Gesagt hat es Siegrun Seidel, Stadträtin der CDU-Fraktion im Leipziger Stadtrat, schon am 16. September zum Start der Europäischen Mobilitätswoche in Leipzig, die am heutigen 22. September zu Ende geht. Aber es behält seine Gültigkeit. Gerade in der Diskussion um den Nahverkehrsplan 2019 wurde mehr als deutlich, dass gerade die Leipziger Ortsteile am Stadtrand unter deiner miserablen Anbindung mit ÖPNV und Radwegen leiden.

„Besonders die zuletzt umgesetzten Maßnahmen sind weder effektiv noch effizient. Darüber hinaus werden die Randlagen Leipzigs links liegengelassen. In der jährlichen stattfindenden Mobilitätswoche wird dieser Trend greifbar“, erklärte die CDU-Stadträtin aus Baalsdorf.

Die Mobilitätswoche verfolgt das hehre Ziel der Verkehrswende durch den Umstieg vom PKW auf Bus, Bahn oder Fahrrad. Dem verschließen wir als CDU-Fraktion uns nicht, schließlich machen die Umstände in einer zuletzt rasant angewachsenen Stadt den Umstieg nötig.“

Was zumindest ungewöhnliche Töne sind für die Leipziger CDU-Fraktion. Aber berechtigte.

„Welche Wirkung haben die Mobilitätswochen denn? Sie machen alljährlich die Leipziger Zweiklassengesellschaft sichtbar!“, sagte Seidel.

„Natürlich sind die Veranstaltungen in der Innenstadt gut mit dem Fahrrad, mit Bus oder Bahn zu erreichen. Für die, die bereits nahe dem Zentrum wohnen. Für die Leipziger, die in den Randlagen und den Ortsteilen leben, haben sie aber keine Wirkung. Dort gibt es kaum Radwege und nur unzureichende ÖPNV-Angebote.

Wenn es denn überhaupt welche gibt. Diesem Problem müssen wir uns endlich annehmen! Ein Beispiel: In meinem Wahlkreis im Leipziger Nordosten müssen sich Kinder auf dem Fahrrad den Weg mit PKW und LKW teilen, während in der Innenstadt zu bestehenden Fahrradstraßen nun noch grüne Radwege dazukommen. Ein Irrsinn!“

Oder es ist doch eher Ergebnis eines eher chaotischen Prozesses in der Mobilitätspolitik der Stadt, die oft erst dort reagiert hat, wo der Druck aus der Bevölkerung besonders groß war, während die ganzheitlichen Konzepte für Radverkehr und ÖPNV immer noch fehlen.

Dass der Nahverkehrsplan von 2019 nicht ansatzweise dem 2018 beschlossenen Mobilitätskonzept entsprach, war der Stadtratsmehrheit sogar bewusst. Weshalb sie für 2022 eine Evaluation des gerade beschlossenen Nahverkehrsplans beschloss.

Die wird es aber erst 2023 geben. Das nahm der Stadtrat ja erst am 15. September zur Kenntnis. Grund dafür: Auch bei den LVB sorgten die zwei Corona-Jahre 2020 und 2021 für massive Verzögerung auch in der Umsetzung des Plans „Netz 24“. Aus dem wird wohl jetzt eher ein „Netz 26“.

Und gleichzeitig gab die CDU-Fraktion einen Antrag ins Verfahren, mit dem das 2018 beschlossene Mobilitätskonzept wieder aufgeschnürt werden sollte. Da scheint Sigrun Seidel mit ihrer Ansicht zur Verkehrszukunft doch ziemlich allein zu sein in ihrer Fraktion.

Dabei ist ihr Ansinnen nur zu verständlich: „Wollen wir die Mobilitätswende tatsächlich schaffen, sollten wir die Europäische Mobilitätswoche, die ja ab dem kommenden Jahr mit zwei Personalstellen im Haushalt unterstützt wird, besser nutzen. Dann braucht es aber mehr als eine Woche Rambazamba für die Menschen in der Innenstadt. Dann brauchen wir Radwege in den Randlagen und gute ÖPNV-Anbindungen für die Ortschaften. Wir müssen Zentrum und Randlagen verbinden und alle Bürger unserer Stadt mitnehmen – sonst werden wir die Mobilitätswende nie schaffen!“

Womit sie recht hat, hat sie recht, kann man da nur sagen.

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Es gibt 2 Kommentare

@Ralf Julke:
Ich weiß nicht, ob Sie in der vorherigen Ratsversammlung eine andere Frau Seidel erlebt haben als ich, anhand Ihres Textes gehe ich aber stark davon aus.

Jene Stadträtin kritisierte nämlich, dass in Ihren Stadtteilen (= Engelsdorf, Baalsdorf, etc.) “teure” Gelenkbusse fahren würden statt Flexa. Diese dahinterliegende Forderung ist verkehrstechnisch – angesichts der Größe der Stadtteile – von der Kapazität her völliger Quatsch. Anders lässt sich das nicht bezeichnen. Diese Aussagen können eigentlich nur von jemandem stammen, der den Nahverkehr selber nicht nutzt.

Außerdem bieten die Buslinien 72 und 73 umsteigefreie Verbindungen in die Nachbarstadtteile und zum Hauptbahnhof, verlässlich im 20-Minuten-Takt. Vielleicht sollte man an dieser Stellschraube drehen und einen 10-Minuten-Takt anbieten. Die beiden Linien können das schaffen, was Siegrun Seidel als Anspruch formuliert: “Wir müssen Zentrum und Randlagen verbinden und alle Bürger unserer Stadt mitnehmen”. Mit dem Netz 24 könnte man noch Verbesserungen erreichen, wenn der Stadtrat bei der Finanzierung nicht knausert.

Was Siegrun Seidel eigentlich sagte: “In meinem Wahlkreis gibt es kaum Radwege und nur unzureichende ÖPNV-Angebote.”
Ja, wie das wohl kommt, Frau Seidel?
Nein Herr Julke, für diese “Erkenntnis” gibts von mir keine Würdigung.

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