Im Rahmen der Vorstellung des Energie- und Klimaschutzprogramms 2030 am Mittwoch, 22. Juni, im Neuen Rathaus ging Baubürgermeister Thomas Dienberg auch auf eine Initiative ein, die vor einem Jahr mit sechs deutschen Städten – darunter Leipzig – begann und mittlerweile zu einer regelrechten Sammelbewegung mit über 200 deutschen Kommunen geworden ist.
Die Unterstützung für die vor knapp einem Jahr gestartete kommunale „Initiative für lebenswerte Städte durch stadtverträgliche Geschwindigkeiten“ wächst und wächst, konnte Thomas Dienberg am Mittwoch mitteilen. Mit der Stadt Overath (NRW) ist in diesen Tagen die 200. Kommune der Initiative beigetreten.
60 neue Mitstreiter in zwei Monaten
Das Spektrum reicht von der kleinen Landgemeinde bis zur Bundeshauptstadt. Allein in den letzten zwei Monaten haben über 60 Kommunen ihren Beitritt erklärt – die Dynamik dieser neuen kommunalen Bewegung ist ungebrochen. Auch Organisationen wie der Deutsche Städtetag und die Agora Verkehrswende unterstützen die Initiative.
Anlässlich einer Online-Konferenz der Städteinitiative am 22. Juni 2022 mit über 200 Teilnehmenden forderte Thomas Dienberg, Bürgermeister und Beigeordneter für Stadtentwicklung und Bau der Stadt Leipzig, als Sprecher der Initiative den Bund auf, endlich im Sinne der Initiative tätig zu werden.
„Unsere Kernforderung, den Kommunen mehr Kompetenzen zu übertragen, wenn es darum geht, innerörtliche Geschwindigkeiten festzulegen, findet sich auch im Koalitionsvertrag wieder – wir haben wenig Verständnis für die momentane Verzögerungstaktik des Bundesverkehrsministeriums“, kritisierte Dienberg und verwies auf das bereits seit zweieinhalb Monaten bei Bundesminister Dr. Volker Wissing vorliegende Gesprächsangebot der Initiative.
Der Verkehrsminister mauert
Doch Wissing hat sich inzwischen ja genauso wie seine Vorgänger im Amt des Bundesverkehrsministers zu einem Vertreter der Autolobby gemausert. Sein Eintreten für den sogenannten „Tankrabatt“ war dafür genauso typisch wie sein Opponieren gegen ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen.
„Die explizite Ankündigung im Koalitionsvertrag, das Straßenverkehrsrecht so anzupassen, dass zukünftig auch die Ziele des Klima- und Umweltschutzes, der Gesundheit und der städtebaulichen Entwicklung berücksichtigt werden, um Ländern und Kommunen Entscheidungsspielräume zu eröffnen, bietet eine ausgezeichnete Grundlage, um schnell zu einer sachgerechten Gesetzesänderung im Sinne von lebenswerteren Städten und Gemeinden zu kommen“, ergänzt Frauke Burgdorff, Stadtbaurätin der Stadt Aachen.
Bei der Online-Konferenz tauschten sich vor allem Vertreter/-innen von Städten und Gemeinden anhand von konkreten Beispielen über die Vorteile einer solchen Flexibilisierung des Rechtsrahmens aus, von der gesamtstädtischen Mobilitätsstrategie bis zur Behebung konkreter Probleme bei der Gestaltung von Straßen und Plätzen in Hinsicht auf Sicherheit und Aufenthaltsqualität. Auch schwierige Fragen wie die Auswirkungen auf den ÖPNV wurden dabei nicht ausgeklammert.
Tempo 30 auch als zentrales Klimaschutzthema
Und ein ganz zentrales Anliegen ist nun einmal der Wunsch der Städte, in Eigenregie in Teilen des Stadtgebietes flächendeckend Tempo 30 anordnen zu dürfen. Aus Klimaschutzgründen übrigens genauso wie aus Emissions- und Sicherheitsgründen. Denn wenn prinzipiell langsamer gefahren wird, haben vor allem schwächere Verkehrsteilnehmer (Fußgänger, Radfahrer, Rollifahrer …) eine bessere Übersicht im Straßenraum.
