Alle Jahre wieder, sobald es auf das Ende des Jahres zugeht und völlig unverhofft die Temperatur sinkt und dann auch noch Schnee dazukommt, tut der Kommunale Winterdienst der Stadt Leipzig alles dafür, dass die Autofahrer gefahrlos die städtischen Verkehrswege nutzen können. Doch was ist mit den Fahrradfahrern?

Man könnte annehmen, dass deren Fahrbahnen ebenso behandelt werden, da bei Schnee und Glätte für diese ein wahrscheinlich noch größeres Risiko eines Unfalls aufgrund der Straßenbedingungen besteht.

Aber nein, Sie haben sich geirrt, selbst in einer modernen Großstadt, die sich als „fahrradfreundlich“ bezeichnet (Dr. Christoph Waack, Radverkehrsbeauftragter) wird im Winter kein Wert auf die Sicherheit der Radfahrer gelegt.

Nicht nur, dass – wie heute entlang der gesamten Karl-Liebknecht-Straße bis zum Wilhelm-Leuschner-Platz (die vom Winterdienst der Dringlichkeitsstufe I zugeordnet ist) – die Fahrradwege nicht geräumt werden. Der Winterdienst ist sich auch nicht zu schade, den geräumten Schnee der Autofahrbahn auf den Fahrradwegen zu entsorgen.

Noch ein Beispiel: Am Wilhelm-Leuschner-Platz führt ein Fahrradweg ZWISCHEN mehreren Autospuren entlang. Rechts und links des Radweges sind die Autospuren geräumt, auf dem Radweg türmt sich Schnee und Matsch.

Das ist aber nicht nur ein punktuelles und temporäres Problem, sondern zeigt sich jedes Jahr und überall in der Stadt.

Es ist auch nicht so, dass erst die Autofahrbahn und dann später die Fahrradwege geräumt werden. Der Schnee bleibt auf den Radwegen fast immer so lange liegen, bis er von selber wegtaut.

Das bringt einen als Radfahrer in eine missliche Lage. Die einzige Möglichkeit, einigermaßen sicher an sein Ziel zu gelangen, besteht darin, die einzige geräumte Fahrbahn zu benutzen. Sie können sich vorstellen, was passiert: Man wird angehupt, beschimpft, Autos drängen sich Zentimeter an Fahrradfahrern vorbei und das Unfallrisiko steigt erheblich.

Der Frust der Autofahrer entlädt sich an den Fahrradfahrern, die ihrerseits nur Opfer der Umstände sind, die der Kommunale Winterdienst der Stadt Leipzig mitverursacht.

Man muss sich das einmal auf der Zunge zergehen lassen.

Die Stadt Leipzig schreibt auf auf ihrer Internetpräsenz zum „Winterdienst im Stadtgebiet Leipzig“: „Wohin mit dem Schnee?

– er kann in den Vorgarten oder an den Gehwegrand geschoben werden
– Rinnstein, Abläufe, Einfahrten und Ausfahrten oder Radwege dürfen nicht zugeschoben werden
– keine Ablagerung auf dem Fahrbahnrand, Ausnahme bei geringerer Gehwegbreite als 1,50 Meter, der Straßenverkehr darf aber nicht behindert werden“

Außerdem in ihrer Winterdienstsatzung:
§ 1(2) […] Zu öffentlichen Straßen gehören die Fahrbahn mit Haltestellenbuchten, Grünstreifen, Trenn-, Seiten-, Rand- und Sicherheitsstreifen, sowie Rad- und Gehwege […]
§ 3(2) In der Zeit von 7:00 bis 20:00 Uhr werden gefallener Schnee und entstandene Glätte auf den Fahrbahnen laut Absatz 1 unverzüglich nach Beendigung des Schneefalls bzw. nach Entstehen der Glätte entsprechend der Dringlichkeit durch die Stadt beräumt und/oder abgestumpft.

Leider scheint der Kommunale Winterdienst seine eigene Satzung nicht zu kennen oder die Umsetzung ist ihm schlicht und einfach egal.

Liebe Stadt Leipzig, liebe Mitarbeiter des Kommunalen Winterdienstes, ersparen Sie uns Fahrradfahrenden doch diese alljährliche Qual, indem Sie sich einfach an Ihre eigene Satzung halten! Danke.

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Es gibt 8 Kommentare

> Gehen Sie mal davon aus, dass tägliche Radfahrer keine Schönwetterfahrer sind, sondern auch sonst fahren.

Stimmt, für Fahrten zur Arbeit nehme ich i.d.R. ganzjährig das Fahrrad. Gegen Kälte und Regen gibt es ja entsprechende Kleidung. Gestern jedoch habe auch ich das Rad stehen gelassen. Eben, weil Radwege in Leipzig nicht beräumt werden. Ausweichmobilität war jedoch nicht das Auto. Grundsätzlich wäre es bei solchen Witterungsverhältnissen sowieso besser, wenn auch der MIV sich reduzieren würde. Das würde allen zu Gute kommen…

Also heute dachte ich auch über den Einsatz des Autos nach, und fuhr dann zur Arbeit doch mit dem Rad und zu einem weiteren Termin in der Innenstadt am Nachmittag mit der Bahn.

Was mich beim Radfahren heute früh wahnsinnig gestört hat, ist das, was einige aufmerksame Leser schon festgestellt haben.
Wieso ist die Stadt nicht in der Pflicht, auf Straßen-Radwegen Schnee zu beräumen?
Mit dem Bau des Weges gehen doch auch Pflichten einher.
Und selbst auf abseitigen Radwegen sollte geräumt werden, wenn man sich überall als Radstadt rühmt!

