Elektro-Autos werden zwar nach und nach etwas umweltfreundlicher. Aber sie sind nicht wirklich die Verkehrslösung für eine Stadt wie Leipzig, wo heute schon die Stellplätze knapp sind. Für manchen Liebhaber der Elektromobilität wäre ein Pedelec oder ein batterieunterstütztes Lastenrad daher viel praktischer. Aber mal abgesehen von der miserablen Radwegesituation: Wo kann man die Räder eigentlich auftanken?
Das wollte die Fraktion von Bündnis 90 / Die Grünen gern wissen. Denn an der Stelle könnte eine Stadt wie Leipzig eine Menge tun, um die Verkehrswende in der Stadt zu forcieren.„Elektrisch betriebene Fahrräder gehören zur Elektromobilität, die mit Ökostrom und eigener Kraft Emissionen mindert, Alternative zu PKW-Kurzstrecken bietet und nachhaltige Mobilität bis hin zum möglichen (Klein-)Lastentransport schadstoff- und lärmarm ermöglicht“, stellte die Grünen-Fraktion in ihrer Anfrage fest und verwies darauf, dass sie zur Förderung dieser Elektromobilität in Verbindung mit den vielfältigen Vorteilen des Radverkehrs bereits zum Haushaltsbeschluss für 2020/2021 erfolgreich jeweils 50.000 Euro pro Jahr beantragt hatte, durch die endlich Infrastrukturen zum Laden der Räder bzw. der Batterien, offen erreichbar oder auch regensicher und abschließbar, durch die Stadt oder Private angeregt und mit gefördert werden könnten.
„Zugleich hatten wir vielfältige Anregungen zu anwendungsfreundlichen baulichen Lösungen aus anderen Regionen gegeben und auch darauf hingewiesen, dass eigene städtische Anlagen den Vorteil hätten, selbst werbewirksam auf städtische Klimaschutzziele und z. B. touristisch attraktive Radrouten hinweisen zu können“, betont die Fraktion nun. „Unsere Nachfragen zur Umsetzung wurden bisher leider noch nicht positiv beantwortet und auch durch Private wurden erst wenige Angebote in Leipzig ermöglicht.“
Aktuell hat die Stadt nun aber „E-Bike-Ladestationen: Förderung durch Stadt für Unternehmen möglich“ über das Amt für Wirtschaftsförderung ausgeschrieben. Da heißt es: „… Interessierte Unternehmen können sich unter www.leipzig.de informieren und ihr Interesse bis zum 11. Juli 2021 per Fragebogen bekunden …“
Die Einladung ging Ende Juni raus. Aber bis zum 11. Juli scheinen die Interessenbekundungen doch zu gering gewesen zu sein, die Aktion wurde bis zum 1. August verlängert.
Aber inzwischen hat auch das Dezernat Wirtschaft, Arbeit und Digitales den Fragenkatalog der Grünen beantwortet.
Und die Mittel sind tatsächlich eingeplant und auch teilweise schon vertraglich gebunden. Schon im Doppelhaushalt 2019/2020 standen 100.000 Euro zur Verfügung, die auch nicht ausgegeben wurden. Die mit dem Haushaltsbeschluss für 2021/22 bereitgestellten 100.000 Euro kämen noch obendrauf.
61.000 Euro, so das Wirtschaftsdezernat, sind zur Förderung von Unternehmen bereits gebunden. Weitere 4.000 Euro wurden für eine Kurzstudie zu möglichen Standorten für E-Bike-Ladestationen ausgegeben. Die noch verfügbaren 135.000 Euro plant das Amt für Wirtschaftsförderung an Unternehmen auszureichen, die eine E-Bike-Ladestation beschaffen und betreiben wollen.
Selbst wird die Kommune keine E-Bike-Stationen bauen. Das will sie eher über die städtischen Betriebe machen lassen: „Von städtischen Beteiligungsunternehmen, die Touristen oder Veranstaltungsbesucher anziehen, werden Zoo und Messe eine öffentliche E-Bike-Ladestation mit städtischer Förderung beschaffen und betreiben. Bei anderen Einrichtungen von touristischem Interesse stehen räumliche Beschränkungen oder solche des Denkmal- oder Brandschutzes einem Aufbau von Ladeinfrastruktur entgegen.“
Und die anderen?
„Die Beteiligungsunternehmen ALL, AVL, ARL, bbvl, DOK, SBWL, SAH, LWB und VWA haben und planen keine E-Bike-Ladestationen. Die LESG und St. Georg haben Lademöglichkeiten für E-Bikes von Mitarbeitern. Lecos prüft diese Möglichkeit. Die SWL unterstützen im privatwirtschaftlichen Bereich auf Kundenwunsch, verweisen für den kommunalen Ausbau auf die Erforderlichkeit einer ausführlichen Kosten-Nutzen-Analyse. Dieses Erfordernis gilt grundsätzlich für eine öffentliche E-Bike-Ladeinfrastuktur der Stadt oder städtischer Beteiligungen.“
Das ist dann wieder typisch Leipzig. Erst einmal müssen genug E-Biker da sein, dann gibt es eine Ladestation. Ein Interesse am E-Biken zu erzeugen, indem man Ladestationen schafft, scheint aus dieser Kosten-Nutzen-Sicht nicht denkbar.
