Ein ganz zentrales Projekt, Leipzigs Straßenbahnen leistungsfähiger zu machen und in dichteren Takten fahren zu lassen, ist im neuen Energie- und Klimaschutzplan (EKSP) unter dem technischen Begriff „Basismodul Hauptachsen“ angegeben. Es steckt im Punkt IV.9 „Realisierung Basismodul Hauptachsen“ und kostet 666,8 Millionen Euro. Mobilität kann ein großes Stück zur Leipziger Klimaneutralität beitragen.
Auch wenn man über den technischen Begriff erst einmal stutzt. Was meinen die Autoren da eigentlich?
„Das Basismodul Hauptachsen ist im ‚Rahmenplan zur Umsetzung der Mobilitätsstrategie 2030‘, basierend auf dem ‚Nachhaltigkeitsszenario‘, mit 70 Einzelprojekten definiert. Die Umsetzung des Infrastrukturprogramms vereint die Baubedarfe der Stadt Leipzig sowie der L-Gruppe (Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB), Leipziger Wasserwerke (LWW) und Leipziger Stadtwerke (LSW)).
Hier werden komplexe Bauvorhaben geplant und realisiert, welche stadtgestalterische Aspekte, Barrierefreiheit und weitsichtige Optimierungen der Leistungsfähigkeit der Verkehrs- und Versorgungsinfrastruktur vereinen“, heißt es im Maßnahmenplan zum EKSP mit Verweis auf den 2019 vom Stadtrat beschlossenen Nahverkehrsplan, der eigentlich in diesem Jahr evaluiert werden sollte, ob er auch zur 2018 beschlossenen nachhaltigen Mobilitätsstrategie passt.
Aber dann kamen die zwei Corona-Jahre dazwischen, die nicht nur gewaltige Fahrgastverluste für die LVB bedeuteten, sondern irgendwie auch Ausfälle bei den Planern für den ÖPNV, sodass die Stadt die Evaluation erst 2023 vorlegen will, wenn eigentlich schon der fortgeschriebene Nahverkehrsplan auf dem Tisch liegen sollte.
Platz für breitere Straßenbahnen
Aber an der Maßnahme IV.9 muss sowieso konsequent gearbeitet werden. Denn die Leistungsfähigkeit der Hauptachsen der LVB entscheidet darüber, ob das Straßenbahnnetz leistungsfähiger wird und die Leipziger einmal Taktzeiten bekommen, die einer Großstadt wirklich angemessen sind.
Worum geht es genau?
Das Infrastrukturprogramm „bildet damit die Grundlage zum Einsatz neuer, breiterer Straßenbahnen beginnend ab 2024. Zusammen mit der Reform des ÖPNV-Angebotes im Projekt ‚Netz24‘, womit die Leistungsfähigkeit des ÖPNV wesentlich erhöht wird. Die Umsetzung der Infrastrukturmaßnahmen an den Hauptachsen ermöglicht ab 2024 somit den Linieneinsatz neuer 2,40 m breiter Straßenbahnen. Dies ermöglicht ein bis zu 10 bis 15 % höheres Platzangebot. Mit den Neufahrzeugen wird auch das Fahrplanangebot ausgedehnt. Im Zuge des Gleisbaus werden (richtungsbezogen) 10 Straßenbahnhaltestellen pro Jahr barrierefrei ausgebaut.“
Etwas genauer wird es im Nahverkehrsplan von 2019 beschrieben:
„Zur Verbesserung der Bedienungsqualität, zur Erhöhung der Beförderungskapazität und zur Reduzierung der Reisezeiten werden ausgewählte Straßenbahnstrecken für eine leistungsfähige und schnelle Verkehrsabwicklung ausgebaut, mit einem Gleismittenabstand, der den Einsatz von 2,40 m breiten Fahrzeugen erlaubt, barrierefreien Haltestellen und – wo möglich – einer Separierung der Gleisanlagen. Im Zeithorizont des Nahverkehrsplans soll dies für die Linien 16 und 15, bis 2026 auch für die Linie 11 erreicht werden (einschließlich notwendiger Umleitungs- und Zuführungsstrecken), wobei auf der Linie 15 nur noch kurze Teilstrecken offen sind und auch auf der Linie 11 bereits lange Abschnitte entsprechend ertüchtigt sind.“
Ab 2024 kommen also die neuen, breiteren Straßenbahnen, an deren Bau auch die Leipziger Heiterblick GmbH beteiligt ist, nicht nur nach Leipzig, sondern sollen auch schon auf den beiden Linien fahren, die schon weitestgehend für den Betrieb der 2,40 Meter breiten Straßenbahnen ausgelegt sind – die Linie 15 und die Linie 16.
