Was nun im zeitweilig beratenden Ausschuss Verkehr und Mobilität des Stadtrats am Freitag, dem 7. Juli, noch beraten wurde, verrät das Ratsinformationssystem zwar noch nicht. Aber dass es klemmt bei der geplanten Erweiterung des Straßenbahnnetzes in Leipzig, das hatte eine Anfrage der Linksfraktion schon deutlich gemacht. Denn die Faktion wollte eigentlich nur wissen, wann in Leipzig überhaupt die geplanten Netzerweiterungen kommen.

Auf drei Erweiterungen hat sich ja der Stadtrat mit der Stadt geeinigt: die sogenannte Südsehne, die Anbindung des S-Bahnhofs Wahren und die Anbindung von Thekla-Süd.

Aber vor dem Jahr 2030 wird keine dieser Erweiterungen ans Netz gehen. Das war schon 2021 klar, als die „Mobilitätsstrategie 2030“ vom Stadtrat beschlossen wurde. Alle diese Vorhaben sind hochkomplex und teuer und haben einen elend langen Planungsvorlauf.

Aber immerhin werde schon geplant, bestätigte das Baudezernat in seine Antwort an die Linksfraktion, die am 5. Juli in der Ratsversammlung auf der Tagesordnung stand.

Die Antwort des Baudezernats auf die Linke-Anfrage „Geplante Tram- Neubaustrecken zur Angebotserweiterung des Öffentlichen Nahverkehrs in Leipzig und Umsetzung der Mobilitätsstrategie 2030“

Wann geht es los auf der Südsehne?

Das größte Projekt ist natürlich das auf der Südsehne, wozu das Baudezernat mitteilt: „Für das Netzerweiterungsvorhaben laufen seit Ende 2020 die ersten Planungsschritte. Dabei erfolgte zuerst die Erarbeitung einer Machbarkeitsstudie für die Teilmaßnahmen ‚Südsehne‘ (Verbindung Schleußig – Südvorstadt – Prager Straße) und ‚Brünner T‘ (Verbindung Lützner bzw. Ratzelstraße – Antonienstraße), die abgeschlossen wurde. Die wesentlichen Ergebnisse sollen dem Stadtrat noch in diesem Jahr vorgestellt und ein Beschluss u. a. zu notwendigen vertiefenden Untersuchungen gefasst werden.“

Diese Machbarkeitsstudie aber muss es in sich haben, denn sie hat sich auch mit den ganzen bekannten Engstellen auf dieser Strecke beschäftigt. Sodass Baubürgermeister Thomas Dienberg am 5. Juli nicht bereit war, eine Nachfrage des Linke-Stadtrats Steffen Wehmann zu bestätigen.

Denn in der „Mobilitätsstrategie“ steht, dass die Südsehne in den Jahren 2031/2032 in Betrieb gehen soll. Das aber scheint schwierig zu werden und Dienberg wollte dazu im zeitweilig beratenden Ausschuss Verkehr und Mobilität am Donnerstag, dem 6. Juli, Genaueres erzählen.

Was hat die Straßenbahn in Wahren mit dem Mittleren Ring zu tun?

Beim zweiten Vorhaben – Netzerweiterung „S-Bf. Wahren“ – scheint es noch länger zu dauern.

„Für dieses Vorhaben wird derzeit eine Machbarkeitsstudie erarbeitet. Gegenstand der Untersuchung ist auch der Ringschluss Mittlerer Ring Nordwest, mit dem möglichen Lückenschluss zwischen dem bereits gebauten Anschluss am Knoten der B 6 Neue Hallesche Straße/Travniker Straße und der Gustav-Esche-Straße“, antwortete das Baudezernat auf die Anfrage der Linksfraktion.

„Die Erarbeitung begann im Juni 2022, gemäß Zeitplan ist Ende 2023 mit der Fertigstellung der Untersuchung zu rechnen. Die Ergebnisse werden dem Stadtrat 2024 vorgestellt. Prozessual schließt sich der Machbarkeitsstudie die Erarbeitung einer Nutzen-Kosten-Analyse gemäß des Verfahrens der standardisierten Bewertung an.“

Erstaunlich, dass sich Franziska Riekewald und Steffen Wehmann, die am 5. Juli für die Linksfraktion nachfragten, über diesen ganz und gar nicht dezenten Hinweis auf den Mittleren Ring nicht wunderten. Denn der hat nichts mit dem Straßenbahnnetz zu tun, sondern soll nur eine direktere Verbindung für den Kfz-Verkehr von der B6 zur Gustav-Esche-Straße schaffen. Ob das aber im Sinn der Leipziger Mobilitätsstrategie ist, darf bezweifelt werden. Und ob es notwendig ist, steht ebenso auf einem anderen Blatt.

