Fast zehn Jahre ging so gut wie gar nichts mehr beim Ausbau des Radwegenetzes in Leipzig. Dafür hatte der geballte Protest der Autolobby 2012 gesorgt, kaum dass die Stadt daran ging, den gerade vom Stadtrat beschlossenen Radverkehrsentwicklungsplan auch umzusetzen. Doch die Ausrufung des Klimanotstands 2019 und das 2018 beschlossene Mobilitätskonzept hatten deutlich gemacht, dass nicht gekleckert werden darf, sondern gerade beim Radverkehr endlich investiert werden muss.

Was dann im ersten Aktionsprogramm für den Radverkehr in den Jahren 2021/2022 seinen Niederschlag fand. Mit einem Folgeprogramm sollen bis Ende 2024 weitere Infrastrukturmaßnahmen auf den Weg gebracht werden. Dabei stehen wieder möglichst kurzfristig wirksame Investitionen im Mittelpunkt, die das Radfahren in der Stadt sicherer und komfortabler machen sollen, etwa durch Markierungsarbeiten und Deckensanierungen. Auch Übergangslösungen können umgesetzt werden, bis ein größerer Umbau erfolgt, betont die Stadt.

Das Investitionspaket hat einen Umfang von rund 4,3 Millionen Euro, bei einem städtischen Anteil von etwa 2 Millionen Euro. Größere, bereits langfristig beschlossene Maßnahmen sind in diesem Finanzvolumen nicht enthalten, werden aber im Programm genannt. Der Stadtrat entscheidet abschließend darüber.

Baubürgermeister Thomas Dienberg sagt dazu: „Mit der Mobilitätsstrategie 2030 haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, den Umweltverbund deutlich zu stärken. Als Teil davon gebührt dem Radverkehr besondere Aufmerksamkeit, die er mit dem Aktionsprogramm erfährt. Wir wollen, dass sich die Leipzigerinnen und Leipziger auf dem Rad sicher fühlen und bequem und schnell vorankommen.“

70 Maßnahmen im Plan

Vorgesehen sind insgesamt 70 Maßnahmen in zehn Handlungsfeldern. Diese reichen von Infrastrukturmaßnahmen über konzeptionelle Arbeit – etwa Machbarkeitsstudien zu verschiedenen Radschnellwegen – hin zur Datenanalyse und der besseren Wegweisung von Radrouten.

Konkret sind verschiedene Markierungsarbeiten für Radfahrstreifen oder Schutzstreifen vorgesehen, unter anderem auf dem Augustusplatz, der Riesaer Straße – wo die Markierungsarbeiten schon begonnen haben -, der Naunhofer Straße, der Querstraße sowie der Harkortstraße. In der Harkortstraße geht es um Radfahrstreifen, die dort Radfahrer vom motorisierten Verkehr separieren und ihnen erleichtern, von hier aus die Radwege am Promenadenring zu erreichen.

In der Merseburger Straße wird eine Brückenrampe zur Kanalbrücke sowie zur Schomburgkstraße errichtet, damit Radfahrerinnen und Radfahrer besser auffahren können. Die Radverbindung der Seehausener Allee soll beleuchtet werden. Vorgesehen ist zudem, die Fahrbahndecke des Radwegs an der Neuen Linie zu erneuern, auch in Abschnitten der Straße An der Parthe ist dies geplant. Damit Wurzelaufbrüche in Radwegen systematisch beseitigt werden können, ist ebenfalls Budget reserviert, teilt die Stadt mit. Auch weitere Dauerzählstellen für den Radverkehr sollen entstehen.

Jeder fünfte Weg mit dem Rad

Das Aktionsprogramm soll greifen, bevor die Fortschreibung des Radverkehrsentwicklungsplanes (RVEP) umgesetzt wird. Dieser Plan nimmt derzeit aktuelle Entwicklungen und Trends auf und überführt sie in ein integriertes Konzept.

Berechnungen zufolge wird inzwischen jeder fünfte Weg der Leipzigerinnen und Leipziger mit dem Rad zurückgelegt. Bezogen auf die gefahrenen Kilometer hat sich der Wert seit 1994 versechsfacht und liegt inzwischen bei über 0,5 Milliarden Kilometern im Jahr. Im Durchschnitt steigen täglich 170.000 Leipziger aufs Rad und das in allen Altersgruppen.

Erste Zwischenergebnisse aus dem Beteiligungsprozess zum RVEP sind bereits in das Aktionsprogramm eingeflossen. Es stützt sich auch auf die Überprüfung der städtischen Radverkehrspolitik in einem durch die EU zertifizierten Verfahren. Diese hatte Schwächen etwa bei den Themen Infrastruktur und Sicherheit gesehen und elf Handlungsfelder empfohlen. Diese werden im Aktionsprogramm aufgegriffen.

88 Maßnahmen des Aktionsprogramms 2021/22 konnten umgesetzt oder begonnen werden. Das Radnetz ist im genannten Zeitraum um 10,6 Kilometer angewachsen. Darüber hinaus wurden Strukturen und Abläufe verbessert, um auch künftig den Radverkehr effektiv zu fördern und die Mobilitätsstrategie 2030 umzusetzen.

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