Am 13. Dezember 2023 entscheidet der Stadtrat über das „Netz der Zukunft“ (Beschlussvorlage – VII-DS-08860) der Leipziger Verkehrsbetriebe, worüber die LVB am 14. November 2023 die Presse unterrichteten. Die Bürgerinitiative ÖPNV.LEIPZIG, die sich für einen starken ÖPNV und SPNV in Leipzig und Region einsetzt, hat ein paar deutliche Verbesserungsvorschläge für dieses – naja – Stück Netzerweiterung der näheren Zukunft.

Das Ganze „Liniennetz der Zukunft“ zu nennen, ist sowieso schon mutig. Denn den Atem eines großen Wurfs hat das vorgelegte Papier nicht. Es ist nur ein Versuch, das existierende Netz an mehreren Stellen etwas zu verbessern. Und eine beabsichtigte Steigerung von 155 auf 175 Millionen Fahrgäste entspricht nicht ansatzweise den Erfordernissen einer belastbaren Verkehrswende in Leipzig.

Dazu hätte es eines wirklich guten Vorschlags zur Lösung im Innenstadtknoten bedurft. Doch selbst die Stadt hat ihr für 2022 versprochenes „Konzept Erweiterte Innenstadt“ bis heute nicht vorgelegt. Denn nur wenn hier Lösungen gefunden werden, kann der Takt im Straßenbahnnetz deutlich verdichtet werden. Zum Umsteigen auf den ÖPNV bekommt man andere Verkehrsteilnehmer nur, wenn die Bahnen in dichterer Taktfolge fahren.

Die Bürgerinitiative ÖPNV.LEIPZIG

Die Bürgerinitiative ÖPNV.LEIPZIG setzt sich nach eigener Auskunft für einen starken Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und Schienenpersonennahverkehr (SPNV) in Leipzig und Region ein. Zu den verschiedenen Bauprojekten im ÖPNV gibt sie Stellungnahmen ab, nimmt an Workshops, Gremien/Beiräten und Planfeststellungsverfahren teil und versucht, auf aktuelle Missstände am Gleisnetz aufmerksam zu machen. Dabei äußert man sich zu Neubaustrecken, zu gegenwärtigen und geplanten Linienführungen sowie Fahrzeugeinsätzen bzw. Fuhrparks. Wichtig ist der Initiative die Beteiligung mit konstruktiven Vorschlägen für den Straßenbahn-, Omnibus-, S-Bahn- und Zugverkehr. Die Initiative wurde am 30. August 2023 gegründet und ist Mitglied im Bundesnetzwerk Straßenbahn und Netzwerk Stadtforen Mitteldeutschland.

Zur Vorlage „Liniennetz der Zukunft“ hat die Initiative eine sehr detaillierte Stellungnahme verfasst.

Einige der Vorschläge aus der Stellungnahme:

Verlängerung der Linie 14 nach Eutritzsch bitte schon 2024

Mit Fahrplanwechsel im Dezember 2025 soll die Straßenbahnlinie 14 in beiden Richtungen über den südlichen und östlichen Promenadenring über Kurt-Schumacher-Straße, Erich-Weinert-Straße, Berliner Straße, Apelstraße, Wittenberger Straße und Delitzscher Straße zur Endhaltestelle Klinikum St. Georg verlängert werden, wie sie einst bis Dezember 2008 fuhr. Wir bitten zu prüfen, unter Vorbehalt von fehlendem Fahrpersonal und Fahrzeugen, ob eine Inbetriebnahme schon im Dezember 2024 möglich ist.

Verlängerung Linie 89 nach Anger-Crottendorf: Der Bus kann auch eine andere Route fahren

Die Buslinie 89 aus der Innenstadt herauszunehmen, ist eine gute Idee und längst überfällig. Die geplante Linienführung über Neumarkt, Schillerstraße und Universitätsstraße kam leider nicht mehr zur Umsetzung. Die neue Linienführung sieht nun eine Verlängerung in die Ortsteile Zentrum-Südost, Reudnitz-Thonberg und Anger-Crottendorf vor, die im Bereich Grüne Gasse/Friedrich-Dittes-Straße enden soll.

Alternative Linienführung füpr den Bus 89. Grafik: Bürgerinitiative ÖPNV.LEIPZIG
Alternative Linienführung für den Bus 89. Grafik: Bürgerinitiative ÖPNV.LEIPZIG

Statt einer Linienführung über den Augustusplatz und Johannisplatz zum Täubchenweg schlagen wir folgende Routen vor: entweder ab Wilhelm-Leuschner-Platz über die Grünewaldstraße (H Roßplatz), Windmühlenstraße (H Härtelstraße), Nürnberger Straße (H Bayerischer Bahnhof und H Seeburgstraße und optional H Johannisgasse) zur Haltestelle Johannisplatz, damit wird der nördliche Teil vom Ortsteil Zentrum-Südost direkter erschlossen; potenzieller wäre jedoch eine Linienführung ab Wilhelm-Leuschner-Platz über Grünewaldstraße (H Roßplatz), Windmühlenstraße (H Härtelstraße), Nürnberger Straße (H Bayerischer Bahnhof), Liebigstraße (H Universitätsklinikum), Stephanstraße (H Seeburgstraße), Prager Straße (H Gutenbergplatz), Gerichtsweg (H Lene-Voigt-Park) zum Täubchenweg.

