Seit einiger Zeit sorgen die Geschwindigkeitskontrollen des Leipziger Ordnungsamtes für einigen Ärger. Mal meinte das Ordnungsamt, es müsste die Aufstellung der Blitzer unbedingt in der Presse veröffentlichen. Dann wieder fand es recht seltsame Erklärungen dafür, warum die Toleranzen der Blitzgeräte schon von vornherein höher eingestellt sind. Für Christoph Meißner, den das Thema beschäftigt, jetzt ein Grund, dem Ordnungsamt regelrecht die Leviten zu lesen.
Denn in der Antwort des Ordnungsamtes vom 24. Februar sieht er sich ganz bewusst missverstanden. Da wollte er wissen, mit welche Toleranzen das Ordnungsamt im Regelfall misst. Diese Toleranzen sind durchaus üblich.Aber das Ordnungsamt antwortete: „Die Messgeräte der kommunalen Verkehrsüberwachung der Stadt Leipzig sind mit einem Auslösewert von 11 km/h vor Abzug der obligatorischen Toleranz von 3 km/h eingestellt. Ausnahme bilden Messungen in verkehrsberuhigten Bereichen, hier beträgt der Auslösewert 8 km/h vor Toleranzabzug. Ermessensentscheidungen hinsichtlich der Toleranzzugaben erfolgen durch die einzelnen Messbediensteten darüber hinaus nicht.“
Aus Meißners Sicht war das keine Antwort auf seine Frage: „Mit welchen Toleranzen bzw. Messschwellwerten wird im Regelfall in der kommunalen Verkehrsüberwachung jeweils bei stationären, teilstationärer und mobiler Geschwindigkeitsmessungen in Leipzig gemessen, und wie ist dies im OA konkret bestimmt (gibt es dazu eine allgemeine Dienstanweisung oder liegt dies im jeweils einzelnen Ermessen der messenden Beamten)?“
„Stattdessen wurde von der Verwaltung eine Intention unterstellt, die aus der Frage objektiv nicht zu begründen ist (eine mögliche Ermessensreduktion auf Null war nicht Gegenstand der Frage) und gegen diese argumentiert, statt die eigentliche Frage zu beantworten“, stellt er jetzt in seiner nachfolgenden Anfrage fest. Und nicht nur das ärgert ihn.
„Auch stelle ich fest, dass die Antwort der Frage nach der sachlichen Begründung der Entscheidung nach (vgl. § 39 VwVfG ) nicht die rechtliche Grundlage von Ermessensentscheidungen selbst ist, zumal dies bereits ganz klar aus der Frage als bekannt hervorging“, schreibt Meißner.
„In Antwort zu Teilfrage 1 wurde von der Verwaltung mitgeteilt, dass durch die kommunale Verkehrsüberwachung in Leipzig statt der in Anlage 1 zu Großbuchstabe D, Nr. 5 b) der VwV VKÜ erforderlichen Mindestübertretung (soll) von 8 km/h hinausgehend, 11 km/h als Auslösewert (jeweils vor Abzug von 3 km/h Messtoleranz) angewendet werden. Weiterhin ist der Antwort zu Teilfrage 1 zu entnehmen, dass dies pauschal durch die Programmierung der Messgeräte ohne konkrete Einzelfallprüfung der Messbediensteten vor Ort passiert und diesen vor Ort auch kein situationsbedingter Ermessensspielraum im zu prüfenden Einzelfall ermöglicht wird.
Ich stelle zudem fest, dass die in der Antwort zu Teilfrage 2 als Legitimation dieser Vorgehensweise der Behörde in Leipzig herangezogene Antwort des Staatsminister Wöller in der Antwort zur Drs.-Nr.: 7/3977 eine Abweichung im Einzelfall aber nicht die Darstellung der Behörde stützt. Das Gegenteil ist der Fall, denn es wird von Wöller klar beantwortet: ,Die Festlegung von Toleranzwerten bei Geschwindigkeitsverstößen erfolgt durch den Polizeivollzugsdienst im jeweiligen Einzelfall unter Berücksichtigung der Zielrichtung und Schwerpunktsetzung entsprechend der geltenden Rechtslage.‘
Im konkreten Fall der Kleinen Anfrage ist dies begründet durch ein Auswahlermessen im Einzelfall durch die Polizeivollzugsbeamten vor Ort bei einer Anhaltekontrolle; die pauschale Programmierung auf einen abweichenden von der VwV VKÜ abzuleitenden hinausgehenden Auslösewert der Messgeräte der Stadt Leipzig hingegen sind keine Einzelfälle, sondern eine Grundsatzentscheidung. Die Verwaltung selbst teilt hierzu in Antwort zu Teilfrage 1 mit: ,Ermessensentscheidungen hinsichtlich der Toleranzzugaben erfolgen durch die einzelnen Messbediensteten darüber hinaus nicht.‘ Es ist fraglich, inwiefern es sich bei der pauschalen Nichtauslösung der Geschwindigkeitsmessgeräte überhaupt um eine Einstellung nach der von der in der Antwort bemühten Vorschrift § 47 OwiG handeln kann.“
Was ja zumindest mutmaßen lässt, dass Leipzigs Ordnungsbehörde hier einfach eine zusätzliche Toleranz vorgibt, die ein Einhalten der Richtgeschwindigkeit suggeriert, das gar nicht gegeben ist. Denn 8 km/h Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit sind nun einmal etwas anders als nur 3 km/h. Will die Stadt lieber möglichst wenige Geschwindigkeitsverstöße feststellen? Und lieber möglichst wenige Bußgeldbescheide ausstellen? Oder will das Ordnungsamt einfach auf Nummer Sicher gehen und nur die „richtigen Raser“ erwischen?
