Das Bewusstsein für umweltgerechte Mobilität wächst. Das zeigen auch die wachsenden Mitgliederzahlen in den sächsischen Regionalgruppen des ADFC. Zum Jahresende meldet der ADFC Sachsen einen neuen Höchststand bei den Mitgliedern – kann aber mit den schwammigen Versprechungen der Ampel-Koalition in Berlin so überhaupt nichts anfangen.
Den neuen Mitgliederrekord meldete der ADFC Sachsen am Montag, 27. Dezember. Im vergangenen Jahr stieg die Zahl der Mitglieder im sächsischen Landesverband des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) auf 8.500 an.Die größte Zahl seiner Mitglieder hat der ADFC Sachsen in Dresden mit inzwischen 4.800 und in Leipzig mit 2.000. Vor einem Jahr meldete der ADFC Leipzig noch 1.670. Auch in Chemnitz gibt es eine starke ADFC-Ortsgruppe mit knapp 600 Mitgliedern. ADFC Ortsgruppen gibt es außerdem in Bautzen, Freiberg, Görlitz, Radebeul, Zittau und Zwickau.
Aber es ist nicht nur der Freizeitspaß, der die Stadtbewohner zum Eintritt in den ADFC bewegt. Denn längst spüren sie im Alltag, dass die Mobilitätswende überall stockt, dass die existierenden Radwege ganz und gar nicht dazu einladen, den Alltag in der Großstadt, aber auch in Kleinstädten oder gar auf dem Land mit dem Rad zu bewältigen.
Es fehlt immer wieder an ausgebauten Radwegen. Oder die Radanlagen sind zu schmal bemessen, hören mitten auf der Hauptverkehrsstraße auf, enden in unübersichtlichen oder sogar brandgefährlichen Situationen, weil Verkehrsplaner die Stadt auch im Jahr 2021 noch immer aus der Autofahrerperspektive dachten. Ob sich das 2022 ändert, ist fraglich.
Mit deutlich über 700 Neueintritten wuchs der sächsische ADFC im Jahr 2021 um gut 9 Prozent. Der Fahrrad-Club ist damit einer der größten Vereine in ganz Sachsen und der am schnellsten wachsende Landesverband des ADFC.
Nutzlose Phantasieprojekte statt Radwegeausbau
„Immer mehr Menschen nutzen im Urlaub und für ihre Wege im Alltag das Fahrrad“, sagt Konrad Krause, Geschäftsführer des ADFC Sachsen. „Das ist ein sehr erfreulicher Trend, der durch Corona einen weiteren Schub bekommen hat. Weniger erfreulich hingegen ist die weitgehende Tatenlosigkeit, mit der viele Verkehrspolitiker den veränderten Mobilitätsbedürfnissen und Erwartungen in Sachsen gegenüberstehen. Der Ausbau des Radwegenetzes in den Städten kommt nur sehr zaghaft voran. Immer mehr Menschen warten auf eine Mobilitätspolitik, in der das Fahrrad eine wichtige Rolle spielt.“
Stattdessen priorisiere die Politik immer wieder relativ nutzlose Phantasieprojekte wie Flugtaxis, selbstfahrende Autos oder die Einführung einer ersten Klasse in der U-Bahn.
„Die wachsende Lücke zwischen Erwartungen und Realität ist der Grund, dass immer mehr Leute uns als vernünftige Stimme für das Fahrrad unterstützen“, sagt Krause.
Aus Sicht des Fahrradverbands ist auch der Koalitionsvertrag zwischen FDP, SPD und Grünen auf Bundesebene eine Enttäuschung: Weder eine Regelgeschwindigkeit von Tempo 30 innerorts hat sich die Koalition vorgenommen, noch eine engagierte Förderung des Fahrrads. Stattdessen seien seitenweise Versprechungen zusammengekommen, wie die Diesel-Pkw durch Elektroautos ersetzt werden können.
Doch die sogenannte Antriebswende werde unsere Verkehrsprobleme nicht lösen, findet auch Krause. „Verstopfte Städte, Parkplatzmangel und schwere Verkehrsunfälle wird es mit Elektroautos genauso geben wie bisher mit Diesel-Pkw. Doch immer mehr Menschen wünschen sich ein sicheres und lückenloses Radwegenetz.“ Der Bund könne das wichtige Thema der Verkehrswende nicht auf die Städte und Gemeinden abschieben.
Gerade bei beengten Straßenverhältnissen stelle sich immer wieder die Frage: „Parkplätze oder Radweg?“ Diese werde nur in den seltensten Fällen zugunsten des Radwegs beantwortet, weshalb der ADFC hier Verbesserungen in Regelwerken und StVO für überfällig hält.
Mit Blick auf mehrere tödliche Unfälle in den letzten Jahren findet Krause: „Es muss endlich Schluss sein mit halbherzigen Lösungen und Verzögerungen. Wir können mit dem Ausbau des Radwegenetzes nicht immer erst warten, bis wieder ein Radfahrer tödlich verunglückt ist.“
Auch 2022 werde mehr Tempo beim Radwegeausbau deshalb die erste Forderung des ADFC sein.
Der ADFC Sachsen
In den neun sächsischen Ortsgruppen des ADFC engagieren sich über 250 Menschen regelmäßig in ihrer Freizeit. Neben Radtouren und Serviceangeboten wie der Fahrradcodierung eint sie ihr Engagement für eine fahrradfreundliche Verkehrsplanung.
ADFC-Mitglieder profitieren außerdem von der ADFC-Pannenhilfe, die im Fall einer Havarie Rad und Fahrer unter die Arme greift und sie, sofern notwendig, bis zur nächsten Fahrradwerkstatt bringt.
Auch bundesweit setzt sich der ADFC für die Verkehrswende ein. Mit mehr als 200.000 Mitgliedern ist der Fahrradclub die größte Interessenvertretung der Radfahrerinnen und Radfahrer in Deutschland.
Er berät in allen Fragen rund ums Fahrrad: Recht, Technik und Tourismus. Politisch engagiert sich der ADFC auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene für die konsequente Förderung des Radverkehrs. An der Erarbeitung der StVO-Novelle, die viele Verbesserungen für radfahrende Verkehrsteilnehmer brachte, war der ADFC maßgeblich beteiligt.
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