Fragen über Fragen. Da haben wir versucht ein bisschen auseinanderzudröseln, wie sich die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) finanzieren, schon tauchte die nächste Leserfrage auf: „Wenn nur 16 % der Leipziger ihre Wege mit dem ÖPNV zurücklegen, wo kommen dann die 175.215 ‚Stammkunden‘ der LVB her? Das entspräche immerhin 28 % der Leipziger.“
Das könnte man meinen. Aber der wirkliche Verkehrsteilnehmer ist unberechenbar.
Und dazu gehören wir alle. Was menschlich und nur zu logisch ist. Denn wir legen nicht alle Wege mit demselben Verkehrsmittel zurück. Wir wechseln – je nach Lust und Laune und Verfügbarkeit. Das heißt: Die 175.215 Stammkunden de LVB fahren auch mal mit dem Rad, laufen zu Fuß oder nehmen einen Leihwagen, um mal eine größere Tour zu machen. Genauso wie Autobesitzer auch nicht alle Strecken mit dem Pkw fahren, sondern in der Freizeit gern aufs Rad steigen oder zum Weihnachtsmarkt mit der Tram zu gelangen.
Deswegen gibt der im Modal Split angegebene Wert den Anteil der Verkehrsarten an allen Wegen an, die die Leipziger täglich zurücklegen.
Das wird in einem aufwendigen Verfahren abgefragt. Weshalb es keine wirklich aktuellen Zahlen für Leipzig gibt. Die letzten stammen aus dem Jahr 2018. Da mussten wir jetzt auch erst einmal wieder nachblättern. Und – sorry – da hatten wir die falsche Zahl im Kopf. 2018 legten die Leipzigerinnen und Leipziger nicht nur 16 Prozent aller Wege mit Bus und Bahn zurück, sondern 17,5 Prozent. Die Zahl haben wir im Artikel „ÖPNV-Kosten: Wie wirtschaften eigentlich die Leipziger Verkehrsbetriebe?“ deshalb korrigiert.
Aktuell läuft die jüngste Verkehrsbefragung durch die Stadt, mit welcher nun der Modal Split für 2023 ermittelt werden soll. Aber bis die Ergebnisse vorliegen, wird es dauern.
In den fünf Jahren zwischen diesen aufwendig ermittelten Zahlen der Verkehrsanteile im Leben der Leipziger gibt es natürlich auch noch die jährlichen Bürgerumfragen, die das jeweilige Verkehrsverhalten der Umfrageteilnehmer ermitteln. Das macht dann natürlich auch sichtbar, wie die Leipziger zu unterschiedlichen Zielen auch unterschiedliche Verkehrsmittel benutzen.
Im Bild haben wir die Ergebnisse der Bürgerumfrage 2021, die zeigen, dass der ÖPNV in zwei Bereichen die größte Rolle spielt: auf dem Weg zur Ausbildung mit 44 Prozent und auf dem Weg in die Innenstadt ebenfalls mit 44 Prozent. Völlig anders ist das bei Wegen zur Arbeit (21 Prozent), in die Freizeit (18 Prozent) und zum Einkaufen (9 Prozent).
Was nicht heißt, dass die Leute dann einfach aufs Auto umsteigen, auch wenn der Pkw auf dem Weg zur Arbeit mit 46 Prozent und zum Einkaufen mit 42 Prozent noch immer überdurchschnittliche Nutzung erfährt. Aber beim Weg zur Ausbildung und in der Freizeit spielt das Fahrrad mit 35 und 34 Prozent längst eine deutlich wahrnehmbare Rolle. Und auch die 27 Prozent auf dem Weg zur Arbeit sind nicht zu unterschätzen. Denn je besser das Radwegesystem ausgebaut wird und je sicherer es ist, umso mehr Leipzigerinnen und Leipziger fühlen sich animiert, tatsächlich mit dem Rad zur Arbeit zu fahren.
Die nächste Grafik aus der Bürgerumfrage 2021 macht auch sehr schön deutlich, wie der Anteil der mit dem Auto zurückgelegten Wege zur Arbeit und zum Einkaufen seit 2007 permanent sank. Einzige Ausnahme das zweite Corona-Jahr 2021, als der Autoanteil bei den Wegen zur Arbeit um 6 Prozent anstieg. Wer sich erinnert: Da stiegen viele Leipziger vorsichtshalber, um sich nicht anzustecken, wieder vom ÖPNV aufs Auto um. Beim Einkaufen war es aber andersherum. Denn weil viele sowieso zu Hause im Homeoffice arbeiteten, konnten sie ihre Einkäufe leichter zu Fuß abwickeln.
Letztlich macht die Grafik auch deutlich, wie sich die Anteile bestimmter Verkehrsarten verschieben, wenn sich das Angebot verbessert – was zumindest beim Radverkehr deutlich ist.
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