2026 wächst das Mitteldeutsche S-Bahn-Netz. Eigentlich sollte das schon 2025 der Fall sein. Aber als der Zweckverband für den Nahverkehrsraum Leipzig (ZVNL) im vergangene Jahr die Ergebnisse der europaweiten Ausschreibung erhielt, sprengte das den vorgesehenen Etat völlig. Also startete man die Ausschreibung neu, teilte das S-Bahn-Netz aber in zwei verschiedene Lose. Die wurden jetzt vergeben.
In Abstimmung mit den jeweils am Verfahren beteiligten Aufgabenträgern hat der ZVNL die Zuschläge für die Verkehrsleistungen im Mitteldeutschen S-Bahn-Netz ab 13. Dezember 2026 an die Unternehmen DB Regio und Die Länderbahn erteilt. Die Verträge laufen bis zum Fahrplanwechsel im Dezember 2038.
Bei dem Vergabeverfahren, das auch den größeren Teil der Verkehre durch den City-Tunnel Leipzig (CTL) betrifft, handelt es sich hinsichtlich der Komplexität und des organisatorischen Aufwands um einen der deutschlandweit größten Verkehrsverträge. Das zunächst offen EU-weit durchgeführte Ausschreibungsverfahren MDSB2025plus musste in getrennte Verhandlungsverfahren übergeleitet werden, da die angebotenen Preise den Erwartungswert in erheblichem Maße überschritten hatten, formuliert der ZVNL das Problem am ersten Ergebnis der Ausschreibung.
Diese Vorgehensweise ist durch die Vorgaben des europäischen Vergaberechts normiert, betont der Verband. Und sieht sich bestätigt. Denn in den getrennten Verhandlungsverfahren konnten jetzt wirtschaftliche Ergebnisse erzielt werden.
Nur die Strecke nach Grimma und Döbeln ist noch offen
Im Verfahren MDSB2025plus war über die Vergabe der Verkehrsleistungen zu entscheiden, die mit elektrisch betriebenen Schienenfahrzeugen (EMU) erbracht werden – mit Ausnahme der künftigen S-Bahn-Linie in Richtung Döbeln, auf der batterieelektrische Fahrzeuge (BEMU) zum Einsatz kommen sollen. Hierzu gibt es das gesonderte Vergabeverfahren MDSB2025BEMU, das bis Ende Juli 2023 abgeschlossen sein soll.
Verfahrensbeteiligte Aufgabenträger bei MDSB2025plus sind neben dem federführenden ZVNL und den sächsischen Zweckverbänden Verkehrsverbund Mittelsachsen (ZVMS) und Öffentlicher Personennahverkehr Vogtland (ZVV) auch die Bundesländer Sachsen-Anhalt und Thüringen. Das S-Bahn-Netz erstreckt sich in alle drei Bundesländer und vernetzt damit auch eine ganze Region.
Die beiden Lose
Die beteiligten Aufgabenträger haben die in zwei Losen ausgeschriebenen Verkehrsleistungen wie folgt vergeben:
Los 1 ging mit insgesamt rund drei Millionen Zugkilometern an die DB Regio AG. Mit beauftragt wurde vom Land Sachsen-Anhalt außerdem die Beschaffung und Vorhaltung von zwei zusätzlichen Fahrzeugen. Mit diesen Fahrzeugen kann in Zukunft die Linie S 6 um eine alternierende Führung nach Merseburg und Naumburg erweitert werden. Das Los enthält folgende Linien:
Linie S 4 Torgau – Leipzig CTL – Wurzen – Riesa
Linie S 6 Leipzig-Stötteritz – Leipzig CTL – Markranstädt – Naumburg
Linie S 10 Leipzig Hbf. (oben) – Schkeuditz
Los 2 ging mit rund sechs Millionen Zugkilometern an Die Länderbahn GmbH DLB. Das Los enthält folgende Linien:
Linie S 3 Halle-Nietleben – Schkeuditz – Leipzig CTL – Borna – Geithain
Linie S 5 Halle-Trotha – Flughafen Leipzig/Halle – Leipzig CTL – Markkleeberg Altenburg – Gößnitz/Glauchau – Werdau – Zwickau
Linie S 5x Halle-Trotha – Flughafen Leipzig/Halle – Leipzig CTL – Markkleeberg Altenburg – Werdau – Zwickau/Plauen
Es braucht trotzdem mehr Geld von Bund und Land
Für die Erbringung aller ab Dezember 2026 geplanten Leistungen ist es nach Auffassung der Aufgabenträger zwingend erforderlich, dass Bund und Land die notwendigen Mittel zur Verfügung stellen, um die deutlich gestiegenen Kosten zum Beispiel für Energie und Personal ausgleichen zu können. Die finanziellen Voraussetzungen für einen bedarfsgerechten Schienenpersonennahverkehr sind dauerhaft zu sichern, um die erfreulicherweise stark wachsende Nachfrage und den damit verbundenen Kapazitätsbedarf im Interesse der angestrebten Verkehrswende befriedigen zu können, betont der ZVNL.
Es gibt 2 Kommentare
@Uwe ganz anders herum ist es. Der Fahrbetrieb ist ein Zuschussgeschäft und fast nie kostendeckend. D.h. das Eisenbahnverkehrsunternehmen, dass die Verkehrsleistung erbringt, bietet nicht Überschüsse, die der ZVNL erhält, sondern fordert Zuschüsse, um selbst kostendeckend zu sein. In die erste Ausschreibung hatte der ZVNL wohl einen Zuschuss geschrieben, die alle Bietenden für unrealistisch hielten. Die Gegenangebote waren dann wohl dem ZVNL zu hoch.
Im Idealfall erfolgt übrigens die Verkehrsleistung nicht mit Gewinnerzielungsabsicht, sondern mit der Absicht, möglichst gut (Taktung, Püntklichkeit, Netzgröße, Verknüpfungen etc.) möglichst viele Menschen zu transportieren. Das Primat der Wirtschaftlichkeit sorgt doch dafür, dass miserable Zustände herrschen. Zitat aus dem Artikel:
“Mit beauftragt wurde vom Land Sachsen-Anhalt auĂźerdem die Beschaffung und Vorhaltung von zwei zusätzlichen Fahrzeugen”
zwei zusätzliche Fahrzeuge. FĂĽr den Zeitraum bis 2036… na dann gute Nacht.
“Aber als der Zweckverband fĂĽr den Nahverkehrsraum Leipzig (ZVNL) im vergangene Jahr die Ergebnisse der europaweiten Ausschreibung erhielt, sprengte das den vorgesehenen Etat völlig.”
Das verstehe ich nicht. Der Betrieb eines Bahnnetzes ist ja eine wirtschaftliche Tätigkeit, die mit Gewinnerzielungsabsicht vorgenommen wird. Eine “Ausschreibung” in dem Zusammenhang kann ja nur bedeuten, den Meistbietenden zu ermitteln. Waren die Angebote zu niedrig!?