Wenn aber die Verlegung von Straßenbahngleisen durch die Linkelstraße und die Schaffung einer neuen Straßenbahnendstelle am S-Bahnhof-Wahren von einem Baustück des Mittleren Rings abhängig gemacht wird, wird das Projekt immer größer und unhandlicher, ohne für die Straßenbahn in absehbarer Zeit eine Lösung zu schaffen.

Wann wird nun tatsächlich gebaut?

Und wie ist das mit der Netzerweiterung „Thekla-Süd“?

„Für dieses Vorhaben ist aktuell die Aufgabenstellung für eine Machbarkeitsstudie zwischen der Stadt und der LVB in Abstimmung. Es ist Konsens, dass neben der Neubaustrecke Straßenbahn bis Thekla-Süd auch die sogenannte ‚Nordanbindung‘ zum Technischen Zentrum Heiterblick der LVB untersucht werden soll“, antwortete das Baudezernat.

„Mit der bestätigten Vorplanung zur Neubaustrecke Mockau sind nun die für die Machbarkeitsstudie inhaltlich relevanten Rahmenbedingungen gegeben. Es wird angestrebt, mit der Erarbeitung nach Abschluss der Untersuchungen zur Netzerweiterung ‚S-Bf. Wahren‘ – also Ende 2023 – zu beginnen. – Anders als für die beiden anderen Studien a und b wird diese Machbarkeitsstudie nicht durch den Freistaat Sachsen/SMWA finanziert und über die landeseigene LISt GmbH beauftragt werden.“

Was dann eben die eigentliche Frage der Linksfraktion nicht beantwortete. Wo bleibt die Terminierung, fragte deshalb Franziska Riekewald, die gerade die wichtigste Antwort auf die Anfrage vermisste.

„Derzeit gibt es keine nennenswerten Probleme – die Projekte schreiten entsprechend der aufgeführten Zeitketten voran. Die Planungen befinden sich dabei in dem frühen Stadium von Machbarkeitsstudien, dem sich eine sogenannte Nutzen-Kosten-Analyse auf Basis des Verfahrens der standardisierten Bewertung anschließt“, hatte das Baudezernat summarisch geantwortet.

„Erst mit dem Nachweis einer baulichen Machbarkeit und dem Aufzeigen relevanter, planerischer Zwangspunkte (= Ergebnisse der Machbarkeitsstudie und ggf. weiterer vertiefender Untersuchungen) sowie der Feststellung des bereits genannten und für die Förderwürdigkeit des jeweiligen Gesamtvorhabens notwendigen, positiven Nutzen-Kosten-Faktors (= Ergebnis der Nutzen-Kosten-Analyse), kann die Planung für die jeweiligen Neubaustrecken als jeweils konkrete Infrastrukturvorplanung beginnen.

Im Rahmen der Machbarkeitsstudien werden jeweils erste Vorschläge eines konkreten Planungs- und Umsetzungszeitplans erarbeitet. Dieser wird dann gemeinsam mit den jeweiligen Ergebnissen der Machbarkeitsstudien kommuniziert.“

Logisch, dass Riekewald und Wehmann nachfragten. Es sieht zwar nicht so aus, dass Stadt und LVB die drei Projekte fallen lassen, auch wenn eine (positive) Nutzen-Kosten-Analyse noch nicht vorliegt. Aber die Erweiterungen scheinen sich zeitlich doch immer weiter in die Zukunft zu verlagern, sodass in absehbarer Zeit keine Netzerweiterung in den Bau gehen wird.

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Es gibt 7 Kommentare

Bedeutet das “@”-Zeichen in einem (fast) reinen Texteditor, zwischen ausschließlich zwei Personen, eigentlich etwas konkretes / funktionelles?

Ich hatte den Text ” Dabei erfolgte zuerst die Erarbeitung einer Machbarkeitsstudie für die Teilmaßnahmen ‚Südsehne‘ […] und ‚Brünner T‘ […], die abgeschlossen wurde.” so verstanden, dass diese schon durch ist und nur noch präsentiert werden muss.
Und wenn erst danach eine Fahrgastanalyse mit der Potentialabschätzung kommt: Ganz sicher, dass das so ist? Man verbraucht erst mal über Jahre Personalstunden in den Ämtern für eine Studie nur zur technischen Machbarkeit, ohne wenigstens die einfache Betrachtung der möglichen Fahrgastzahlen durchzuführen? Zumindest überschläglich hat man das doch hoffentlich schon gemacht, bevor DIESER Aufwand getrieben wurde.

