Der Johannisplatz war auch 2015 Thema in unserem Radwegetest. Geändert hat sich an dieser Problemstelle seitdem nicht wirklich etwas. Und es wird sich auch nichts ändern, wenn die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) ihre jüngste Baustelle im Oktober beenden, die grundhafte Erneuerung der Gleisanlagen im Kreuzungsbereich Grimmaischer Steinweg/Johannisplatz. Dabei laufen hier die wichtigsten Radwege direkt aus der Innenstadt nach Osten. Radwege, die nicht für 7.000 Radfahrer/-innen am Tag ausgelegt sind.

Im Grimmaischen Steinweg zwar schon. Da sind die angelegten Radwege breit genug. Aber schon an der Nürnberger Straße hört „der Spaß“ auf.Ein Problem, das Dr. Christian Ganzer sehr bildhaft beschreibt:

„Vom Augustusplatz kommende Radfahrer, die in die Dresdner Straße wollen, werden durch die Radwegebenutzungspflicht ausgebremst und gefährdet. Sie müssen an zwei Ampeln warten (Querungen Nürnberger und Prager Straße), aber dazwischen gibt es zu wenig Aufstellfläche, oft behindern die wartenden Räder jene, die geradeaus in die Prager weiterfahren wollen.

Nach dem Queren der Prager wird es vollends chaotisch, weil dahinter eine komplexe Minikreuzung ist, auf der Räder mit Rädern und Fußgänger ungeregelt zusammenkommen: Die Fußgänger- und Radampel über die Dresdner ist nämlich gleichzeitig grün. Folge: Aus der Prager kommende, geradeaus fahrende Radfahrer kreuzen den Weg der vom Augustusplatz kommenden. Erstere geben Gas, um noch bei Grün über die Dresdner zu kommen, letztere erwarten keine ‚Störungen‘, weil sie gerade grün haben. Fußgänger laufen nach Querung der Prager über die Radwege, um es noch bei Grün über die Dresdner zu schaffen.“

Obwohl Leipzigs Verkehrsplaner die Zahlen kennen – die gezählten 7.000 Radfahrer/-innen stammen aus der Verkehrszählung 2018 – haben sie bislang keine Lösung für die viel zu eng gebaute Radweg-Kreuzung vorgelegt. Denn das ist sie ja. Wobei die Zahl 7.000 auch längst überholt sein dürfte, gerade im Gefolge der in der Dresdner Straße mit so viel Widerstand neu aufgetragenen Radstreifen.

Während der KfZ-Verkehr aus dem Grimmaischen Steinweg direkt in die Dresdner Straße geführt wird, werden Radfahrer/-innen hier geradezu an den Rand gedrängt und über eine Umleitung zur Dresdner Straße geführt, die schon bei normalem Verkehrsaufkommen an der Ecke Nürnberger / Prager Straße zu Überlastungen führt. Das Problem ist dabei wohl eher nicht die zu kleine Aufstellfläche vorm „Katzentempel“, sondern die Wegeführung für die Radfahrer, die hier nicht direkt, sondern im Umweg geführt werden und zwangsläufig nach Überqueren der Prager Straße mit den Radfahrern kollidieren, die von Osten kommen. Während die logische Lösung einer direkteren Führung zur Dresdner Straße fehlt.

Hier wurde beim Umbau des Johannisplatzes die Lösung einer wirklich belastbaren Hauptroute für den Radverkehr nicht gefunden.

Und im Grunde korrespondiert die Nicht-Lösung mit der am Augustusplatz selbst, wo man es ebenso nicht geschafft hat, sichere breite Wegeführungen für alle Richtungen für den Radverkehr zu schaffen, ganz so, als wäre es schlicht unvorstellbar, dass so viele Leipziger/-innen jeden Tag die Innenstadt mit ihrem Rad anpeilen oder durchqueren. So gesehen ist der Johannisplatz nur die Fortsetzung der ungelösten Probleme am Promenadenring.

Vom Augustusplatz selbst zu schweigen, auf dem schon bei seiner Neugestaltung ein möglicher Radverkehr völlig ausgeblendet wurde, sodass die Querung des Platzes und die Kreuzung mit der Goethestraße eher Zumutungen sind – mit etlichen künstlerischen (bitte nicht korrigieren: Der Platz gilt als Kunstobjekt!) Hindernissen, die zeigen, dass auch die Jurys seinerzeit, die diese Platzgestaltung befürworteten, völlig geschlafen haben müssen. Oder eben keine Radfahrer waren.

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Es gibt 5 Kommentare

@Ralf Julke: es wäre in der Tat recht hilfreich, würde man eine maßstäbliche Skizze der Situation dem Artikel beifügen.!
Viele der genannten Probleme zeigen sich dann nämlich sofort, bzw lassen sich besser mit weniger Worten erklären.

Zwischen Augustusplatz und Johannisplatz gibt es so viele “provisorisch” neu gebaute Ecken.

Ich möchte da nur die vielen Bordsteinkanten, Schienen und Stadtmöbel auf dem Augustusplatz anführen, wenn man von Osten den Ring querend zur MB abbiegen will. Klarer Fall von misslungener Mischnutzung aufgrund zu vielen Verkehrs.

@JB
So eine Stelle gibt es an der Prager Straße stadtauswärts, Höhe Chemnitzer Straße. Dort ist nur eine Fahrradspur vorhanden, die aber auch geradeaus grün erhält. wenn die Ampel dann erlaubt. Es muss also keine weitere Fahrradspur sein.