Und das Beispiel Utrecht, wo sogar Abschnitte von Hauptstraßen mit Tempo 30 belegt wurden, sei deutlich, sagte Dienberg am Mittwoch. Denn die Unfallzahlen sind gerade in diesen Abschnitten deutlich zurückgegangen.
Und dazu kommt, dass Wohnquartiere – gerade in der Nähe von Hauptstraßen – auch deutlich ruhiger werden. Denn den tatsächlichen Verkehrslärm verursachen hoch beschleunigte Fahrzeuge. Im Leipziger Stadtrat wurde schon ein Pilotprojekt dafür diskutiert, mit dem man erste Erfahrungen sammeln könnte. Aber auch das kann Dienberg nicht umsetzen, solange das Bundesverkehrsministerium nicht einmal eine Experimentierklausel zulässt.
Die „Initiative für lebenswerte Städte durch stadtverträgliche Geschwindigkeiten“ wurde im Juli 2021 gemeinsam von den Städten Freiburg, Leipzig, Aachen, Augsburg, Hannover, Münster und Ulm ins Leben gerufen. Die Erklärung der Städteinitiative vom 6. Juli 2021, eine alphabetische Auflistung der bisherigen Unterstützerkommunen und weitere Informationen findet man hier.
Es gibt 12 Kommentare
Hallo György,
> das Laufen auf der Straße/ Fahrbahn das historisch normale.
Ich finde es ab und zu ganz hilfreich, sich der Ursprünge bestimmter Dinge zu besinnen. Aber den kompletten technischen Fortschritt seit den 1920er Jahren zu ignorieren, auch die gesellschaftlichen Entwicklungen und neuen Bedürfnisse in Hinsicht der Geschwindigkeit beiseite zu schieben, da möchte ich Ihnen nicht folgen in der Argumentation.
Ja, zuerst ging man wohl auf Straßen. Aber die Idee der Straße an sich ist doch schon an Fuhrwerke gekoppelt, oder irre ich mich da? Infrastruktur lediglich zum Gehen kennt man von den Bildern aus Indien oder Südamerika, und gerade breite Straßen braucht man zum Gehen da nicht. Das sind eher Gassen.
Insofern gab es “immer schon” das Bedürfnis nach Beschleunigung, und die Infrastruktur wuchs mit. Gehen auf Straßen würde ich nicht als “das Normale” bezeichnen, sondern das ist eine Gebräuchlichkeit von früher. Und auch auf dem Rad stören mich Leute, die auf der Straße schlendern. Sie beanspruchen Verkehrsraum, der für schnellere Verkehrsmittel gemacht wurde. Man darf dann drumherum fahren, hoffen das sie nicht spontan nach links oder rechts ausweichen und so weiter.
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Bei den Verweisen auf andere Länder denke ich oft, warum man denn eigentlich so oft auf Skandinavien oder Holland schaut. Also vonseiten der progressiven Kräfte. Jedes Land hat seine Eigenheiten, und sicher kann man auch mal “rüber schielen” um sich etwas Gutes abzugucken. Die reine Feststellung, was in Kopenhagen besser läuft als hier, die reicht mir an der Stelle aber nicht.
Ja, es ist eine schöne Stadt, aber Dänemark ist auch ein Land, was von der Bevölkerungskonzentration her sehr auf die Hauptstadt ausgerichtet ist. Und es ist kein sehr großes Land, was den Bedarf an schnellem Personenverkehr nochmals reduziert. Ich finde das überhaupt nicht vergleichbar, geschweige denn erstrebenswert, wenn nur fünf Autos über eine Kreuzung kommen. Klar, mit dem Rad wäre ich dann noch schneller unterwegs, aber für DEN Fall, dass ich mit dem Auto unterwegs bin, weil das Ziel weiter weg ist, ich Leute mitnehme oder Gepäck, habe ich gar nichts davon auf einer Kreuzung umweltfreundlich herumzustehen. “Ihr” schafft es nicht, den Bedarf an Individualverkehr mit dem Auto wegzureden. Auch wenn es sicher, das gebe ich zu, absurde Spitzen gibt, die man abschaffen kann.
