Keine Leute, keine Leute. Das Problem erreicht immer mehr Branchen. Und die Leipziger bekommen immer öfter zu spüren, was es heißt, wenn an entscheidenden Stellen das Personal fehlt. Nicht nur die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) suchen händeringend Fahrerinnen und Fahrer für Bahnen und Busse. Das Problem hat längst auch die Deutsche Bahn erreicht. Und damit das Mitteldeutsche S-Bahn-Netz und speziell die S-Bahn-Verbindung nach Grünau. Und Besserung ist nicht in Sicht.
Das bestätigt das Verkehrs- und Tiefbauamt (VTA) auf eine Stadtratsanfrage hin. Der Zweckverband für den Nahverkehr Leipzig (ZVNL) ist letztlich für die Organisation des S-Bahn-Netzes zuständig. Und das Problem ist dort schon längere Zeit bekannt.
„Die Leistungen auf den S-Bahn-Linien S1 und S10 werden im Auftrag des ZVNL durch DB Regio Südost erbracht. Zwischen DB Regio Südost und der Stadt Leipzig selbst bestehen keine vertraglichen Regelungen“, betont das VTA, bestätigt aber die unbefriedigende Situation: „Hinsichtlich der aktuell nicht befriedigenden Qualität der Erfüllung der Verträge finden regelmäßig Gespräche des ZVNL mit DB Regio Südost statt, zuletzt am 11.09.2023. Der ZVNL lässt sich zudem wöchentlich über den aktuellen Stand zur Personalsituation unterrichten.“
Aber was macht man, wenn schlicht die Leute zur Besetzung der Führerstände fehlen?
„Dabei ist erkennbar, dass es zu einer Verfestigung des Unterbestandes an Personal, insbesondere an Triebfahrzeugführern, aber auch in den Werkstätten gekommen ist“, stellt das VTA nach Auskunft des ZVNL fest. „Nach Einschätzung der DB Regio Südost wird voraussichtlich bis Frühjahr 2024 ein Fehlbedarf von 25 Triebfahrzeugführern zu verzeichnen sein, was rund 10 % des Gesamtpersonalbestandes dieser Gruppe ausmacht.“
Man habe die aktuell prekäre Personalsituation am 14. September auch gegenüber der Vorständin Regionalverkehr der DB AG vorgetragen.
Fehlt für die Verkehrswende das Personal?
„Kurzfristiger Ersatz für die Personalausfälle ist momentan nicht absehbar, da auch andere Eisenbahnverkehrsunternehmen mit Personalengpässen konfrontiert sind“, fasst das VTA zusammen. „Langfristig besteht die Hoffnung, dass unter anderem durch die Ausbildung von derzeit 190 Azubis als Eisenbahner in der Berufsschule in Schkeuditz allen Bereichen entsprechendes Personal zur Verfügung steht.“
Und da taucht auf einmal die Frage auf, wie dieser Zustand im S-Bahn-Netz eigentlich in die Leipziger Verkehrswende passt.
„Natürlich ist die aktuelle Situation auch aus Sicht der Stadt Leipzig unbefriedigend. Nichtsdestotrotz ist die Begründung der Zugausfälle durch akuten Personalmangel nicht anzuzweifeln – hier steht die Stadt Leipzig in regelmäßigem Austausch mit dem ZVNL“, versucht das VTA seine Position zu definieren. „Gemeinsam mit dem ZVNL und den Eisenbahnverkehrsunternehmen wird derzeit nach Möglichkeiten gesucht, die Auswirkungen auf die Fahrgäste zu minimieren und eine bessere Zuverlässigkeit zu erreichen.“
Was dann freilich nicht wirklich zuversichtlich klingt, dass man das Problem des Fahrermangels im Mitteldeutschen S-Bahn-Netz in absehbarer Zeit tatsächlich gelöst bekommt.
Es gibt 10 Kommentare
@TLpz:
Was heißt denn überhaupt “Wie üblich wurde von den Grünen Sachzwänge angeführt.”?
Das bezog sich auf Baden Württemberg wo sich die Grünen mit der Aussage gegen Stuttgart 21 haben wählen lassen und dann Sachzwänge angeführt haben um dieses Wahlversprechen nicht einlösen zu müssen.
” Ob das besser gewesen wäre?”
Auf jeden Fall.
