Auch das gehört eigentlich zum Hintergrund der ganzen Diskussion um die Umbaupläne in der Prager Straße am Völkerschlachtdenkmal: Dass hier ein Nadelöhr für die Straßenbahn beseitigt werden muss. Und zwar 2025, damit ab 2026 die neuen, breiteren Straßenbahnen hier fahren können. Denn auf dem System der Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) lastet inzwischen ein ungeheurer Druck: Sie müssen dringend alle ihre Transportkapazitäten vergrößern. Auch mit den neuen Straßenbahnen. Die eigentlich schon mit Verspätung kommen.

Denn ursprünglich war die Ankunft der neuen Straßenbahnen XXL plus, die die längst schon viel zu kleinen NGT 8, die 1994 in Dienst gestellt wurden, ablösen sollen, für 2024 geplant. Denn nach 30 Jahren ist ein Lebenszyklus für Straßenbahnen in der Regel abgelaufen. Eine neue Generaluntersuchung und Ertüchtigung für weitere zehn Jahre würde Geld verschlingen, das im Budget der LVB gar nicht vorgesehen ist.

Doch erst 2025 rechnet das Herstellerkonsortium LEIWAG jetzt mit der Fertigstellung des Rohbaus für die neuen Bahnen, sodass dann endlich der Innenausbau starten kann. Für 2026 ist jetzt der Probebetrieb für die neuen Bahnen geplant. Aber auch der ist nur möglich, wenn wenigstens einige Haupttrassen durchgängig für breitere Fahrzeuge befahrbar sind.

Die Linie 15 hat dabei Priorität. Ein zweiter Engpass auf dieser Linie wird ja derzeit gerade auf der Zeppelinbrücke beseitigt.

Schon 8 Millionen Fahrgäste mehr im ersten Halbjahr

Und der Druck wächst auch deshalb, weil die Fahrgastzahlen der LVB längst viel stärker steigen, als es das Unternehmen bislang selbst prognostiziert hat. 2023 wurden die Zahlen aus der Corona-Zeit erstmals wieder deutlich übertroffen und mit 153 Millionen Fahrgästen fast wieder die Zahlen aus der Vor-Corona-Zeit erreicht (Gerechnet hatten die LVB nur mit 142 Millionen Fahrgästen). Und dasselbe auch in diesem Jahr: Schon im Frühjahr 2024 deutete sich an, dass es dabei nicht bleiben wird, auch wenn die LVB da noch keine konkreten Zahlen herausgeben wollten.

Anfang November meldeten die LVB nun, dass sie einen „Fahrgastrekord“ von 160 Millionen Fahrgästen für 2024 erwarten. Geplant hatten sie für 2024 nur mit  156,9 Millionen.

Doch das ist heftig untertrieben. Denn die tatsächlichen Zahlen, die jetzt endlich im Quartalsbericht der Stadt veröffentlicht wurden, erzählen längst von einer viel stärkeren Entwicklung. Denn danach erreichten die LVB im ersten und im zweiten Quartal 2024 jeweils über 41 Millionen Fahrgäste, insgesamt über acht Millionen Fahrgäste mehr als im erste Halbjahr 2023. Ende Juni standen schon 83 Millionen Fahrgäste auf der Uhr. Und da im zweiten Halbjahr für gewöhnlich nicht nur genauso viele Fahrgäste erreicht werden, sondern in der Regel mehr, darf man für 2024 problemlos von mindestens 166 Millionen Fahrgästen ausgehen.

Wer im Alltagsverkehr mit den Bussen und Bahnen der LVB unterwegs ist, weiß, was das bedeutet: Das System kommt immer spürbarer an seine Grenzen. Immer öfter sind viel zu kleine Straßenbahnen auf Strecken unterwegs, auf denen der Zuspruch an Fahrgästen in den letzten Jahren deutlich gestiegen ist – etwa auf der Linie 11, wo die notwendigen Gleisaufweitungen noch Jahre auf sich warten lassen und damit verhindern, dass hier schon die neuen XL-Bahnen zum Einsatz kommen. Geplant sind die Bauarbeiten in der Georg-Schumann-Straße für 2026 / 2027.

Selbst wenn die kleinen Fahrzeuge der NGT8-Reihe (zusätzlich) im System blieben, würde das wenig helfen, den wachsenden Zuspruch aufzufangen. Sie sind mittlerweile selbst für Linien, die einst als wenig frequentiert galten, zu klein.

Der Stadtrat kann es sich also gar nicht leisten, das Bauprojekt in der Prager Straße abzuwürgen. Denn das würde die Pläne der LVB, überhaupt erst einmal auf einer Linie den Einsatz der neuen Bahnen abzusichern, torpedieren.

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