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> Wenn die Grüne Welle bei Tempo 20 wäre
Bei dem Thema haben wir uns vielleicht missverstanden: Meine Behauptung war, dass es in Leipzig nur wenige Stellen (mir fallen 2-3 ein) mit grüner Welle für Autos, also Tempo 50, gibt. Das heißt, es gäbe nach dieser These auch keine besondere “Einrichtung” oder Bevorteilung mehrerer Ampelschaltungen in Folge, die man für Radfahrer einfach umstellen könnte. Kennen Sie denn viele “grüne Welle”-Schaltungen für Autos in Leipzig? In Dresden, Berlin, Düsseldorf, Göttingen würden mir welche einfallen. Teils sogar mit dynamischer Geschwindigkeitsvorgabe, bei welchem Tempo die Welle erreicht wird.
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> Ich habe sowohl im letzten als auch im zukünftigen Doppelhaushalt diverse Anträge eingebracht […]
Ich möchte mich bei Ihnen entschuldigen, wenn ich Sie persönlich mit meiner Aussage angegriffen haben sollte. Sicherlich ist politisches Engagement mit viel persönlichem Energieeinsatz und Hirnschmalz verbunden, und das wollte ich nicht kleinreden. In diesem “ihr” war vielmehr verallgemeinernd vom letztendlichen Erfolg dieser “Radenthusiasten”, oder von mir aus auch “MIV-weg-redern” das Thema. Was ist der Erfolg? Der OBM springt auf den Zeitgeist auf und lässt “Signalwirkung!” grüne Streifen auf den sehr funktionalen Ring aufpinseln. Dort und anderswo wird also Autokapazität verringert. Wo ist an der Stelle oder zu dieser Zeit der ÖPNV entsprechend gewachsen? Die Räder sind ja vor allem was für halbwegs schönes Wetter und normalgesunde Leute, die solo unterwegs sind, es gibt aber noch Regen, Winter, Ältere, Betrunkene, und mehr Gründe nicht das Rad zu nehmen. Gut, Betrunkene werden im Idealfall auch nicht das Auto nehmen, aber was ich sagen wollte: “Ihr” wollt den Wandel, aber “eure” Anstrengungen reichen im Grunde nur für das dystopische Moment (“Blechlawinen”, “Parkchaos”, “Dieselstinker”, “Umweltverpester”, “Platzfresser”, “rollendes Wohnzimmer”). Wie gehts im progressiven Sinne voran, im gleichen Takt wie Straßen schlechter für Autos und LKW nutzbar gemacht werden?
“Ihr” wollt, dass ich nicht mehr so schnell vorankomme wie bisher, falls ich das Auto nutze. Das Rad ist langsamer auf längeren Strecken, und der Sammeltransport systembedingt auch nicht so schnell wie ein Fahrzeug, was einfach nur dorthin fährt, wo ich möchte. Und deswegen kann ich mich vielen “eurer” Forderungen nicht anschließen.
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Was die Themen “Flächeneffizienz” und “Lärm” angeht, da würde ich die Straßenbahn, zumindest hier in Leipzig, wirklich ganz weit abseits sehen. Einen Gleiskörper können Sie höchstens noch mit anspruchslosem Gras bepflanzen, was immerhin ein kleiner Vorteil gegenüber Asphaltstraßen ist, aber seine Fläche ist unnutzbar für andere Verwendung. Auf der Straße kann man wenigstens noch demonstrieren… 😉
Hallo Sebastian,
zum Fußverkehr auf der Fahrbahn: Wenn es erlaubt wäre und es genügend Menschen tun würden (wie vom Anbeginn der Städte bis ca. 1920er Jahre), wären die Autos auch nicht so schnell. Schon aus Eigeninteresse, weil Ihnen ja bei einem Unfall meist die Hauptschuld zufiele. Das meine ich mit “künstlich beschleunigt”. Im Gegensatz zu Gleisen ist nämlich das Laufen auf der Straße/ Fahrbahn das historisch normale.
