Über den Triftweg in Marienbrunn als Teil des „HauptnetzRad“ wären wir so schnell nicht gestolpert. Aber es stimmt: Er gehört tatsächlich dazu. In der Kategorie IR IV führt er von der Zwickauer Straße in großem Bogen und immer schmaler werdend bis zur Connewitzer Straße – anfangs als breite Anliegerstraße, zuletzt als Fuß- und Radweg. Wobei das letzte Stück nicht das Problem ist.

Das Problem ist der Teil mit den großen Wohnblöcken gleich ab der Zwickauer Straße. „Hier ist es aufgrund der parkenden Autos so eng, dass eigentlich ein Überholen durch Autos nicht möglich ist. Trotzdem wird es gemacht und der Sicherheitsabstand null eingehalten. Täglich!“, lautet die Wortmeldung direkt aus dem eigentlich beliebten Wohnquartier.

„Der Radweg auf dem Fußweg auf beiden Seiten ist nicht benutzbar und als solcher auch nicht ausgeschildert. Ergo, ich bin als Radfahrer verpflichtet, auf der Straße zu fahren.“Man landet unverhofft wieder in den Vorstellungen des 20. Jahrhunderts, in denen gebaute Radwege durchaus da und dort zum Standard gehörten und auch kaum ein Problem darstellten, da der Autobesitz in Leipzig so gering war, dass von zugeparkten Straßen keine Rede sein konnte. Ergebnis sind die Hochbordradwege, die man nicht nur im Triftweg findet, sondern auch in der Zwickauer Straße.

Und dem Verkehrsdezernat ist durchaus bewusst, wie problematisch diese in der Regel auch viel zu schmalen Radwege sind. Die Radfahrer/-innen sind dann zwar nicht auf der Straße. Das suggeriert einerseits Sicherheit. Andererseits trügt diese Sicherheit, denn dafür bekommt man es oft mit sich unverhofft öffnenden Autotüren zu tun. Und gerade an den Kreuzungen, wo den abbiegenden Autofahrern durch die geparkten Fahrzeuge meist die Sicht genommen ist, gerät man als Radfahrer in hochgefährliche Situationen.

Deswegen hat das zuständige Amt an den meisten dieser Radwege die Radwegbenutzungspflicht aufgehoben. An der Zwickauer Straße gibt es zumindest inzwischen auch fertige Planungen, hier das komplette Stück zwischen Probstheidaer Straße und Triftweg mit Radfahrstreifen auszustatten, die Radfahrer also herunterzuholen vom Radweg (auf dem sie hier noch fahren müssen) und sie auf der durchaus breiten Straße für die Kraftfahrer sichtbar zu machen.

Umgesetzt werden sollte es nach einer Auskunft des Planungsdezernats im Stadtrat in den Jahren 2021/2022.

Radfahrer im Triftweg. Foto: privat
Radfahrer im Triftweg. Foto: privat

Der Triftweg selbst leidet noch darunter, dass die Straße selbst tatsächlich zu schmal (geworden) ist, um sowohl rechts und links parkende Pkw aufzunehmen als auch noch sichere Überholvorgänge von dort fahrenden Radfahrer/-innen zu ermöglichen. Und das zitierte Stimmungsbild zeigt durchaus, dass motorisierte Zeitgenossen nicht unbedingt bereit sind, ihre Jahrzehnte lang erlebte Straßendominanz zurückzunehmen und schwächeren Verkehrsteilnehmern genug Raum zu lassen, sich auf der Fahrbahn fortzubewegen.

Vielleicht auch, weil sie davon ausgehen, dass es – hinter den parkenden Autos – ja noch die alten Radwege gibt. Der Triftweg zeigt recht exemplarisch, dass das Problem eines sicheren Fahrens im HauptnetzRad schon längst auch die meist dicht zugeparkten Anliegerstraßen betrifft. Im Sofortprogramm zum Radverkehr sind zwar auch viel mehr Information und Kommunikation vorgesehen. Aber in diesem Problemfeld ist bislang noch nichts dazu zu sehen.

Der alte schmale Radweg im Triftweg hinter den geparkten Autos. Foto: privat
Der alte schmale Radweg im Triftweg hinter den geparkten Autos. Foto: privat

Natürlich drängt sich hier – ganz ähnlich wie in der jüngst besprochenen Riesaer Straße – eine gründliche Umwidmung des Straßenraumes auf – mit Radfahrstreifen auf der Fahrbahn und Stellplätzen, die zum Teil auf die alten Radwege verlegt werden.

Denn die Unsicherheit entsteht nun einmal daraus, dass eine klare Zuteilung von Verkehrsraum fehlt und einige Zeitgenossen dann auch meinen, dass sie dann auf die schwächeren Verkehrsteilnehmer keine besondere Rücksicht nehmen müssen.