Noch fehlen Teilstücke
Auch wenn da noch einige Maßnahmen umzusetzen sind, wie man im Nahverkehrsplan nachlesen kann:
„Linie 16: Nur noch Zuführungs- und Umleitungsstrecken.
Linie 15 (bis 2025): Schließung der Ausbaulücken in der Prager Straße zwischen Völkerschlachtdenkmal und Friedhofsgärtnerei sowie in der Jahnallee zwischen Sportforum Süd und Capastraße, einschließlich Zeppelinbrücke.
Linie 11 (bis 2026): Ausbau der noch nicht modernisierten Teilstrecken in der Georg-Schumann-Straße und in der Bornaischen Straße, Bau einer neuen Wendeschleife Hänichen.
Mittelfristig ist auch ein entsprechender Ausbau der Linien 3 und 7 vorgesehen. Bei anstehenden Gleiserneuerungen bzw. Straßenbaumaßnahmen wird dieses Ziel bereits berücksichtigt.“
Und weil dabei ganze Straßenabschnitte neu gebaut werden müssen, entsteht die auf den ersten Blick sehr hohe Summe.
„Gesamtkosten: 666,8 Mio. Euro (Datenstand: Stadtratsbeschluss 08.07.2020), davon: LVB: 292,1 Mio. Euro, LWW: 140,6 Mio. Euro, LSW: 23,8 Mio. Euro, Stadt Leipzig: 210,3 Mio. Euro (anteilig ~ 67.000.000 Euro/Jahr)“
Wobei die größte Engstelle auf der Bornaischen Straße schon 2020 beseitigt werden konnte.
Die Engstelle auf der Zeppelinbrücke soll 2023 im Zuge der Brückensanierung beseitigt werden, sodass im Verlauf der Linie 15 nur noch das Teilstück der Prager Straße am Völkerschlachtdenkmal offen ist.
Wobei auch der Punkt im Maßnahmenplan zeigt, dass das Riesenprogramm so bald nicht abgearbeitet sein wird. Denn für 2023 sind erst einmal nur 10,5 Millionen Euro dafür eingeplant, für 2024 sogar nur 8,8 Millionen Euro.
Wirklich umgesetzt haben wollen Stadt und LVB dieses Ausbauprogramm für die Hauptachsen erst 2032. Dann aber auch für die Linien 3 und 7, sodass auf diesen fünf Linien dann auch die Taktzeiten verdichtet werden können, denn das steckt ja in dem Satz: „Mit den Neufahrzeugen wird auch das Fahrplanangebot ausgedehnt.“
Ob Stadt und LVB dann tatsächlich den Mut zu 5-Minuten-Takten haben, hängt unter anderem auch davon ab, ob beide das Nadelöhr Promenadenring in den Griff bekommen. Auch hierzu sollten 2022 erste Vorschläge auf dem Tisch liegen, die aber augenscheinlich auch durch Corona ausgebremst wurden.
Denn am Ende entscheidet die Leistungsfähigkeit des Promenadenrings, wie schnell Straßenbahnen hier durchkommen und ob die Beschleunigung auf den Hauptachsen hier nicht auf unüberwindbare Widerstände stößt.
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