Wenn Leipzig klimaneutral werden will, muss auch das Rathaus klimaneutral werden. Und zwar nicht nur das Haus selbst, sondern auch die Mitarbeiter darin mรผssen es. Und da steht seit ein paar Jahren auch ihr Mobilitรคtsverhalten im Fokus des Stadtrates, der die Verwaltung nicht nur gedrรคngt hat, den stรคdtischen Fuhrpark von fossil auf erneuerbar umzustellen. Auch bei Dienstreisen steht die Frage: Wรคchst da das Umweltbewusstsein der stรคdtischen Bediensteten?
Eine entsprechende Anfrage hatte die Grรผnen-Fraktion gestellt und zur Ratsversammlung am 24. Januar gab es dann auch die Antworten.
Und es tut sich tatsรคchlich etwas: โErfreulicherweise sinkt die Zahl der Dienstreisen mit Kompensationsverpflichtung vom Jahr 2022 zum Jahr 2023, obwohl die Beschรคftigtenzahl steigtโ, teilte das Dezernat Allgemeine Verwaltung mit.
Dass es trotzdem nicht immer ganz einfach ist, Bedienstete davon zu รผberzeugen, statt des eigenen Pkw ein รถffentliches Verkehrsmittel fรผr die Dienstreise zu nehmen, gab Verwaltungsbรผrgermeister Ulrich Hรถrning auf Nachfrage von Grรผnen-Stadtrat Michael Schmidt auch zu. Das bequeme Autodenken sitzt noch immer fest in den Kรถpfen.
Wobei die aufgelisteten Dienstreisen tatsรคchlich nur die genehmigungspflichtigen Dienstreisen betrifft โ also in der Regel solche auรerhalb des Stadtgebietes, innerhalb der Stadt gelten andere Regelungen, so Hรถrning. Weshalb die Nachfrage von CDU-Stadtrat Falk Dossin noch der aufgewendeten Zeit je nach Transportmittel an der eigentlichen Fragestellung vorbeiging.
Aber auch im Stadtgebiet ist das Auto lรคngst nicht mehr das Verkehrsmittel der Wahl โ auch nicht, wenn man den Zeitaufwand zugrunde legt, denn die Straรenbahn hรคlt ja praktisch vor dem Rathaus โ viele Fahrten in der Stadt sind problemlos mit der Tram zu absolvieren, wenn die Bediensteten nicht gleich auf den Fahrrad-Fuhrpark zugreifen.
Denn das Rad ist nicht nur umweltfreundlich, es ist oft sogar die schnellste und sinnvollste Art, zum nรคchste Termin zu kommen.
43 Prozent weniger fossile Dienstreisen
Aber Ulrich Hรถrning ist auch stolz darauf, dass die Zahl der Dienstreisen mit fossilen Verkehrstrรคgern von 3.959 im Vor-Corona-Jahr 2019 im Jahr 2023 auf 2.557 gesenkt werden konnte โ und das trotz steigender Beschรคftigtenzahl in der Verwaltung. Jede dieser Dienstreisen muss kompensiert werden. Was am Ende auch heiรt: Die Stadt spart, wenn auf รผberflรผssige Reisen mit Diesel und Kerosin verzichtet wird. Auch wenn das auf den ersten Blick nicht so aussieht.
Denn insbesondere die Zahl der Flugreisen ist nach den Corona-Jahren wieder deutlich gestiegen โ von 12 und 44 in den Jahren 2021 und 2022 auf 101 im Jahr 2023 (was trotzdem weniger ist als die 167 Flรผge im Jahr 2019). Fรคllig wurden dafรผr 2023 immerhin 6.960 Euro als Kompensation, mehr als doppelt so viel wie 2022.
Die Zahl der zu kompensierenden Dienstreisen mit Auto sank zwar von 3.198 auf 2.456. Aber die Kompensationszahlungen dafรผr stiegen von 9.287 auf 9.479 Euro. Da sind also einige Dienstreisende, statt zu fliegen, die lรคngeren Strecken mit dem Auto gefahren, kรถnnte man vermuten.
Aber das Verwaltungsdezernat gibt noch eine andere Erklรคrung mit: โAufgrund eines im Jahr 2023 festgestellten IT-Fehlers im Abfragemodus (LOGA) sind in den Jahren 2021 und 2022 nicht alle Privat-PKW-Fahrten mit Verbrennungsmotor im Rahmen der Kompensation ausgewiesen worden. Die zustรคndigen Fachabteilungen arbeiten an der Korrektur. Die entsprechenden Zahlungen werden geleistet, sind allerdings noch nicht in der Tabelle 2 enthalten.โ
Der Lernprozess dauert also noch.