Ihre Vermutungen über meine “wahre” Gemengelage zu den Bedenken trifft nicht zu, nein. Ich fahre erstens selten dort lang, wäre also kaum betroffen. Denke zweitens, dass der Schleußiger Weg notfalls auch mit einer Spur auskäme und drittens schließe ich mich nicht Ihrer und der Meinung anderer Enthusiasten an, dass die Fläche unter den Bäumen der Eisner-Allee “okkupiert” wurden von den Autos oder besser: ihren Besitzern.
Da die Ein- und Ausfahrten beschildert sind, die Zuwegungen professionell hergestellt wurden und das Ganze überhaupt keinen provisorischen, von Autofahrern selbst geschaffenen Eindruck macht, halte ich diese Flächen für legalen, von der Stadt geschaffenen Parkraum. Außer wir missverstehen uns hier an dieser Stelle, und Sie meinen eine andere Ecke der Kurt-Eisner-Straße. Herr Julke hatte in einem (?) seiner früheren Artikel ja auch auf diese Stellen geschimpft, wo früher wunderbares Grün war, welches durch die Autobesitzer quasi beseitigt wurde. Ich halte das für Polemik, oder doch zumindest Framing in Richtung “illegales Verhalten”. Erst recht wenn man von anderen Engagierten liest, die einen braven grünen Rasen für “ökologisch tot” halten. Noch dazu, wo sich diese Flächen, die ich meine, unter Bäumen befinden und so eh wenig Licht in die Häuserschlucht gelangt.
Es gibt noch diese Flächen unter der Auffahrt zur B2, die von Wohnmobilen usw. benutzt wird, aber ich glaube nicht, dass die von einem Straßenbahnbau tangiert würde. Nur von Beschwerdeführern höggschder moralischer Ordnung.

Also: Nein, es geht mir tatsächlich um die Gelder in dieser Stadt, und um den Zustand dieser Verkehrsbetriebe. Aus Hobbysicht freue ich mich über jede neue Strecke einer Straßenbahn, aber wie bei der Dresdner Strecke nach Gompitz zweifle ich hier bei der Südsehne über die Sinnhaftigkeit angesichts der Baukosten und der Unterhaltungskosten in den Jahren nach der Fertigstellung. Und über diesen Gegenstand kann man doch diskutieren, ohne zu berücksichtigen, ob ich nun Auto-Fan bin, oder?

@Sebastian
Es geht ja erstmal “nur” um eine Machbarkeitsstudie. Die Nutzen-Kosten-Rechnung, bei der auch die Anzahl der Fahrgäste prognostiziert wird, erfolgt ja erst danach.
Ja, Leipzig hat bereits ein sehr großes Netz. Aber alles radial ausgerichtet. Wenn der NKF größer 1 ist, dann rentieren sich Aufwand und Kosten schon. Ihre Bedenken ergeben sich aber sicher nicht aus den Geldern, die dafür aufgewendet werden müssen. Sie ergeben sich aus der vermutlichen Tatsache, das ein paar Parkplätze (zwischen von Autos okkupierten Baumreihen – früher war dort mal eine parkähnliche Grünfläche) für PKWs wegfallen dürften und dem Autoverkehr evtl. auch etwas weniger Platz zur Verfügung steht. Stimmts?

Ich kenne die Bus-Fahrgastzahlen auf den zwei Linien nicht, die nachher durch die “Südsehne” durch eine Straßenbahn ergänzt oder abgelöst werden. Aber ich hoffe, dass es wirklich so viele Leute sind, dass sich die vielen Millionen Euro für den Neubau der Gleise und E-Anlagen rechtfertigen, die das Projekt benötigt. Das Netz in Leipzig gehört eher zu den größten in Deutschland, als zu den kleinsten. Und alles will unterhalten werden, wie man an vielen Stellen in Leipzig als Mitfahrer oder Passant neben Gleisen merkt.

@Sebastian
Auf der Linie 61 in DD verkehrt eine Linie im 10- Minuten- Takt. Auf dem Schleussiger Weg 2 Linien im 10-Minuten-Takt. Von daher schon ähnlich.

Für das Thema “Südsehne” würde mich noch mal interessieren, ob denn die Busse der dortigen Linie über Schleußiger Weg usw. wirklich so häufig und so stark (über-)belegt ist, dass sich dort eine Straßenbahn lohnt. Ein Zeichen dafür wäre zum Beispiel der Einsatz von zwei Bussen direkt hintereinander, die die LVB für die Bewältigung der vielen Leute benötigen würde. Wie es in Dresden auf der Buslinie 61 zu Stoßzeiten ist, für die ein Ersatz durch Straßenbahn geplant wird.

@Ralf Julke
> “Was hat die Straßenbahn in Wahren mit dem Mittleren Ring zu tun?”
Relativ viel! Kommt der Lückenschluss des mittleren Rings, kann vielleicht die Linkelstraße aufgrund eines dann erwartbaren geringeren KfZ- Verkehrs anders (billiger?) geplant und gebaut werden. Daher MUSS diese Thematik mit betrachtet werden. Vielleicht gibt es ja Hybrid- Lösungen, die je nach Entscheidung für/gegen den Lückenschluss des mittleren Rings ab-/aufgebaut bzw. temporär/fest gestaltet werden können. Dass das alles viel zu lange dauert, ist gar keine Frage, man brächte die Strecken jetzt…

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