„Werden konzeptionell sowohl Lademöglichkeiten für Räder als auch Batterien, offen und abschließbar sowie für den Platzbedarf von Lastenrädern mit betrachtet und gefördert?“, wollten die Grünen noch wissen und bekamen darauf eine mehr als ausweichende Antwort: „Die angefragten Varianten werden bei der Förderung von kommunalen und privaten Betrieben konzeptionell mitbetrachtet und gefördert. Messe und Zoo errichten gesicherte Ladeschränke. Bei der Förderung wird auch geprüft, ob genug Platz für sicheres Parken des Rads mit Fahrradbügeln vorhanden ist. Die Förderung richtet sich jedoch nicht vorrangig auf lokal genutzte E-Lastenräder, sondern auf touristisch genutzte E-Fahrräder.“
Zoo und Messe haben also einen Plan, die Stadt selbst überhaupt nicht.
Das ist also noch Neuland, wie man neuerdings so schön sagt. Während die Stadt beim Thema Lastenrard schon ein bisschen Vorlauf hat und inzwischen weiß, worum es geht. Am 5. August wurde ja der erste Stellplatz für Lastenfahrräder in Betrieb genommen.
Was dann schon mal die erste Antwort auf die entsprechende Frage der Grünen war: „Welche Maßnahmen plant die Stadt in eigener Regie zur Verbesserung sicherer Abstell-/Anschließmöglichkeiten auch für Lastenräder?“
Das soll durchaus noch mehr werden, teilt das Wirtschaftsdezernat mit:
„Die Stadt Leipzig stellt jährlich 300–400 neue Fahrradbügel im öffentlichen Raum auf. Diese können grundsätzlich nur von Fahrrädern bis zu einer Länge von ca. 2 m genutzt werden. Um dem besonderen Platzbedarf von Lastenrädern gerecht zu werden, werden ab diesem Jahr erste spezielle Stellplätze für Lastenräder in Leipzig angeordnet. Diese können auch auf bisherigen Stellplätzen für Kfz eingerichtet werden und sind durch ein neues, spezielles Verkehrsschild der StVO gekennzeichnet.
Zudem wird dabei eine spezielle, verkürzte Form des Leipziger Fahrradbügels mit Querholm zum sicheren Anschließen von Lastenrädern getestet. Darüber hinaus kooperiert das Verkehrs- und Tiefbauamt als Projektpartner im Forschungsprojekt des Nationalen Radverkehrsplans ALADIN mit der FH Erfurt, um verschiedene Möglichkeiten des Abstellens von Lastenrädern zu eruieren. Der angestrebte Projektschluss ist für das 4. Quartal 2021 vorgesehen.“
Da kann man gespannt sein, was im Radverkehrsentwicklungsplan alles stehen wird, wenn er denn endlich mal öffentlich wird.
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Es gibt 4 Kommentare
Soweit ich weiß wird noch nicht einmal DienstFahrradLeasing von städtischen/kommunalen Unternehmen angeboten. Beim größten Wohnungsanbieter v.L. weiß ich es genau 😔
Es wird sich noch nicht einmal damit beschäftigt, bzw versucht eventuelle Vorzüge und Einsparungen zu generieren…
Öffentliche Ladestationen könnten m.M.n. schon interessant sein, unter gewissen Vorraussetzungen natürlich 😉
Wie im Artikel erwähnt, bedeutet öffentlich auch vom Arbeitgeber gestellt, gesicherte Abstellflächen in Bahnhöfen für Pendler, in der Nähe von Außengastronomie für Touristen usw
Ich denke auch, dass eigentlich keiner eine öffentliche Ladestation für E-Bikes braucht, da lädt frau/man doch zu Hause. Selbst Touristen könnten im Hotel laden.
Schön gedacht aber nutzlos.
Also nachdem ich erst letztens durch versuchten Diebstahl nun schon seit Wochen auf mein Fahrrad verzichten muss, weil die beschädigten bzw entwendeten (aber leider notwendigen) Teile derzeit nicht beschaffbar sind, würde ich niemals auf die Idee kommen ein E-Bike samt Akku zum Laden öffentlich zugänglich abzustellen.
Das grenzt ja in Leipzig schon fast an mutwillige Anstiftung zum Diebstahl(versuch).
Ansonsten gebe ich @cx vollkommen recht.
Nichts gegen E-Biker, aber wer es mit dem E-Bike nicht schafft, mit einer Akkuladung einmal quer durch Leipzig und zurück zu fahren, hat entweder ein steinaltes Gerät oder fährt mutwillig nur im Powermodus. Warum soll der Steuerzahler so einen Quatsch bezahlen – hier ist doch nicht Stuttgart??
Super Idee. Sein 5000€ Vehikel unbeaufsichtigt stundenlang an einer Ladesäule stehen lassen? Das macht doch niemand, der seine fünf Sinne beisammen hat.
Und dann gleich die Kronkorkensammelbehälter integrieren. Gibt es wirklich keine wesentlicheren Themen für das Sommerloch bei der Grünen Fraktion?