Nicht-fossil legt zu
Aber das Verwaltungsdezernat berichtet eben auch รผber deutlich gestiegene Zahlen von Dienstreisen mit nicht-fossilen Verkehrstrรคgern. Deren Zahl stieg seit 2021 von 1.232 รผber 2.686 auf 3.636. Deutlich mehr stรคdtische Bedienstete greifen also ganz selbstverstรคndlich zur umweltfreundlichen Reise-Alternative. Und auch bei den stรคdtischen Eigenbetrieben steigt die Zahl der umweltfreundlichen Dienstreisen.
Und wรคhrend sich CDU-Stadtrat Falk Dossin um โeffizientโ genutzte Arbeitszeit der stรคdtischen Bediensteten sorgt, zeigt die ausfรผhrliche Antwort des Verwaltungsdezernats, dass auch innerstรคdtisch das Mobilitรคtsverhalten der Stadtbediensteten so langsam Verรคnderungen zeigt. Seit 2022 kรถnnen sie zum Beispiel die Leihfahrrรคder von Nextbike auch dienstlich nutzen.
Dazu schreibt das Dezernat: โAuch hier erhรถhen sich die Teilnehmerzahlen (und dadurch die Kosten), was fรผr eine intensivere Nutzung spricht. So waren es zu Beginn des Pilotprojektes im Mai 2022 noch 32 registrierte Nutzerinnen und Nutzer aus der SVL. Mittlerweile sind wir bei 475 Accounts, wobei die Tendenz weiter steigend ist. Zusรคtzlich wurden mit knapp 1.600 Ausleihen im September 2023 so viele Rรคder wie noch nie zuvor entliehen (sowohl im dienstlichen als auch im privaten Kontext, lรคsst sich nicht weiter unterscheiden).โ
Und noch ein Projekt bringt die Rathausmitarbeiter/-innen zum Umsteigen: das Jobticket. โDie groรen Hebel sind hierbei das Jobticket (Zuschuss/Fรถrderung seit 2021 (Gesamtfรถrdersumme 2021: 257.481,54 โฌ und 2022: 262.823,33 โฌ)) sowie die mittlerweile vollendete Einfรผhrung des JobRads (Ende 2023). Dabei kann beides in Anspruch genommen werden, wobei nur auf das Jobticket ein zusรคtzlicher Arbeitsgeberzuschuss gezahlt wird. Dieser belรคuft sich auf monatlich 15,01 โฌ, wobei bei einer MDV-Monatskarte zusรคtzlich 16 % Rabatt gewรคhrt werdenโ, schreibt das Verwaltungsdezernat.
Umbau der Fahrzeugflotte geht weiter
Was vor wenigen Jahren also noch ein Aufreger in der Ratsversammlung war, wo sich einige Fraktionen partout nicht vorstellen konnten, dass Stadtbedienstete anders als mit dem Pkw unterwegs sein kรถnnten, haben immer mehr Rathausmitarbeiter die Chance ergriffen, auf umweltfreundliche Fahrzeuge umzusteigen.
Und auch wenn das alles erst der Anfang ist fรผr eine noch zu erreichende Klimaneutralitรคt des Rathauses, sei man gut auf dem Weg, meint die Vorlage: โSo konnten im Rahmen des Umbaus der Fahrzeugflotte seit 2012 mindestens 659 t COโ gespart werden. Die konsolidierten Dienstkraftfahrzeuge (DKFZ) wurden u. a. durch Wege zu Fuร, mit dem Fahrrad, รPNV und Carsharing oder durch batteriebetriebene Elektrofahrzeuge als DKFZ ersetzt.
Circa 84 t COโ wurden wรคhrend der Nutzung durch Carsharingfahrzeuge ausgestoรen, sodass saldiert circa 575 t COโ durch die Stadtverwaltung eingespart wurden. Besonders zu erwรคhnen ist, dass innerhalb von 10 Jahren die zurรผckgelegten Kilometer pro Bediensteten um 43 % gesenkt werden konnten.โ
Wobei sich Grรผnen-Stadtrat Michael Schmidt auch fรผr eine Frage besonders interessierte, die die Antwort der Verwaltung nicht im gefragten Sinn beantwortet hat: Wie ist eigentlich der Vergleich zwischen den verschiedenen รmtern? Wer ist besonders umweltfreundlich unterwegs und in welchem Amt geht die Verรคnderung nur zรคh voran?
Das will Verwaltungsbรผrgermeister Ulrich Hรถrning nun bis zum zweiten Quartal 2024 in einer groรen Informationsvorlage fรผr den Stadtrat transparent machen. Das kรถnnte spannend werden.
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