@fra
Ja, es war eine Entscheidung der Politik der Stadt Markkleeberg und des Landkreises Leipzig. Und ja, den Markkleeberger Nutzern der LVB hätte es sicher auch geschadet, wenn die LVB den Betrieb alleine hätte finanzieren müssen. Als Markkleeberger wäre ich eher von den Stadtvertretern Markkleebergs enttäuscht als vom den Grünen im Stadtrat Leipzig. Was heißt denn überhaupt “Wie üblich wurde von den Grünen Sachzwänge angeführt.”? Natürlich ist ein ausbleibender Zuschuss ein Sachzwang, den es zu beachten gilt. Es wäre doch nicht verständlich, dass man als Leipziger Bürger die Sanierung einer Markkleeberger Straße finanzieren muss, nur weil die LVB dort Gleise unterhalten. Inklusive z. Bsp. der sanierungsbedürftigen Gleiskreuzung mit der DB. Ja, es gab die Idee, die Straßenbahn bis zur Schleife Markkleeberg- Mitte zu führen, damit das kleine Leipziger Gebiet Am Wolfswinkel weiter mit Straßenbahn erschlossen wird. Damit hätte man aber keine Direktverbindung für die Markkleeberger Nutzer zum Connewitzer Kreuz sicherstellen können. Ob das besser gewesen wäre?
Falls Sie nachlesen wollen: Die Beiträge zur Einstellung der Linie 9 sind unter diesem Tag gesammelt: https://www.l-iz.de/tag/linie-9
@TLpz:
“Das hätte allen Leipziger Nutzern der LVB (finanziell) geschadet.”
Den Markkleeberger Nutzern der LVB wohl nicht. Ihre Aussage widerlegt aber nicht das es eine Entscheidung der Politik wahr und nicht der Bürger. Wie üblich wurde von den Grünen Sachzwänge angeführt. Die Markkleeberger waren jedenfalls von den Grünen sehr enttäuscht.
So weit ich weis war in die Planung die Verwaltung der Stadt Leipzig eingebunden, da es auch ein Teil von Leipzig betraf.
@fra
Die Stadt Markkleeberg sowie der Landkreis hatten bereits Fakten geschaffen. In Leipzig hat man das zu spät mitbekommen. Das die Grünen der Einstellung damals zugestimmt haben heißt aber nicht, das sie per se gegen die Straßenbahn oder eine Verkehrswende sind. Letztendlich hätten die LVB den Weiterbetrieb der Linie 9 auf Markkleeberger Gebiet alleine finanzieren müssen. Dazu hätten auch Gleisbauarbeiten und Sanierungen gezählt. Das hätte allen Leipziger Nutzern der LVB (finanziell) geschadet.
Hier nochmal zum Nachlesen: https://www.l-iz.de/wirtschaft/mobilitaet/2015/10/stadtrat-stimmt-mehrheitlich-der-kappung-der-linie-9-nach-markkleeberg-zu-113524
@Tai.Fei@online.de
Die Markkleeberger haben Petitionen zum Erhalt der Linie 9 unterschrieben, nur die Politik brauchte für den Citytunnel etwas zum gegenrechnen. Sogar die Leipziger Grünen waren für die Abschaffung. Als einzige Partei hat sich die Linke dagegen ausgesprochen.
@fra wobei die Markleeberger ja selbst eine gewichtige Rolle bei der Streichungen der Linie 9 gespielt haben.
Es geht ja noch weiter. Mit in Kraft treten von MDSB2025+ wird der den Markkleeberger versprochene 10 Minuten Takt (wegen Abschaffung Linie 9) auf 15 Minuten verändert.
So so vor 12 Jahren wurde den Grünauern Bürgern ein S-Bahn Takt von 15 Minuten versprochen und JETZT merkt man das Personal fehlt. Nicht nur das 15 Minuten im weiter Ferne liegen, selbst einen 60 Minuten Takt bekommt die Bahn oft nicht mehr hin.
Das passiert wenn das Gewinnen der Ausschreibung zu 90% vom möglichst niedrigen Preis abhängt. Klar kalkuliert das EVU dann mit möglichst wenig Personal. Möglichst wenig Triebwagen waren ja auch vom ZVNL gewünscht.
Zudem hat der ZVNL wie alle Verkehrsverbünde einfach viel zu wenig Geld um irgendwelche Sprünge zu machen, zu sehen an der unterwältigenden Ausschreibung MDSB2025+. Es fehlt an einer auskömmlichen Finanzierung (Erhöhung der Regionalisierungsmittel) von Bundesseite.