@Sebastian
Warum wohl sinkt die Zahl der Radfahrer bei diesem Wetter?
Reduzieren Sie Befahrbarkeit möglicher Wege, und schon reduziert sich die Anzahl der nutzenden Radfahrer.
Das ist jetzt keine verblüffende Feststellung, eher ein kausaler Zusammenhang.
Gehen Sie mal davon aus, dass tägliche Radfahrer keine Schönwetterfahrer sind, sondern auch sonst fahren.

Kaisen, begegnen ihnen tatsächlich Radfahrer auf der Strecke? Vielleicht gibt es da ein Missverständnis, und Sie benutzen auch lieber die lange vorhandene Fahrradstraße am Ring, so wie ich? Auf den grünen tollen Wegen sollte Ihnen jedenfalls niemand entgegenkommen. Egal ob innen oder außen. Und wenn sie von dort mal rüber zur Fahrradstraße schauen werden Sie staunen, wie viele Radler dort erst sind! 🙂
Das Gerichtsurteil ist übrigens etwas älter als ein halbes Jahr. Und dass die Art der Umsetzung mich stört ist zeitlich davon unabhängig. Ich hatte da auch keinen Schaum vorm Mund, aber es bleibt Ihnen unbenommen, sich weiter selbst Fragen zu stellen.

Man kann es sehen wie man will. Sobald es regnet oder schneit, oder schlicht kalt wird, da sinkt die Anzahl der Radler sofort. Viele von denen steigen dann doch ins eigene Auto, andere in die Bahn. Es sind natürlich nur eigene, subjektive Beobachtungen, Gespräche mit Kollegen und so weiter. Aber gibt’s denn längere, monatlich aufgelöste Radzählungen in der Stadt, um das zu widerlegen?
Die Infrastruktur für die Vierrädrigen ist dann jedenfalls zementiert, und spätestens wenn man mit dem eigenen Auto, oder von mir aus dem Cityflitzer, dann selbst im Stau steht, weil Spuren reduziert wurden oder Ampeln mit politischen Zielsetzungen programmiert, wenn Verwandte oder Freunde von außerhalb zu Besuch kommen und keinen Parkplatz mehr finden, weil die im Zuge des Straßenumbaus reduziert oder nur für Anwohner vorgesehen sind, und man allen die enormen Vorteile von Park&Ride erklären darf, dann wird es offensichtlicher, dass die aktuell angesagte Radzentriertheit nicht das Nonplusultra ist.
Und dafür hab ich gern noch einen Absatz verschwendet.

@Cisk: volle Zustimmung 😉

@Sebastian: wenn Sie auch ein halbes Jahr später noch nicht über die Umsetzung eines rechtsgültigen Gerichtsurteils hinweggekommen sind und einen kompletten Absatz verschwenden müssen, um den eigenen Unmut darüber mitzuteilen, frage ich mich, bis wohin da der Schaum gestiegen ist?

Ich benutze den Radweg auf dem Ring täglich und mir begegnen dort nicht wenige RadfahrerInnen. Die nötige Fläche für die Radler sollte selbstverständlich auch in den Wintermonaten sicher befahren werden können.

Na wenn jetzt noch rauskommt, dass BM Rosenthal fürs Schneeschieben veranwortlich ist, dann brennt aber die Hütte.

Hallo Cisk,
Vielleicht lernen Sie es ja demnächst: die Erwartungen immer niedrig halten! Dann hat man auch weniger Enttäuschungen.
“Die Schwächsten” sind übrigens weder die Radfahrer, die unbedingt auf der Fahrbahn neben den Autos und LKW fahren wollen, noch die, die sinnvolle Schilder vor Gericht bekämpfen.

Und ein weiterer Irrtum: Im Text trat ich für genau die gleiche Sache ein wie der Leserbrief. Ist Ihnen der Schaum vorm Mund beim Lesen bis in die Augen gestiegen, oder warum so derart pampig und an der Sache vorbei?

@S:
und immer, wenn ich deine Ergüsse hier lese denke ich, da kommt doch noch was?

Aber nein: das war es dann für gewöhnlich.

Stumpfes Nachtreten gegen die ohnehin Benachteiligten und Schwächeren.

Weil es genau DAS ist, was wir jetzt noch brauchen:
daß da mal wirklich jemand für die “Vierrädrigen, denen man die nötige(!) Fläche verkleinert” als Anwalt auftritt.
Nicht, daß Andere Flächen nötig hätten.

Mit den dysfunktionalen Konzepten der Vergangenheit die Zukunft meistern wollen – das ist das, was du hier immer propagierst.
Für mich ist das die Definition von Wahnsinn.
Aber vielleicht klappts ja mal…

Ich finde es tatsächlich auch ein bißchen bescheuert, große Symbolpolitik mit grüner Wegfarbe an den Tag zu legen und die nötige Fläche für die Vierrädrigen auf dem Ring zu verkleinern, ohne dann den wenigen Leuten, für die es am Ende angeblich gemacht wurde, wenigstens auch die Nutzung zu ermöglichen.
Kann man nicht im gleichen Atemzug der Umgestaltung der Straße ein, zwei Multicars mit Bürste oder Ähnlichem anschaffen, die die Radwege neben den Straßen beräumen? Wer es so toll findet, wenn die Radwege rechts am Straßenrand sind, statt neben den Fußwegen (Karl-Heine-Straße, demnächst Waldstraße, usw.), der sollte dann auch den Winterdienst entsprechend gestalten. Die Hans-Driesch-Straße ist auch so ein Fall, wo im Winter der Schnee einfach auf den Radweg geschoben wird.

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