Sachsen tut sich unheimlich schwer beim Ausbau eines leistungsfähigen Radwegenetzes. Vor drei Jahren sorgten die Ankündigungen zur Schaffung eines Radschnellwegenetzes geradezu für ein verbales Feuerwerk. Aber mittlerweile geht das Ganze wieder seinen bürokratischen Gang. Und während es in Leipzig wenigstens schon konkrete Vorstellungen gibt - etwa zum Radschnellweg nach Halle – haben andere Regionen noch nicht einmal mit den Planungen begonnen, wie der Landtagsabgeordnete Marco Böhme jetzt feststellen kann.
Im Jahr 2018 wurde der Schlussbericht der Radschnellwegekonzeption für den Freistaat Sachsen verfasst. Bislang wurde der dazugehörende Bericht vom Verkehrsministerium zurückgehalten, kritisiert Marco Böhme, Parlamentarischer Geschäftsführer und Sprecher für Mobilität der Linksfraktion im Landtag, der trotzdem wissen wollte, wie der Stand bei der Schnellweg-Entwicklung tatsächlich ist.
Nach den Ursachen und dem aktuellen Stand zur Umsetzung von Radschnellverbindungen in Sachsen hat er sich deshalb in einer Kleinen Anfrage (Drucksache 7/8086) erkundigt.
Noch Jahre allein für die Planung?
„Drei Jahre nach Veröffentlichung der Radschnellwegekonzeption für Sachsen sind gerade einmal für fünf von elf Strecken Vorplanungsvereinbarungen getroffen worden. Das entspricht knapp 50 von 133 Kilometern Radschnellwege, die das Konzept empfohlen hat“, bilanziert Böhme das, was ihm Verkehrsminister Martin Dulig in der Antwort auf die Anfrage mitteilt.
„Für den Raum Dresden gibt es überhaupt noch keine Vereinbarungen, obwohl hier laut der Konzeption die größten Potenziale für Radschnellverbindungen gesehen werden. Bis die Planungsarbeiten abgeschlossen sind und mit dem Bau begonnen werden kann, werden noch weitere Jahre vergehen, ohne dass die Radschnellwege Realität werden.“
Es krankt bei der Personalkapazität
Aus Böhmes Sicht ist das ein Armutszeugnis für den Radverkehr und das Ziel des Koalitionsvertrags, bis 2025 den Anteil der in Sachsen mit dem Fahrrad zurückgelegten Wege zu verdoppeln. „Im Koalitionsvertrag wurden mehr Planungskapazitäten versprochen – nun muss die Staatsregierung zugeben: Es ‚bestehen insbesondere personelle Engpässe‘“, stellt Böhme fest.
„Dies ist schon seit langem bekannt und trotzdem tut das Land erst seit Mitte 2020 etwas, um die Kommunen bei der Planung zu unterstützen.“
Wobei hinter den schon vereinbarten Vorhaben eben auch das jeweilige kommunale Interesse sichtbar wird.
Es gibt schon eine Machbarkeitsstudie
Die Stadt Leipzig zum Beispiel hat sowohl für Schnellverbindungen nach Markranstädt als auch nach Markkleeberg und Taucha schon Planungsvereinbarungen abgeschlossen. Dazu kommt die so wichtige Schnellverbindung nach Halle, wo man sogar schon ein Stück weiter ist, wie das Verkehrsministerium bestätigt:
„Für den Korridor (Halle –) Schkeuditz – Leipzig liegt bereits eine Machbarkeitsstudie vor, die im Auftrag der Metropolregion Mitteldeutschland erstellt wurde. Vereinbarungen zum Beginn des nächstfolgenden Planungsschrittes sind erst nach Erlangung einer Zustimmung des Bundes und in Abstimmung mit dem Land Sachsen-Anhalt herbeizuführen.“
Und dann gibt es sogar noch eine weitere Linie, die aus Leipziger Sicht wichtig ist, die man aber erst einmal zurückgestellt das. Das SMWA dazu: „Bezüglich des Korridors Naunhof – Leipzig bat die Stadt Leipzig darum, dass dieser zugunsten der Priorisierung der vorgenannten Korridore vorläufig zurückgestellt wird.“
Böhme kritisiert: Verkehrswende sieht anders aus
Aber innerhalb der Radpolitik in Sachsen ist es nicht neu, dass allerenden die Planer/-innen fehlen. Das war ja sogar im Verkehrsministerium so. Und auch Leipzig hat erst spät und mit Druck aus dem Stadtrat die Planungskapazitäten für den Radverkehr ausgebaut. Das aber augenscheinlich doch noch früher als andere Kommunen, denen weiterhin das Personal fehlt, jetzt in intensivere Radverkehrsplanungen einzusteigen.
„Wir brauchen eine andere Prioritätensetzung in der Verkehrsplanung. Statt nach wie vor ein Großteil des Geldes und des Personals für die Planung und den Bau von Straßen einzusetzen, muss deutlich mehr Geld für die Radverkehrsplanung in die Hand genommen werden“, fordert Marco Böhme deshalb.
„Nicht mit dem Ausbau der A4, sondern nur mit einem dichten Netz an Fahrradautobahnen und Schienennetzen wird die notwendige Verkehrswende gelingen. Die Menschen im städtischen Umland brauchen endlich eine Alternative zum Pendeln mit dem Auto.“
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