Denn geistig sind alle Beteiligten noch immer in einer sich schon sehr lang hinziehenden Übergangsphase, in der manche am Gewohnten festhalten und die Veränderungen erst akzeptieren, wenn sie auch vor ihnen auf den Asphalt gemalt sind.

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Es gibt 4 Kommentare

@Stefan
Hier wurde eine eher gut erhaltene Stelle des ehemaligen Radwegs fotografiert. Insgesamt ist die Qualität der Oberfläche im Vergleich zur Straße sehr schlecht. Und die Probleme, die durch sich öffnende Autotüren und an Kreuzungen entstehen, wurden im Artikel bereits geschildert.

Bis eine neue bauliche Lösung für solche und ähnliche Situationen geschaffen wird, könnte zumindest das in der novellierten StVO vorgesehene Schild “Überholverbot einspuriger Fahrzeuge” den Autofahrenden signalisieren, dass im gesamten Wohngebiet ein StVO-konformes Überholen von Radfahrenden nicht möglich ist.

Und ja, der Triftweg wird leider durchaus nicht nur von Anwohnern genutzt, insbesondere wenn im Umfeld Bauarbeiten stattfinden und durch Marienbrunn “abgekürzt” wird. Eine Quartierslösung mit Einbahnstraßen für das gesamte Viertel Marienbrunn wäre sinnvoll und mehr als wünschenswert.

Dieser Rest eines Radweges erinnert an die Gregor-Fuchs-Straße in AC. Der war auch nicht mehr sinnvoll nutzbar, auch nicht beschildert und wurde dann neu gedeckt, um Autos halb drauf parken lassen zu können. Dann wurde mehr Platz auf der Straße, sodass auf der anderen Seite auch Autos parken dürfen.
Weiterhin soll das Mehr an Platz für einen Quartiersbus verwendet werden.
‘Als Nebenstraße’ wurde gesagt, ‘ist ein separater Radweg eh nicht sinnvoll’. Und das macht Sinn, denn im Wohnquartier mit Tempo 30 benötige ich keine separaten Radspuren.
Respekt und Rücksicht sorgen für ein vernünftiges Miteinander.

Und ACHTUNG:
Am 18.9. fährt ab Mittag tatsächlich ein Quartiersbus zum Kennenlernen durch AC: Köhlerstraße S-Bahnhof. Der SBB hat das organisiert. Die Haltestellen sind schon mit Parkverbotsschildern versehen…ich bin gespannt.

@Stefan
Der abfotografierte Radweg ist kein Radweg, weil – so hab ich den Text verstanden – er nicht von Radfahrern benutzt werden darf, da er nicht mit einem blauen Lolli-Schild dafür freigegeben ist. Wenn Sie dort entlangrollten, würden Sie eine Ordnungswidrigkeit begehen.
Abseits davon ist der Unterschied in der Qualität des Belags zwischen Fahrbahn und Gehweg/ ehemaliger Radweg doch gut zu erkennen. Das die Qualität der Leipziger Radwege / Straßen manchmal ebenfalls schlecht ist, ist kein Argument, nicht bessere Verhältnisse anzustreben.

Bei den letzten beiden Absätzen stimme ich zu. Schön prekär auch im Kollonadenviertel zu beobachten, dem mehr Einbahnstraßen gut tun würden.

Was, bitte, ist an dem abfotografierten Radweg nicht benutzbar? Sieht ähnlich abgelebt aus wie die Radwege in der Windmühlenstraße Nähe Bayrischer Platz.

Für Leipziger Verhältnisse ist das geradezu gehobener Standard. Wenn die Rennrüpel solche Radwege allerdings als “nicht benutzbar” erachten, wäre mir das sehr recht; denn dann kann ich friedlich dort entlangrollen. (Es versteht sich, dass man den sechsten Sinn für Beifahrertüren trainiert haben muss.)

Wird der Triftweg als Durchfahrtsrennstrecke benutzt? Würde mich bei dem speziellen Humor des Leipzigier Verkehrsamts nicht wundern, grundsätzlich keine Wohngebiete mit “Nur für Anlieger” auszuweisen und – O Teufel, bewahre! – keinesfalls ein Einbahnstraßensystem zu installieren.

Gerade neulich in Frankfurt am Main in einem Wohnquartier (nicht in der Innenstadt) gesehen, wie gut so ein Einbahnstraßensystem für den Fußverkehr funktioniert. Will man in Leipzig nicht wahrhaben, denn in Leipzig weiß man alles besser, auch wenn man es überhaupt nicht besser kann. Da muss man die Dilettanten der Verkehrsplanung eben ertragen.

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