Alles Fragen, die Meißner weiter beschäftigen. Weshalb er jetzt sein neues Bündel Fragen an die Verwaltung formuliert.
„Ungeachtet dessen spielen diese Nebenbetrachtungen in der Beantwortung meiner ursprünglichen Frage keine Rolle, denn diese lautet (angepasst an die zwischenzeitliche Antwort zu Teilfrage 1):
1. Welche sachlichen Gründe fanden Eingang die konkrete Auswahl der pauschalen Auslösegeschwindigkeit von +11 km/h (statt z.B. 8 km/h, 9 km/h, 10 km/h, 12 km/h oder ein höherer Wert) in der Geräteeinstellung der komm. VKÜ zum Ausüben des pflichtgemäßen Ermessens in Form des Entschließungsermessens als Ausfluss des Opportunitätsprinzips nach § 47 OwiG hierdurch pauschal und die dadurch durch technischen Ausschluss nicht zur Anwendung kommenden Verwarngeldbereiche 1 (Übertretungen bis 10 km/h, lfd. Nummern 11.1.1, 11.2.1 und 11.3.1) nach BKatV nicht durchzusetzen?
2. Welche Erkenntnisse liegen der Stadt über den Zusammenhang von Geschwindigkeit, Anhalte- und Bremsweg sowie Rest- und Aufprallgeschwindigkeiten bei erlaubten 30 km/h im Vergleich zu pauschal von der Stadt nicht geahndeten Übertretungen von 10 km/h (40 km/h)?
3. Welche Erkenntnisse liegen der Stadt über den Zusammenhang von Aufprallgeschwindigkeiten, Unfallschwere und Überlebenswahrscheinlichkeiten von Unfällen zwischen Kfz und Kindern bei 30 km/h im Vergleich zur in Leipzig tolerierten Übertretung um 10 km/h (40 km/h), die zwischen parkenden Autos unvermittelt auf die Fahrbahn treten, vor? Dies ist beispielsweise vor Kitas und Schulen häufig der Fall, weswegen dort ja regelmäßig T30 angeordnet ist.“
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Es gibt 18 Kommentare
“So langsam habe ich eigentlich genug beigetragen zur Diskussion dieses Artikels.” – stimmt, leider nichts inhaltliches.
Christoph, es ist schwierig auf Sie zu antworten, was mit “übersteigert” gemeint ist und wie man auf dieses Fazit kommen könnte, ohne Dinge aufzuzählen, die darauf deuten. Bitte verstehen Sie es doch nicht alles als Angriff gegen sich selbst als “Privatmensch”. Aber es ist doch klar, dass man Gegenwind bekommt, wenn man seinen Kopf herausstreckt. Und wenn in der Zeitung ein Artikel über solche “Anfragen” erscheint, dann passiert es, dass der Gegenstand des Artikels, in diesem Fall die Anfrage, in verschiedenen Facetten diskutiert wird.
Sowohl über den Charakter der Anfrage wird diskutiert (Sie sagen “ganz normal”, ich sage “sowas braucht in dem Maß keiner”) als auch über den Inhalt (Sie sagen “Tempo 40 ist wesentlich gefährlicher als 30”, ich sage “es ist ein Kavaliersdelikt”), als auch über den Subtext (Sie sagen “der Verwaltung und dem Sachsenvolk gehört Transparenz und Demokratie beigebracht”, ich sage “zum Glück nehmen sich nur wenige Leute so wichtig”) als auch Nebenthemen (“Appeasement-Politik”, “Intoleranz”, “Verhalten bei Unglücken im nächsten Umkreis”). Ja, das in Klammern ist verkürzt.
So langsam habe ich eigentlich genug beigetragen zur Diskussion dieses Artikels.
Mit “man” meinte ich mich und die knapp handvoll große Menge an Personen, mit denen ich über den Artikel und Ihr Ansinnen, inkl. Twitter-Account, gesprochen habe. Zu den persönlichen Motiven haben Sie sich ja teilweise selbst geäußert und sie sind auch soweit nachvollziehbar.
Die Antwort der Verwaltung wird sicher kommen und vielleicht lesen wir ja dann an dieser Stelle wieder etwas mehr über Ihre persönliche “Auseinandersetzung mit der öffentlichen Verwaltung”. Zitat Ende.
Sebastian, wieder greifst du meine Person an, leitest von meinem Twitterprofil ab, die mit dieser Sache nichts zu tun haben. Schade, dass du dich offenbar nicht inhaltlich auseinandersetzen oder zur Sache beitragen möchtest.
“Aber man merkt schon, wo die Motivation herkommt.” – Wer ist “man” und woher kommt denn meine Motivation Deiner Meinung nach?
Wie bereits erläutert bindet die sehr simple Anfrage (weil explizit formuliert) so gut wie keine Ressourcen, ich habe lediglich nach der Aktenlage gefragt. Das nachzuschauen übersteigt die Komplexität einer Anfrage wie “Wo wurden Bäume gepflanzt” nicht. Dass Du die Anfrage für kompliziert hälst, weil du möglicherweise nicht im Thema bist, bedeutet ja nicht, dass sie für die Fachabteilung kompliziert ist. Die Auseinandersetzung mit der öffentlichen Verwaltung erforder nunmal zuweilen ein recht spezifisches Nachfragen, wenn man eine konkrete Antwort erhalten möchte (da sonst solche Antworten kommen: https://www.l-iz.de/politik/leipzig/2021/04/abschleppen-oder-nicht-abschleppen-was-regelt-eigentlich-die-arbeitsanweisung-des-leipziger-ordnungsamtes-386770).
Christoph, ich wollte keine Erwartung für Ihre Ansprache ausdrücken, erst Recht nichts Ãœbersteigertes. Lediglich mein “beim-Sie-bleiben” begründen. