Nach der Verweigerung von Geschwindigkeitsbegrenzungen auf Autobahnen und der Weigerung, dem Ausbau des Schienenverkehrs Vorzug vor dem des Automobilverkehrs zu geben, erklärt der Bundesminister für Digitales und Verkehr, Volker Wissing (FDP) seine Kapitulation, sollten nicht die Sektorenziele beim Klimaschutz abgeschafft werden. So zumindest muss man den Brandbrief des Ministers an die Fraktionsvorsitzenden des Deutschen Bundestages vom 11. April 2024 lesen.
Wir erinnern uns: Bei den Diskussionen um eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf deutschen Autobahnen zeigte Volker Wissing viel Kreativität, um diese zu verhindern. Mal waren es Schilder in riesigen Mengen, die fehlten, mal war es das fehlende Verständnis der Bevölkerung für diese Maßnahmen.
Ja, diese Schilder! Das klingt ja gerade so, als ob bei einem bundesweiten Tempolimit an jeder Autobahnauffahrt ein Schild mir dieser benötigt wird. Frage: Hat jemand im Ausland flächendeckend Schilder gesehen, die immer wieder auf die geltende Höchstgeschwindigkeit hinweisen? Oder steht in deutschen Städten an jeder Kreuzung ein Schild, welches auf die Beschränkung auf 50 km/h aufmerksam macht?
Die Deutschen wollen keine Geschwindigkeitsbegrenzung? Umfragen zeigen ein anderes Bild: Lt. Statista sind 64 % der Befragten gänzlich oder tendenziell für eine solche und selbst als der ADAC seine Mitglieder befragte, sprachen sich 54 % dieser für ein Tempolimit aus.
Die Argumente von Volker Wissing entbehren also jeder Grundlage.
Die Bahn ist ein Thema für sich, das man nicht in Kürze abhandeln kann. Auch mit dem Verkehrshaushalt 2024 gibt es zwar mehr Geld für die Deutsche Bahn, aber zu wenig für Neubau und Sanierung. Die Steigerung der Trassenpreise um 16,2 % ab 2025 (eigentlich sollten diese gesenkt werden) ist ein K.-o.-Schlag gegen den Gütertransport auf der Schiene, dessen Anteil am Gesamtaufkommen dringend erhöht werden muss.
Der zuständige Minister ist Volker Wissing und sein FDP-Kollege Lindner setzen auf (Kaputt-)Sparen.
Was waren diese Sektorenziele und was bleibt davon?
Mit dem ursprünglichen Klimaschutzgesetz wurden den Wirtschafts-Sektoren Energiewirtschaft, Industrie, Gebäude, Verkehr, Landwirtschaft und Abfallwirtschaft/Sonstige jährliche Einsparungsziele für CO₂ zugewiesen. Abgerechnet sollten diese zum Jahresende werden.
Mit der Novelle werden diese Sektorenziele abgeschafft und nur noch die Gesamtemissionen bewertet. Auch das nicht mehr nach Erfüllung, also für das vergangene Jahr, sondern nach Planung für das Folgejahr.
„Neu im Klimaschutzgesetz: Statt eines Rückblicks auf das vergangene Jahr ist nun der Ausblick auf die zukünftige Entwicklung ausschlaggebend.“ Irre ich mich, oder kann man den Satz nur so lesen?
Der Sektor Verkehr hat diese Ziele nicht erreicht und wird sie auch nicht glaubhaft als erreichbar planen können. Deshalb will der Verkehrsminister unbedingt die Novelle.
Was steht im Brief?
Es steht jedenfalls nicht darin: „Ich habe nichts, oder viel zu wenig getan, um die Ziele des Verkehrssektors zu erfüllen.“ In Wissings „Brandbrief“ steht: Wenn die Novelle des Klimaschutzgesetzes nicht bis zum 15. Juli 2024 in Kraft tritt, muss ich einen Plan vorlegen.
„Eine entsprechende Reduzierung (der CO₂-Emissionen im Sektor Verkehr, d. Red.) der Verkehrsleistung wäre nur durch restriktive und der Bevölkerung kaum vermittelbare Maßnahmen wie flächendeckende und unbefristete Fahrverbote an Samstagen und Sonntagen möglich.“
Das ist eine Drohung an die Bundestagsfraktionen.
Fazit: Kurz und knapp – Wissing hat nichts getan um die Sektorenziele (wenigstens annähernd) zu erreichen. Jetzt droht er mit Fahrverboten.
Es gibt 2 Kommentare
Die Besetzung des Verkehrsministeriums ist seit Jahrzehnten ein Witz, ist peinlich, erzeugt Fremdscham und ist ggü. anderen europäischen Ländern einfach nur weit hinter der Zeit.
Hätten die Grünen lieber mal das Außenministerium abgegeben und dafür das Verkehrsministerium übernommen.
Das wird sicher einige hier stark antriggern, aber da wäre mehr in die richtige Richtung passiert, als das ständige Verharren in autogerechtem Denken und einer offenen Lobby für eine Industrie, die vor lauter Selbstbewusstsein die Abfahrt verpasst hat.
Herr Wissing hatte 2 Jahre Zeit etwas verträglicheres zu organisieren.
Seine inkompetenten Auswürfe zeugen von fremdgesteuertem Agieren.
Allerdings frage ich mich, ob tempolimitgeile Fahrzeugführende erfreut sind, am Wochenende nicht mehr ihrem Hobby frönen zu können. An einem Werktag dürfte das weniger Spaß machen…
Die FDP ist mit der Forderung auf kein Tempolimit in den Wahlkampf gegangen und wurde dafür gewählt. Warum sollten sie jetzt ihre Wähler verärgern. Was das mit dem Fahrverbot angeht, ist dieses für die CO² Reduktion bedeutend effektiver als Tempolimit. Ich wäre dafür, hätte auch mehrere Vorteile in anderen Bereichen. Ruhiges Wochenende, kein Straßenlärm (Motorradfahrer auf Ausfahrt…), kein Überraschungsbesuch der Verwandtschaft (ÖPNV ist ein Witz).