Die Zebrastreifen für Radfahrer am Tröndlinring bringen jetzt auch ein anderes Konfliktthema wieder auf die Tagesordnung: Die Konflikte zwischen Radfahrern und Fußgängern in den Leipziger Fußgängerzonen. Denn das Radfahrverbot nach 10 Uhr missachten eine Menge Zeitgenossen: Etwa im Minutentakt oder noch häufiger fährt eine Person mit dem Fahrrad oder E-Roller durch die Leipziger Fußgängerzone. Das ergaben stichprobenartige Zählungen der Ortsgruppe des FUSS e. V., dem Fachverband für Fußverkehr.

„Für eine Familie mit kleinen Kindern bedeutet dies beispielsweise, dass sie auf dem Weg durch die Fußgängerzone vom Markt bis zum Augustusplatz von fünf bis zehn Radfahrenden tangiert wird“, schlussfolgert daraus FUSS e.V.

Hier sind nach übereinstimmender Auffassung von ADFC Leipzig und FUSS e.V. mehr und vor allem regelmäßige Kontrollen notwendig. Dass solche wirksam sein können, beweise die Aktion von Polizei und Ordnungsamt im vergangenen August auf der Karlbrücke in Schleußig. Während der Kontrolle hatten 10 Prozent der Radfahrenden das derzeitige Fahrverbot auf der Brücke missachtet. Und das auch nur, weil viele Radfahrende die Kontrolle bemerkten.

Bei der Zählung von FUSS e.V. drei Monate später lag der Anteil der Regelverstöße hingegen bei mehr als 50 Prozent. Das zeige deutlich, dass Kontrollen nur wirksam sind, wenn sie regelmäßig stattfinden. Auch in anderen Straßen hat FUSS e. V. die Konflikte zwischen Zufußgehenden und Radfahrenden beobachtet, so etwa in der Dresdner Straße, am Georgiring, in der Hermann-Liebmann-Straße, der Industriestraße, der Jahnallee, auf der Karl-Heine-Straße, der Rödelstraße, der Otto-Schill-Straße, der Zweinaundorfer Straße und auch auf dem Lurgensteins Steg.

Der FUSS e. V. zieht aus seinen Beobachtungen ein durchaus gemischtes Fazit. Das nicht nur das Verhalten von Radfahrern betrifft: „Die Radfahrenden, die sich regelkonform verhalten, sind in der Mehrheit. Auch zu Fuß beachten nicht alle Personen jederzeit die Verkehrsordnung, sie gehen mitunter auf dem Radweg oder queren einen solchen achtlos. Oder Zufußgehende stehen an Ampeln auf der Furt für den Radverkehr und bringen damit sich selbst als auch Radfahrende in Bedrängnis. Auch hier verhält sich aber die überwiegende Mehrzahl richtig.“

Es braucht endlich ein sicheres Radwegenetz

Die Folgerung daraus, so de FUSS e.V.: „Eine eindeutige Führung des Radverkehrs mit ausreichend breiten Radfahrstreifen führt zu einer höheren Regelbeachtung.“

Letzteres wurde besonders deutlich bei Zählungen auf der Zeppelinbrücke: Während einer Baustelle war die stadtauswärtige Radwegeführung unübersichtlich und annähernd ein Drittel der Radfahrenden fuhr während dessen auf dem Gehweg. Mit dem Ende der Baustelle fahren nur noch halb so viele auf dem Gehweg.

„Eine wirklich gute Radverkehrsförderung ist daher zugleich auch Fußverkehrsförderung“, ist sich FUSS e.V. sicher – wie dies auch vom ADFC vertreten wird.

„Wenn wir endlich ein lückenloses Radnetz in Leipzig haben werden, profitieren davon auch die Menschen, die zu Fuß unterwegs sind. Gute Radverkehrsführung bedeutet weniger Regelverstöße und weniger Radverkehr auf Fußwegen“, so Robert Strehler, Vorsitzender vom ADFC Leipzig.

So begrüßt nicht nur der ADFC, sondern auch FUSS e.V. ausdrücklich die Einrichtung neuer Radfahrstreifen wie auf dem nördlichen Cityring zwischen Hauptbahnhof und Löhrstraße. Seitdem dort der neue Radweg nach Westen eingerichtet wurde, gibt es auf dem schmalen Gehweg vor dem ehemaligen Landratsamt kaum noch Gehwegradler.

Befahrene Straße mit Autos, Radfahrer und Tram in Leipzig.
Der inzwischen benutzungspflichtige Radfahrstreifen am Tröndlinring. Foto: Ralf Julke

Radfahrende und Zufußgehende bewegen sich mittels ihrer Muskelkraft voran und beide Gruppen wollen umweltfreundlich und kostengünstig mobil sein. Mit dem Rad ist man aber deutlich schneller unterwegs als zu Fuß, weshalb es auf den Wegen und Plätzen, die sich diese beiden Verkehrsarten teilen müssen, häufig zu Problemen kommt. Dass Unfälle zwischen Radfahrenden und Zufußgehenden nicht immer glimpflich abgehen, war erst kürzlich einer Studie des UDV (Unfallforschung der Versicherer) zu entnehmen. Demnach wurden im Jahr 2022 deutschlandweit mehr als 720 Personen bei Kollisionen zwischen Radfahrenden und Zufußgehenden schwer verletzt, davon 13 tödlich.

Die Konflikte zwischen Fuß- und Radverkehr zeigen sich auch in Leipzig insbesondere in jenen Straßen, in welchen es für Radfahrende nur sehr unzureichende Verkehrsbedingungen gibt, etwa in stark befahrenen Straßen mit fehlenden Radwegen oder auch in Nebenstraßen mit grobem Straßenpflaster.

„Sowohl für Menschen zu Fuß als auch auf dem Rad sind schlechte Beläge ein großes Problem. Die Stolper- und Sturzgefahr ist hier erheblich größer. Um dies zu vermeiden, suchen Menschen dann oft Ausweichmöglichkeiten, auch wenn diese nicht regelkonform sind. Daher fahren Radfahrende dort auf dem Gehweg, wo sie sonst auf einem holprigen Kopfsteinpflasterbelag fahren müssten. Oder in stark befahrenen Straßen ohne Radspur fahren Radfahrende auf dem Gehweg, um sich nicht gefährdet zu fühlen“, so Robert Strehler. „Das ist nicht korrekt, aber nachvollziehbar, angesichts des manchmal zu dicht überholenden Kfz-Verkehrs.“

Fuß- und Radverkehr sind beides sehr umwelt- und stadtverträgliche Verkehrsarten und gleichermaßen von zentraler Bedeutung für das Gelingen der Verkehrswende, so die beiden Vereine. Die Stadt Leipzig hat sich in ihrer Mobilitätsstrategie 2030 dazu bekannt, den Umweltverbund insgesamt zu fördern und den Anteil des Motorisierten Individualverkehrs in Leipzig deutlich zu reduzieren. Dazu sind nach Auffassung des ADFC und des FUSS e.V. auch Flächenumverteilungen im öffentlichen Verkehrsraum zugunsten des Fuß- und des Radverkehrs zusammen erforderlich.

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