Im Gegensatz zum LVB-Vorschlag werden nur die Haltestellen Augustusplatz und Johannisplatz nicht bedient. Der Vorteil liegt darin, dass die Bereiche um die Haltestellen am Universitätsklinikum (Schwerpunkt) und Seeburgstraße (darunter Institute) besser erschlossen werden. Dazu kommen Verknüpfungen zwischen Hochschulstandorten in Connewitz, Zentrum-Süd und Zentrum Südost sowie Umsteigemöglichkeiten am Bayerischen Bahnhof (TRAM, BUS, S-BAHN), Prager Straße (TRAM) und die Anbindung des Lene-Voigt-Parks sowie eine Querverbindung in den Ortsteilen Zentrum-Südost und Reudnitz-Thonberg bzw. Breite Straße/Riebeckstraße, Täubchenweg, Prager Straße und Bayerischer Bahnhof.

Des Weiteren ist zu überlegen, die Linie 89 umzubenennen. Bekanntlich stellt die Linie 89 einen Bezug zur „Friedlichen Revolution 1989“ her, die passenderweise auch am 9. Oktober 1999 in Betrieb ging. Bereits zur Busreform 2010 war eine Umbenennung in die Ziffer 71 geplant, da die 80er Linien weder im Zentrum noch im Süden unterwegs sind, sondern die 70er Linien. Dies stieß jedoch auf Unmut, sodass die 89 beibehalten wurde. Da die Linie 89 nun schon seit über 24 Jahren existiert, bedarf es wohl keiner Änderung. Dennoch sollte man abwägen, diese Linie vielleicht doch umzubenennen. Bei den 70er-Buslinien wäre nur noch die 71 frei.

Quartiersbuslinie 66 einstellen ist keine gute Idee

Ob es eine gute Idee ist, die Quartiersbuslinie 66 einzustellen? Mit etwa 250 Fahrgäste täglich weist sie eine sehr geringe Nachfrage auf, ist der Vorlage zu entnehmen. Woran könnte es liegen? Ganz einfach: am 60-Minuten-Takt und im Einbahnverkehr. Diese Linie muss attraktiver werden, mindestens mit einem 20-Minuten-Takt und einem Fahrtweg, der in beiden Richtungen bedient wird. Dazu gehört auch, dass die Linie mit Fahrzeugen und Personalen der LVB bedient wird, um die Fahrgäste nicht zu beirren. Vor allem für ältere
und mobilitätseingeschränkte Fahrgäste ist der „Grünolino“ ein Segen, da er viele Teile der Siedlung abdeckt.

Wo bleibt die Straßenbahnlinie 7E?

Durch die LVB war schon längere Zeit eine Linie 7E geplant, die als Verstärker zwischen S-Bf. Leutzsch (Nordwesten) und Sellerhausen, Emmausstraße (Osten) eingesetzt werden sollte. Die reguläre Linie 7 verkehrt zwischen Böhlitz-Ehrenberg und Sommerfeld. Wegen Personal- und Fahrzeugnot kam es bisher zu keiner Umsetzung, auch im Konzept „Netz der Zukunft“ ist keine Linie 7E vermerkt. Dennoch muss die geplante Linie 7E zur bevorstehenden Netzreform berücksichtigt werden.

Warum fährt die Buslinie 60 nicht durch die Straße des 18. Oktober?

Nachdem im Februar 2021 die Buslinie 60 im Westen zum Lindenauer Hafen verlängert wurde, sollte es mit der bevorstehenden Netzreform auch eine Verlängerung im Osten geben. Derzeit endet die Linie 60 an der Lipsiusstraße im Ortsteil Reudnitz-Thonberg.

Alternative Führung der Buslinie 60 durch die Straße des 18. Oktober. Grafik: Bürgerinitiative ÖPNV.LEIPZIG
Alternative Führung der Buslinie 60 durch die Straße des 18. Oktober. Grafik: Bürgerinitiative ÖPNV.LEIPZIG

Neu ist die Idee nicht, sie über die Oststraße und Am Güterring zum S-Bf. Anger-Crottendorf zu verlängern. Dort besteht nicht nur Übergang zur S 3, sondern auch zu den Buslinien 72 und 73. Als Wendestelle biete sich beispielsweise die ehemalige Wendeschleife der Straßenbahnlinie 2 (1997 stillgelegt) an, die östlich von der Bahntrasse liegt. Eine neue Haltestelle könnte Am Güterring eingerichtet werden, die auch Zugang zum Westtor des Ostfriedhofs und des Islamischen Friedhofs bietet. Denkbar wäre auch eine Fortführung nur in der Hauptverkehrszeit, dazwischen als Linie 60E bis Lipsiusstraße.

Außerdem führt die Linie 60 an der Straße des 18. Oktober vorbei. Zwischen den Haltestellen Bayerischer Bahnhof und Johannisallee befährt sie die Philipp-Rosenthal-Straße, was bei Staus auf der Straße des 18. Oktober auch sinnvoll ist. Jedoch könnte die Linie 60 zwischen den genannten Haltestellen über die Straße des 18. Oktober geführt werden und eine neue Haltestelle an der Ecke Straße des 18. Oktober/Johannisallee bedienen, die beispielsweise Tarostraße (trotz der Entfernung) oder direkt Straße des 18. Oktober heißt, um auf die Geschehnisse der „Völkerschlacht 1813 bei Leipzig“ aufmerksam zu machen. Neben zahlreichen Wohnhäusern liegen auch mehrere Schulen, Kindertagesstätten, ein Stadtteilzentrum und eine Schwimmhalle sowie ein Lebensmittelmarkt im Einzugsgebiet.

Die komplette Stellungnahme der Bürgerinitiative ÖPNV.LEIPZIG zum Liniennetz der Zukunft

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar