Das Verwaltungsgericht der Hansestadt Bremen hat am 11.11.2021 mit Aktenzeichen 5 K 1968/19 ein wichtiges, wenn auch eigentlich unnötiges, Urteil zum Gehwegparken gefällt. Eine Einfügung sei mir gestattet, ich kenne aus eigener Erfahrung, sowohl als Bürger, wie auch als Mitarbeiter im Abschleppdienst, die Verhältnisse in den Bremer Gebieten, die in der Klage aufgeführt sind.
Worum ging es in dem Urteil? – Eigentümer und Bewohner von Wohnhäusern in Bremen Östliche Vorstadt, Neustadt und Findorf hatten beklagt, dass in ihren Straßen beidseitig aufgesetzt auf den Gehwegen geparkt wird. Die Straßenverkehrsbehörde und die Ordnungsbehörde schoben sich gegenseitig die Verantwortung zu und es passierte nichts, bzw. nicht viel.
Die Straßenverkehrsbehörde führte z. B. aus, dass Verbotsschilder für das Gehwegparken nicht aufgestellt werden, da „den Autofahrern die Parkvorschriften bekannt seien“.
Was ist wichtig am Urteil?
1. Grundsätzlich, eigentlich eine Selbstverständlichkeit, verweist das Gericht (PDF S. 21/22) darauf, dass der Fußgängerverkehr mit dem Autoverkehr gleich gestellt ist. Wenn auch in komplizierter Form: „Diese Verstöße haben zur Folge, dass die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs, wozu auch der Fußgängerverkehr zählt, erheblich behindert wird.“
2. Das Aufstellen von Verbotsschildern, die das aufgesetzte Parken verbieten, befindet das Gericht ebenfalls als zulässig (pdf S. 22)
„Denn für ein bereits kraft Gesetzes bestehendes Halt- und Parkverbot (§ 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO) ist anerkannt, dass dieses der Anordnung von Verkehrszeichen mit identischem Ge- bzw. Verbot nicht entgegensteht, wenn das normativ angeordnete Parkverbot nicht hinreichend erkennbar ist oder von den Parkraum suchenden Verkehrsteilnehmern nicht hinreichend beachtet wird. In diesem Fall kann die Anordnung eines die gesetzliche Regelung lediglich wiedergebenden Verkehrszeichens zwingend erforderlich sein.“
3. Last but not least, bestätigt das Gericht (pdf S. 22/23), dass bei nicht ausreichender Straßenbreite (die dazu führt, dass nur mit aufgesetztem Parken die vorgeschriebene Durchfahrtsbreite gesichert werden könnte) eben nur einseitig geparkt werden darf.
„Denn ist die Fahrbahn – wie in den streitgegenständlichen Wohnstraßen – derart schmal, dass dort nicht gleichzeitig am linken und am rechten Fahrbahnrand (ohne Inanspruchnahme des Gehweges) geparkt werden kann, ohne die Durchfahrtsbreite zu sehr einzuschränken, folgt – bei einem am gegenüberliegenden Fahrbahnrand abgestellten Kraftfahrzeug – jedenfalls aus § 12 Abs. 1 Nr. 1 StVO ein gesetzlich geregeltes Haltverbot, das nach einem Erst-Recht-Schluss auch für das Parken gilt.“
Das Gericht hat gegen dieses Urteil Revision zugelassen. Ich finde das unnötig, mit dem Urteil wurde ja ausschließlich geltendes Recht bestätigt. Also warten wir ab.
Was hat das mit Leipzig zu tun?
Wie gesagt, das Urteil spiegelt geltendes Verkehrsrecht wider. Denken wir also an die endlosen Diskussionen um jahrelang geduldetes Gehwegparken, u. a. in der Erich-Zeigner-Allee, dann erübrigt sich die Frage.
Gehwegparken muss also, wo es nicht ausdrücklich erlaubt ist, unterbunden und sanktioniert werden. Hierzu führt das Bremer Verwaltungsgericht aus: „Die Verletzung einer sich aus der Straßenverkehrs-Ordnung ergebenden Verhaltenspflicht begründet zugleich einen Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit im polizei- und ordnungsrechtlichen Sinne“.
Will die Stadtverwaltung Leipzig noch warten, bis geklagt wird und auch ein sächsisches Gericht die Gültigkeit der StVO bestätigt?
Es gibt 9 Kommentare
Dann wollen wir mal beim Thema bleiben. Das fahren über den Fußweg ist ja manchmal von der Stadt nicht nur geduldet sondern auch gefördert. Dazu kann man sich mal die Stellplätze der Teilauto an der Kreuzung August-Bebel-Straße und Richard-Lehmann ansehen. Die sind nur über den Fußweg zu erreichen.
@John Horloge
> Meist ist aber bei derlei Parkvergehen kein böser Wille oder Rücksichtslosigkeit der Grund, sondern einfach der Mangel an Parkplätzen, die Unwilligkeit der Behörden Anwohnerparkplätze einzurichten (in Leipzig ganz besonders unwillig)
So kann man es sich auch leicht machen. Man jammert einfach, dass zu wenige Parkplätze zur Verfügung stehen. NEIN! Es gibt einfach zu viele Autos für den vorhandenen Platz (in einem Wohnviertel). Oder man ist zu faul, mal ein paar Meter zu laufen. Meist ist es von beidem ein bisschen. Es gibt einfach kein Recht, sein Privateigentum kostenfrei im öffentlichen Raum parken zu dürfen. Und wenn man dies schon tut, sollte man sich wenigstens an die Regeln halten. Mit dem ständigen Eckenparken gefährdet man auch andere. Schulkinder zum Beispiel, denn wer spät kommt fährt meist auch erst später wieder weg. Und wie kann Anwohnerparken da die Situation entschärfen? Also in reinen Wohnvierteln wie z. Bsp. Lindenau oder Sellerhausen? Gar nicht!
Meist ist aber bei derlei Parkvergehen kein böser Wille oder Rücksichtslosigkeit der Grund, sondern einfach der Mangel an Parkplätzen, die Unwilligkeit der Behörden Anwohnerparkplätze einzurichten (in Leipzig ganz besonders unwillig) und entsprechende Regelungen zur Parkordnung. Bei Letzterem weiß ich nicht, wie sich das Gericht das vorstellt: Parken an nur eine Fahrbahnseite. Welcher denn? Und wer bekommt das Knöllchen, wenn auf beiden Seiten einer parkt (der am linken oder der am rechten Fahrbahnrand)? Dagegen hilft nur eine klare Regelung (und nicht etwa die buchstabengetreue Auslegung der StVO): Halteverbot auf einer Seite und explizite Festlegung der Parkordnung auf der anderen Seite. Das Problem? Das bringt kein (Buß-) Geld sondern kostet welches!
@all So sehr mich Kommentare erfreuen, so wäre es doch schön wenn wir beim Thema, in diesem Falle “Gehwegparken” blieben. Ja, die so genannten “Kampfradler” sind ein Problem, nur nicht hier. Ich für meinen Teil werde auch noch auf den Radverkehr kommen, versprochen. Vorweg schon eines, es ist bei radfahrenden genau wie bei autofahrenden Menschen eine Minderheit die sich regelwidrig verhält. Eine Aufrechnung dieses Verhaltens gegeneinander ist aber nicht angebracht.
@Steffen
Der Radweg ist da breiter als der Fußweg. Natürlich sind die Fußgänger nicht aus Blech und springen rechtzeitig aus den Weg.
Das ist wohl eher das alte Problem, dass sich jeder selbst der Nächste ist.
Ich hab Samstag mit dem Auto einen Rennradfahrer “verfolgt”, in dem Sinne, dass er die gleiche Route die Karl Liebknecht Straße entlang über Connewitz bis Dölitz nahm. Jede einzelne rote Ampel wurde überfahren. 😀
Und heute früh ein Spezialist, der im Berufsverkehr bei roter Ampel über die Jahnallee Richtung Stadion ist. Sehr vieles vom Verhalten der Radfahrer hat überhaupt gar nichts mit fehlender Infrastruktur zu tun, ausser man nimmt Überwachungskameras mit Gesichtserkennung an Ampeln da mit rein.
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Aber wir waren ja bei parkenden Autos. Manchmal ist es wirklich absurd. Am Sonntag standen viele auf dem Gehweg vorm Westwerk. Da frage ich mich schon, wie man auf die Idee kommt über den Bürgersteig dorthin zu fahren um das Auto abstellen zu können.
Aber um das Begehren von Herrn Köhler, die Herstellung der juristischen Ordnung, zu unterstützen, könnte man an sehr breiten Straßen, wie der unteren Karl Heine Straße, durchaus auch Schilder aufstellen die Parkplätze ausweisen. Da muss man dann auch nicht weit entfernte Gerichte hervorkramen…
Da bin ich sehr gespannt, ob dieses Urteil auch im Leipziger Ordnungsamt zur Kenntnis genommen wird. In vielen Leipziger Siedlungen wird aufgesetzt geparkt – ohne entsprechende Anordnung und damit rechtswidrig – und trotzdem ist die erforderliche Restfahrbahnbreite nicht gewährleistet.
@fra: Regelwidriges Verhalten von Radfahrenden ist zu einem überwiegenden Teil der fehlenden / unzureichenden / unklaren / unsicheren Infrastruktur geschuldet.
@fra, das ist das alte Problem, dass es an vielen Stellen vor allem an sicheren Radwegen fehlt.
Den ersten und zweiten Punkt wünsche ich mir auch in Zusammenhang mit Fahrradfahrer, die trotz Fahrradweg auf dem Fußweg fahren und mich in der Leichtigkeit und Flüssigkeit des Fußgängerverkehrs erheblich behindern.