Zu einem Großteil des Restbeitrages möchte ich anregen über Ursache und Wirkung nachzudenken. Wenn die Grüne Welle bei Tempo 20 wäre (wie in vielen großen Straßen Kopenhagens), wären Sie mit Auto nicht schneller als mit Fahrrad. Aber mit Fahrrad deutlich schneller als jetzt. Dort fahren in einer Ampelphase auch 50 Radfahrer*innen und 5 Autos über die Kreuzung…
Hier mal ein paar Beispiele für Folgeampeln, die Sie mit dem Rad nicht oder nur bei >30kmh Durchschnitt (bei Antritt aus dem Stand) schaffen:
– Kreuzung Lutherring/ Karl-Tauchnitz von Norden kommend zur LSA Harkortstraße / Beethovenstraße. Andersherum ebenso.
– Kreuzung Gördelerring vom HBF kommend zur Jahnallee / Leibnitzstraße (hab ich noch nie geschafft)
– August Bebel / Richard Lehmann von Süden kommend zu August-Bebel/ Kurt Eisner
das nur so als die mir präsentesten. Das mit “maximal 2-3” ist schlicht falsch.
Sie können aber nicht beides haben: LSA und Geschwindigkeitsbegrenzungen angepasst auf MIV bedeutet gleichzeitig Ausbremsung des Rad- und Fußverkehres.
Thema Druck auf die Verwaltung. Warum lehnen Sie sich so weit aus dem Fenster? Ich habe sowohl im letzten als auch im zukünftigen Doppelhaushalt diverse Anträge eingebracht und in Ausschüssen verteidigt, u.a. für mehr Stellen im VTA, war bei der Vorstellung des Nahverkehrsplanes und hab dazu Eingaben geschrieben. Bin auf Workshops der Stadt und bringe Ideen ein. Bis vor kurzem gab es ein Nahverkehrsforum, in dem Menschen mit viel Fachwissen über leicht und günstig umzusetzende Verbesserungen gerade bei Buslinien diskutiert haben. Aber bei dieser Verwaltung beißen Sie auf Granit!
“Und solange es bezogen auf eine bestimmte Strecke pro Tag Tausende mehr an Autofahrern im Vergleich zu Radfahrern gibt, finde ich genau das auch richtig.”
^Ursache-Wirkung bzw. Angebotsinduzierte Nachfrage: In Kopenhagen ist der Verkehrsraum anders verteilt und dort hat der Radverkehr 49% am Modal Split für Arbeit / Ausbildung / Schule. Solange hier in Leipzig der Verkehrsraum deutlich zulasten des MIV verteilt ist, gibts auch mehr MIV als Radverkehr / Fußverkehr. Und welche Verkehrsart(en) bevorzugt werden sollte(en) aus Gründen der Umweltverträglichkeit, Flächeneffizienz, Gesundheit, Lärm, … sollte doch klar sein, oder?
Hallo György,
> Und z.B. Fußgänger*innen mit Schuldumkehr verboten wurde, die Fahrbahn zu nutzen.
Es gibt auf manchen Promenaden, gesehen vielerorts an der Ostsee, das Schild “Vernünftige Menschen fahren ab hier nicht mehr mit ihrem Rad. Allen anderen ist es verboten.”
Ja, es ist Fußgängern (in ihrer geschlechtlichen Gesamtheit und Vielfalt, wenn es denn für die Aussage wichtig ist…) offenbar verboten auf der Straße herum zu laufen. Ich kenne das Gesetz nicht, aber ich glaube Ihnen, dass es so ist. Und der Grund ist: Dort ist es gefährlich für Fußgänger, und nicht Jeder schätzt die Situation richtig ein. Es ist auch gefährlich auf Straßenbahngleisen zu laufen, das dürfte auch verboten sein. Charakteristisch an Diskussionen dieser Art finde ich, dass das Normalste der Welt infrage gestellt wird.
Es gibt unterschiedliche Verkehrsarten und -systeme, und jede hat ihre eigenen Vor- und Nachteile, sowie Unterschiede in Platzbedarf, Geschwindigkeit, und so weiter. Ist ja alles bekannt. Wenn ich einkaufen gehe, dann zu Fuß, weil es das Einfachste ist. Wenn ich in die Innenstadt will, dann meistens per Rad, weil es schneller ist und nur ein Minimum an Mehraufwand (Rad aus dem Keller holen, abschließen, Stellplatzsuche, Wiederkehr zum Stellplatz,…) bedeutet.
Aber wenn ich nach Paunsdorf oder Halle(Saale) will, zum Sport oder sonstwelchen Gründen, dann ist eben das Auto viel praktischer. Nicht, weil ich ein SUV fahre (tue ich nicht), oder Ampelrennen mag (tue ich nicht), oder gern mit meinem ziemlich durchschnittlichen Dieselverbrennergeräusch “angeben” möchte (das war der Grund dieses Artikels – die Hoffnung auf Lärmminderung durch generelles Tempo 30), sondern weil ich wesentlich schneller da bin, als wenn ich den ÖPNV oder das Rad nehme.
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Und “ihr” (ich weiß, dass das zu verallgemeinernd ist) meint, dass ich am besten ab sofort nicht mehr schneller ankommen soll. Damit das Auto schlechter dasteht, unattraktiver wird.
Auf die ÖPNV-Planungsstellen macht ihr zwar nicht soviel, oder zumindest nicht genügend, Druck, dass neue Strecken entstehen oder neue Buslinien erdacht werden, oder die bestehenden Fahrzeuge und Strecken leiser gemacht werden. Aber “ihr” stellt euch vor Autos an Kreuzungen, “ihr” veranstaltet eure parking-days und Stehzeugparaden, “ihr” fordert Tempo 30 und findet dafür die fadenscheinigsten Gründe. Das ist so wirkungsvoll für “eure” Sache wie Gendern für tatsächliche Verbesserungen bei den Frauenrechten.
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> Dank auf Tempo 50 optimierter Ampelschaltungen darf ich an nahezu jeder Ampel abbremsen und stehenbleiben. Und als Fußgänger erst!
Das mit den Fußgängern nehme ich mal als angenehm-humoristische Komponente wahr – Folgeschaltungen dieser Taktfrequenz über längere Strecken könnte man aber durchaus für Radfahrer machen. Überhaupt sind “grüne Wellen” eine tolle Sache, auch wenn Herr Julke hier an anderer Stelle meinte (als Reaktion auf einen AfD-Antrag), dass “richtige Städte” ja gar keine grünen Wellen haben könnten…
Ich gebe Ihnen Recht, dass es an der einen oder anderen Stelle in Leipzig solche Optimierungen für KFZ gibt, aber von einer generellen “auf Tempo 50 optimierten” Schaltung der Ampeln kann nach meiner Wahrnehmung keine Rede sein. Mir würden maximal zwei, drei Stellen einfallen, bei denen ich bei einem bestimmten Tempo einen Vorteil habe.
In anderen (den “richtigen”?) Städten gibt es sowas natürlich, einfach weil es Sinn macht für einen großen Anfall von bestimmten Verkehrsteilnehmern einer Sorte auch eine Optimierung einzurichten. Und solange es bezogen auf eine bestimmte Strecke pro Tag Tausende mehr an Autofahrern im Vergleich zu Radfahrern gibt, finde ich genau das auch richtig.
