beispiel vorm Hauptbahnhof, wo die Leipziger Autolobby schon 2023 in ein gewaltiges Lamento ausbrach, weil sie die neue Verkehrsraumaufteilung als absolute Zumutung für die Kfz-Fahrer empfand.
Der Beschluss des OVG Bautzen zum Leipziger Promenadenring.
Zurück ins Jahr 2012
Die gar nicht so neue Idee der CDU-Fraktion: Dann solle doch die Stadt den gesamten Radverkehr auf eine Route innerhalb des Promenadenrings verlegen. Das ist eine Idee von 2012, welche die Stadt nie umgesetzt hat, weil es dazu viel zu viele Hindernisse auf der Route gibt, die sich nicht beseitigen lassen.
„Es ist im Sinne alle Nutzer, endlich eine attraktive, schnelle Radwegverbindung rings um den Innenstadtkern herzustellen“, meint die CDU-Fraktion in ihrem Antrag. „Auf der innenliegenden Seite kann und sollte ein vollständiger Fahrradring entstehen, der komplett vom Autoverkehr entkoppelt ist.“
Dass damit neue Probleme für Radfahrende entstehen, die am Promenadenring einfach nur die Innenstadt umfahren – und dem Trubel der Fußgänger und Weihnachtsmärkte entkommen – wollen, hat man dann doch noch irgendwie gemerkt. Und so meint die CDU-Fraktion noch: „Darüber hinaus sind mehr Querverbindungen über die Auto-Fahrspuren herzustellen und die vorhandenen ggf. zu verbessern. Um Unfälle zu vermeiden, sind motorisierter und Fahrradverkehr zu entflechten.“
Dabei sind die grün eingefärbten Radfahrstreifen die deutlichste Entflechtung zwischen Auto- und Radverkehr. Dass man gerade auf dem Dittrichring noch nicht so viele Radfahrer sieht, hat aber nichts mit fehlender Nachfrage zu tun, sondern mit fehlenden Anschlussstücken sowohl Richtung Harkortstraße als auch Richtung Pfaffendorfer Straße.
Und richtig weltfremd ist der fünfte Antragspunkt aus dem CDU-Antrag: „Zu prüfen, inwieweit eine attraktive Querung der Innenstadt vom Peterssteinweg bis zur Gerberstraße für Radfahrer ausgewiesen werden kann und welche baulichen bzw. verkehrsrechtlichen Änderungen dafür erforderlich sind.“
Genau diese Route ist dauerhaft versperrt, weil sie zwingend durch die Fußgängerzonen der Innenstadt führen würde, wo während der Geschäftszeiten das Radfahren verboten ist. Gerade deshalb sucht die Stadt ja nach Lösungen auf dem Promenadenring, die ein sicheres und trotzdem zügiges Umfahren der City für Radfahrer ermöglichen.
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Loithä, die CDU verkauft euch für duhumm!
Das hat sie beim Superblock getan, bei der Prager Straße, beim Hauptbahnhof und Ring und bei der Karl-Heine-Straße. Da soll nun auch wieder Recht gebeugt und gebrochen werden (VII-A-10729-NF-03). Weiße Linien verhindern ein Überfahren. Klaro.
Aber hey, die CDU ist nicht die Autofahrer-Partei, sagte doch der Michi vor einem Jahr. Sie wundert sich dann nur irgendwann, dass reihenweise AfD gewählt wird, wenn die Leute den Nepp dann doch bemerken. Man hätte ja mal versuchen können Dinge zu erklären. Aber das ist wohl zu kompliziert – entweder für die CDU oder die Loithä.