Seit heute Morgen, 3 Uhr, werden auch die Leipziger Verkehrsbetriebe bestreikt. Sie sind nicht die einzigen; gegenwärtig finden in allen Bundesländern Tarifverhandlungen zwischen der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und den Kommunalen Arbeitgeberverbänden (KAV) statt. In Sachsen hat die erste Verhandlungsrunde am 24. Januar 2024 in Chemnitz stattgefunden. Doch man kam zu keiner Einigung.

Im Zuge dieser Verhandlungen konnte keine Annäherung mit dem KAV Sachsen erzielt werden, erklärte ver.di. Die Arbeitgeberseite legte keinerlei Angebot zu den Forderungen der Beschäftigten vor. Sie stellte lediglich in Aussicht, den gekündigten Tarifvertrag zu bestehenden Bedingungen um fünf Jahre verlängern zu wollen.

Die Gewerkschaft hat deshalb für Freitag, 2. Februar, zu ersten Streikaktionen von 3 Uhr, bis Samstag, 3. Februar, 5 Uhr, aufgerufen.

Das Problem hoher Krankenstände

Dazu sagte Paul Schmidt, ver.di-Verhandlungsführer: „Die Arbeitgeber begründen ihre Absage an unsere Forderung nach Entlastung mit den steigenden Einkommen der Beschäftigten in den sächsischen Unternehmen. Diese Steigerung war dringend notwendig und ist bemerkenswert. Damit sind wir nach Jahren der roten Laterne bei den Löhnen endlich auf dem Branchenniveau angekommen. Gleichzeitig ändert das nichts daran, dass die Kolleginnen und Kollegen dringend Entlastung benötigen.“

„Die Krankenstände sind hoch. Teilweise existieren in den Betrieben Überstundensalden im sechsstelligen Bereich. Nur wenn wir für Entlastung sorgen, bringen wir die vorhandenen Belegschaften gesund bis zum Rentenalter und können am umkämpften Arbeitsmarkt ausreichend neue Kolleginnen und Kollegen gewinnen“, ergänzt Schmidt.

Da es aus Sicht von ver.di seitens der Arbeitgeber keinerlei Bereitschaft gab, über Fragen der Entlastung zu
verhandeln, ruft ver.di die Beschäftigten der kommunalen Verkehrsunternehmen in Chemnitz, Dresden, Leipzig, Plauen und Zwickau am 2. Februar 2024 zu einem ganztägigen Warnstreik auf.

Jahrelang Niedriglohnsektor

Jahrelang wurden im sächsischen Nahverkehr die geringsten Löhne bundesweit gezahlt. Mit den im ersten Quartal stattfindenden Lohnsteigerungen schließen die Beschäftigten nun zum Lohnniveau des öffentlichen Dienstes auf.

Der Verband der Verkehrsunternehmen (VDV) selbst schätzt, dass jährlich 4.000 bis 6.000 Beschäftigte aus den ÖPNV-Unternehmen ausscheiden und derzeit nur mit größter Mühe nachbesetzt werden können.

Streikposten in Lindenau. Foto: Yaro Allisat
Streikposten in Lindenau. Foto: Yaro Allisat

Unterstützung durch Fridays for Future

Am 30. Januar erklärte Fridays for Future seine Unterstützung mit den Streikenden und kündigte an, im Rahmen der Kampagne „Wir Fahren Zusammen” in 80 Städten mit an den Streikposten zu stehen.

Unter dem Motto „Wir fahren zusammen” setzen sich Fridays for Future und ver.di für gute Arbeitsbedingungen und massive Investitionen in den Nahverkehr ein. Aktuell herrscht im Nahverkehr ein massiver Personalmangel. Die Ursache dafür, sind sich beide Akteure einig, liegt in den schlechten Arbeitsbedingungen.

„Die Konsequenzen bekommen wir alle zu spüren: Fahrtausfälle, überfüllte Busse und Linienstreichungen sind Alltag. Klar ist: ohne bessere Arbeitsbedingungen wird es keinen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs geben. Deshalb ist dieser Streik auch ein Klimastreik”, erklärt Amadeo Kaus von Fridays for Future.

Über Monate haben Fridays-for-Future-Aktivist/-innen und Beschäftigte im Nahverkehr eine starke Allianz aufgebaut, in der sie mittlerweile an mehr als 80 Orten in ganz Deutschland zusammenarbeiten. Dort kämpfen Beschäftigte, Fahrgäste und Klimaaktivist/-innen gemeinsam für gute Arbeitsbedingungen und einen massiven Ausbau des Nahverkehrs. Das erklärte Ziel: eine sozial gerechte Verkehrswende.

Konkret fordern sie von Bund und Ländern zusätzliche Investitionen in Höhe von 16 Milliarden Euro mehr pro Jahr bis 2030. Eine Petition zur Unterstützung der Forderungen haben bundesweit bereits mehr als 67.000 Beschäftigte und Fahrgäste unterschrieben.

„Gerade in Zeiten zunehmender Krisen, Existenzsorgen und immer weiter steigendem Frust brauchen wir eine Klimabewegung, die zeigt, dass uns mehr vereint als uns spaltet“, sagt Darya Sotoodeh, Sprecherin bei Fridays for Future. „Bei den anstehenden Streiks im Nahverkehr haben wir die Chance, gemeinsam für eine bessere Gesellschaft zu kämpfen. Für gute Arbeit, für diejenigen, die einen so wichtigen Job machen, für klimafreundliche, zukunftsfähige Mobilität, und für Busse und Bahnen, mit denen wirklich jeder sicher ans Ziel kommt – auch mit Rollstuhl, Rollator und Kinderwagen.”

Fridays for Future Leipzig

„Mit Rollstuhl, Rollator oder Kinderwagen, wir alle wollen doch verlässlich und bezahlbar von A nach B kommen. Stattdessen sind Fahrtausfälle, überfüllte Busse und Linienstreichungen Alltag. Durch den dauernden Stress, den Personalmangel und einen hohen Krankenstand sind viele Beschäftigte im Nahverkehr am Limit. So kann es nicht weitergehen! Wir lassen nicht länger zu, dass Christian Lindner und die FDP weiter unseren Nahverkehr kaputtsparen! Deshalb schließen wir uns zusammen: Klimagerechtigkeitsbewegung, Aktivist/-innen, Fahrgäste und Beschäftigte”, so Robin von #WirFahrenZusammen Leipzig.

Und Momo, Busfahrerin bei den Leipziger Verkehrsbetrieben, ergänzt: „Klimaaktivist/-innen besuchen unsere Streikposten. An der Feuertonne treffen unterschiedliche Generationen aufeinander, Menschen mit verschiedenen Einstellungen und Lebenserfahrungen planen gemeinsam die nächsten Schritte im Arbeitskampf. Das gibt mir Hoffnung.”

Für 2023 hatte die Stadt Leipzig nach langer Zeit ihr Budget für den öffentlichen Nahverkehr von 45 Millionen auf 75 Millionen erhöht. Aber für angemessene Arbeitsbedingungen, ausreichend Beschäftigte und einen nachhaltigen Ausbau der Verkehrsnetze – kurz: eine echte Verkehrswende – reicht dieses Geld immer noch nicht aus. Auch die Bundesministerien für Wirtschaft und Verkehr blockieren wichtige Investitionen in den öffentlichen Nahverkehr.

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