Hallo Sebastian!
Künstlich ausgebremst ist halt Ansichtssache. Ich könnte auch sagen, der MIV ist momentan künstlich beschleunigt, da für ihn 80 Jahre Infrastruktur prioritär auf Kosten der anderen Verkehrsarten gebaut wurde. Und z.B. Fußgänger*innen mit Schuldumkehr verboten wurde, die Fahrbahn zu nutzen.
Das mit dem “obwohl es schneller gehen sollte”-Erlebnis habe ich auf dem Fahrrad auch. Dank auf Tempo 50 optimierter Ampelschaltungen darf ich an nahezu jeder Ampel abbremsen und stehenbleiben. Und als Fußgänger erst! Wie viel Zeit ich an roten Fußgängerampeln stand, nicht zu sprechen von Bedarfsampeln! Und wenn eine Grünphase dann nicht mal ausreicht, um ganz auf die andere Seite zu kommen…
Hallo Thomas,
vierspurige Straßen werden aktuell Stück für Stück abgeschafft in dieser Stadt.
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Hallo Phipz,
Aussagen “für alle” zu treffen ist manchmal etwas zu allgemein. Nicht nur mich stresst es, wenn man künstlich gebremst wird, obwohl es schneller gehen sollte. Am Ende nur, um die systembedingten Nachteile des Sammeltransportes aufzuwiegen, indem der individuelle Verkehr bloß nicht so viel besser sein darf.
Eine Frage zum Schluss noch: Was ist für Sie “das Verkehrsleitsystem”, und was ändert sich durch langsameres Tempo dabei?
Die vierspurigen Straßen würde ich bei Tempo 50 (oder teilweise 60) belassen.
Bei allen anderen bin ich für Tempo 30.
T30 würde den Verkehrsfluss verbessern und ist einfach stressfreier für alle. Das wäre mein Hauptgrund…
Es ist für das Verkehrsleitsystem erheblich einfacher langsamere Fahrzeuge durch die Stadt zu leiten. Denke auch das man tatsächlich sogar mehr fahren und weniger stehen würde
Man denke da an Tetris 😏
Mal eine unbedachte Frage, ich wohne in einer 30ziger Zone und nur die anliegenden Hauptstraßen sind 50, also könnten die Siedlungen schon mit 30 ausgeschildert werden. Was das Ausschildern von Hauptstraßen flächendeckend mit 30 bringen soll ist fraglich und was noch nicht mal in dem Beispiel erfolgt ist.
>Und das Beispiel Utrecht, wo sogar Abschnitte von Hauptstraßen mit Tempo 30 belegt wurden, sei deutlich, sagte Dienberg am Mittwoch.<
Interessant ist dabei um wie viel Prozent es sich bei den Abschnitten handelt. Denn auch in Deutschland gibt es Hauptstraßen die in Abschnitten mit 30 Beschildert sind (siehe Schwarzwald).
Würde also auch gehen. Abschnittsweise.
Einfach mal ausprobieren und dann sehen, was herauskommt.
Ich vermute, es wird sich eine Besserung für Nichtautomobilisten einstellen.
> Denn das ist die Konsequenz, wenn man deine Thesen bis zu Ende denkt.
Das scheint mir eher der feuchte Traum der Leute zu sein, die zum “Parking day” ganz smart im Liegestuhl ihren Kaffee schlürfen, sich im “Stehzeug” auf dem Ring flanierend zeigen oder gern auch mal mit der Badenudel auf dem Gepäckträger die Straße entlangfahren.
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Oder kurz: ja natürlich gibt es Kontra, wenn die Argumente dünn sind!?
Für die Umwelt dürfte es nichts bringen, und für die erwähnten anderen Nervigkeiten mit dem Lärm beim Losfahren gibts jetzt schon Mittel und Wege. Abgesehen davon bringt ein neues Schild/Vorschrift gegen DIESE Art von Leuten auch bloß wenig.
