Statt mehr baut der Freistaat Sachsen seit 2019 sogar weniger Radwege an Bundes- und Staatsstraßen. Das groß angekündigte Ausbauprogramm an diesen stark befahrenen Straßen kommt einfach nicht zu Potte, was der Landtagsabgeordnete der Linken, Marco Böhme, nun einmal mehr bei der Staatsregierung abgefragt hat. Das Problem scheint schon darin zu bestehen, dass das Planen von Radwegen neben den Staats- und Bundesstraßen viel aufwendiger ist als etwa an Landstraßen.
In ihren Antworten auf Kleine Anfragen (Drucksachen 7/14454 und 7/14700) zum Stand des Radwegeausbaus gibt die Staatsregierung an, dass sie das im Koalitionsvertrag gesetzte Ziel, die mit dem Fahrrad zurückgelegten Wege bis 2025 zu verdoppeln, deutlich verfehlen wird. Konkrete Zahlen, wie viele Kilometer Radwege in den letzten Jahren an Staats- und Bundesstraßen gebaut wurden oder geplant werden, teilte das Verkehrsministerium erst auf genauere Nachfrage von Marco Böhme (Drucksache 7/14946) mit.
„Dass die Staatsregierung ihre selbstgesteckten Ziele beim Radwegebau nicht erreichen wird, ist schon länger traurige Gewissheit. Das Problem ist jedoch hausgemacht: Wenn nur etwas mehr als 8 Kilometer Radwege im gesamten Freistaat in einem Jahr gebaut werden, kann die Verkehrswende nicht gelingen“, kommentiert Marco Böhme, mobilitätspolitischer Sprecher der Linksfraktion im Sächsischen Landtag, die nun freigegebenen Zahlen.
„Immerhin rechnet die Staatsregierung mit der Fertigstellung von insgesamt 122 Kilometern neuer Radwege bis zum Jahr 2027. Es bleiben dann nur noch 415 Kilometer übrig, die irgendwann mal gebaut werden sollen. Mit diesem Tempo werden wohl erst im Jahr 2080 an allen Bundes- und Staatsstraßen sichere Radwege angeschlossen sein.“
Bis 2018 schaffte die Staatsregierung immerhin noch zweistellige Zahlen beim Ausbau von Radwegen an Bundes- und Staatsstraßen.
Seitdem ist das Ergebnis regelrecht zusammengebrochen und erreicht kaum einmal noch die 10-Kilometer-Marke wie 2021. Im Jahr 2022 wurden nur 7,7 Kilometer fertiggestellt, 2023 ganze 8,3 Kilometer. Im Bau befindlich und 2024 wahrscheinlich bereit zur Freigabe sind derzeit 17,8 Kilometer.
Bürokratie und fehlende Planer
Warum es so schwierig ist, neue Radwege endlich in die Umsetzung zu bekommen, erklärt das Wirtschaftsministerium so: „Die Realisierung von Radverkehrsanlagen an Bundes- und Staatsstraßen ist von der Erlangung des Baurechts, der Bereitstellung der erforderlichen Haushaltsmittel einschließlich erforderlicher Verpflichtungsermächtigungen durch den Haushaltsgesetzgeber und zunehmend von der Bearbeitungskapazität bei allen Vorhabenbeteiligten (u.a. Planungsbüros, Bauunternehmen, Verwaltungen) sowie örtlichen Faktoren abhängig.“
„Wir fordern, die Prioritäten in der Verkehrsplanung zu Gunsten des Fuß- und Radverkehrs zu ändern. Es braucht mehr Personal in den Behörden für die Planung von Fuß- und Radwegen“, erklärt Böhme. „Diese müssen bei jeder Maßnahme im Straßenbau mitbedacht werden. Nötig sind schlankere Verfahren, damit der Bau von Radwegen nicht länger so umfangreich ist wie die Planung einer Straße.
Statt einfach von ambitionierten Zielen abzurücken, braucht es eine Ausbauoffensive für den Fuß-, Rad- und öffentlichen Personennahverkehr!“
Denn die Verkehrsteilnehmer denken längst um, können aber gerade in ländlichen Räumen nicht umsteigen, weil die notwendige Infrastruktur an überörtlichen Radwegen fehlt.
„Menschen wollen mehr mit dem Rad unterwegs sein, ob im Urlaub oder auf ihren alltäglichen Wegen. Dank E-Bikes können auch längere Distanzen überwunden werden – sofern ein ordentliches Radwegenetz vorhanden ist“, sagt Böhme. „Mit dem bisherigen Schneckentempo gelingt es nicht, das Mobilitätsangebot rechtzeitig umzubauen.“
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