Der Augustusplatz ist sicher nicht die gefährlichste Stelle, aber durchaus wichtig, da sehr stark befahren.
Allein beim Radübergang mit seinen Schienen-Schützengräben leide ich mit meinem Rad mit.
Eine realisierte Idee, wie ich durch die Stadt komme, und wo ich dann lang fahren darf und kann, gibt es nicht.
Die Querung von Ost / West ist adäquat nicht möglich, außer ich fahre einen Riesenumweg.
Zusätzlich muss man sich vorsichtig durch Fußgänger jonglieren, etliche Kfz-Wege überfahren, durch kleine Beetwege vor dem Gewandhaus schlängeln, und und und. Da hat niemand mitgedacht. Oder wollte nicht. Vorsätzlich könnte man meinen.

Ich fahre durchaus respektvoll und mit Rücksicht.
Aber die in der Serie aufgeführten Stellen sind zum überwiegenden Teil große Fehlleistungen der Stadtplaner.
Oder eben aber nicht gewollt.

“Während der KfZ-Verkehr aus dem Grimmaischen Steinweg direkt in die Dresdner Straße geführt wird, werden Radfahrer/-innen hier geradezu an den Rand gedrängt und über eine Umleitung zur Dresdner Straße geführt,”

Es wird also eine direkte Führung des Radverkehrs gewünscht, was eine sogenannte “Fahrradweiche” bedeuten würde (ein Fahrradstreifen zwischen Geradeaus- und Rechtsabbiegerspur).

Der aktuelle Zustand ist nicht befriedigend, aber das soll besser sein? Bei der schieren Masse an Rechtsabbiegern in die Prager Straße, die den eigenen Radstreifen kreuzen müssten? Das sollte am besten illustriert werden, damit sich alle Leser vorstellen können was dieser Vorschlag bedeuten würde.

Ich bin definitiv nicht ängstlich auf dem Fahrrad, aber so würde ich mich nicht wagen dort Fahrrad zu fahren!

Aus Fußgängerperspektive: Die Stelle direkt vorm “Katzentempel” geht ja noch…so furchtbar schlimm ist es noch nicht mit “Aufstellfläche”. Richtig lustig wird es nämlich, wenn Fußgänger und Radfahrer Grün haben und sich nordwärts bewegen, d.h. erstmal die Prager Straße queren…

Es kreuzen sich massiv die Radfahrer, die rechts auf den Radweg Richtung Grassimuseum (und dann Täubchenweg oder Dresdner Straße) einbiegen wollen, mit den Fußgängern, die die Autostraße Ri. Reudnitz geradeaus queren wollen, um z.B. zur LVB-Haltestelle zu gelangen.

Das ist vom Verkehrsamt topologisch kompletter Murks. Da nützt es nicht einmal, wenn die Radfahrer sich auf ihrer Radspur halten würden (was sie auch nicht einmal machen). Das ist mathematisch unlösbar.

Übrigens: topologischer Murks auch auf dem Augustusplatz, wo es nur 1(!) halbwegs sicheren Weg gibt, aus der Grimmaischen Straße (vom Einkaufen) kommend auf eine der beiden LVB-Haltestellen (die auf der Mittelfahrbahn) zu gelangen. Unter “halbwegs sicher” verstehe ich, dass man den heranbretternden Autoverkehr von weitem schon sehen kann. Hier: erst die westliche Kurve der Goethestraße und dann die nördliche Kurve vor der Tiefgarageneinfahrt queren. Die nördliche Mittelfahrbahn (vor der Oper) ist am schwersten zu queren, da brettert immer irgendjemand lang. Der Lolli mit der 20 ist rein dekorativ.

(Btw: Seit Jahrzehnten wird nur getuschelt, dass man gar nicht an der bekannten Tiefgaragenzufahrt vorbeifahren darf. Man könnte zwischen westlicher Einfahrt und östlicher Ausfahrt ein Mäuerchen bauen. Psst!)

Zum letzten Absatz: Was mache ich als Radfahrer, mal wieder seit vielen Jahren in dieser Stadt, eigentlich falsch, dass ich die Probleme manch anderer nicht sehe? Man kommt doch prima über den Augustusplatz, was soll da noch groß extra für Radler angelegt werden? Muss man es immer so verkopft und kompliziert machen?

Die vom Hauptthema her behandelte Stelle des Artikels, der Johannisplatz, ist wirklich nicht so schön gemacht. Da kommen an manchen Zeiten zu viele Leute aufeinander. Ich fand immer, dass es eigentlich geht, wenn man eben nicht “Gas” (eher Pedaldrehmoment…) gibt, sondern umsichtig fährt und guckt was los ist. Wenige machen das dort. Wahrscheinlich ist es auch anders für die Leute, die dort täglich vorbeikommen und deswegen eine kürzere Reißleine ihrer Nerven haben.

Worauf man sich bei steigenden Radnutzerzahlen auch einstellen kann: Nicht jeder wird bei einer Grünphase über die Kreuzung kommen. Selbes Thema wie bei den Autos – dafür gibt es Rotblitzer. Weil man WILL es natürlich gefühlt “schnell noch” trotzdem schaffen.
Viele Aufstellflächen könnten sicher größer gestaltet werden, aber man kann sich von seinen bequemen Gewohnheiten dennoch in dieser Hinsicht verabschieden, wenn es mehr Radkonzentration gibt und es nicht mehr an jeder Ampel in einem Schwung klappt.

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