@S.:
War ja klar, daß von der Seite wieder Kontra kommt, wenn dem alltäglichen automobilen Wahnsinn in unseren Siedlungen paroli geboten werden soll.
Aber okay: überredet.
Autos komplett raus aus unseren Wohngegenden, können dann irgendwo am Rand parken, und da läuft man dann hin.
Denn das ist die Konsequenz, wenn man deine Thesen bis zu Ende denkt.
Das mit dem Tempo 30 ist eher ein Kompromiß, den die Autofahrer mit all den anderen Bewohnern und ihren Bedürfnissen eingehen sollen.
Man will aber wie gewohnt von Seiten der Blech- und Bleifußfraktion ALLES — und wird am Ende gar nichts bekommen.
> die Dynamik dieser neuen kommunalen Bewegung ist ungebrochen.
Falls die Zahlen stimmen, gibt es laut Wikipedia in Deutschland über 10.000 Gemeinden und Städte. Das nur mal zur Relativierung der Aussage, dass “so viele!” Gemeinden ein generelles Tempo 30 möchten. Und ich möchte es auch nicht.
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> Aus Klimaschutzgründen übrigens genauso wie aus Emissions-[…] gründen.
Nein. Von den wenigen Elektroautos abgesehen, die es aktuell gibt, verbrauchen die allermeisten Autos mehr bei 30 km/h, als bei Tempo 50. Der Grund ist meist die Getriebeauslegung existierender Fahrzeuge, die zum Fahren im 2. Gang zwingt. Die stetig ausgebaute Behinderung des Verkehrsflusses in der Stadt tut das Übrige zur Erhöhung von Emissionen und Feinstaub.
Der Punkt der Sicherheit mag noch wirken, aber die verbesserte “Übersicht” halte ich für Quatsch. Hohe geparkte Fahrzeuge wie SUV oder die vielen Kastenfahrzeuge kosten mich als Fußgänger die Übersicht, nicht das Tempo der rollenden Fahrzeuge. Meine eigene Erfahrung ist auch, dass Fahrzeuge in Tempo-30-Gebieten enger beieinander fahren, wegen des geringeren Sicherheitsabstandes. Anders als auf normalen Straßen gibts da seltener eine Lücke zum Queren der Straße. Ich hab als Fußgänger also auch nichts davon.
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> Denn den tatsächlichen Verkehrslärm verursachen hoch beschleunigte Fahrzeuge
Die Nebenstraßen in den erwähnten Wohnquartieren haben oft Kopfsteinpflaster, was eine enorme Lärmquelle ist. Auch die Straßenbahn auf den Hauptstraßen erzeugt viel Lärm, egal ob es heulende Motorgetriebe sind, oder dröhnende Räder, und der pflanzt sich nicht nur 50 m weit fort in die Nebenstraßen.
Von einem Auto, was Tempo 50 fährt, geht wirklich unwesentlich mehr Geräusch aus als bei Tempo 30. Und was das “mit-Vollgas-anfahren” angeht, das nervt mich auch deutlich. Dies betrifft aber am Meisten Motorräder und hochgezüchtete Autos mit “Sport”Auspuff und so weiter. Ob die ihre Karre auf Tempo 30 oder 50 hochziehen, um sich toll zu fühlen, oder ob sie kurz auf 70 beschleunigen und gleich wieder bremsen, spielt keine Rolle für die akustische Belästigung an der Stelle.
Die, die es beim Anfahren knallen lassen wollen, tun es auch bei einem angeordneten Tempo 30. Dass es damit ein Ende hat, wenn wir überall nur noch langsam fahren dürfen, ist wahrscheinlich Quatsch.
Und den Belästigungseffekt durch “Posen”, also Angeben, könnte man meines Wissens nach auch heute schon polizeilich verfolgen. Es müsste nur mal damit begonnen werden, so wie in einigen westdeutschen Städten es ja schon passiert.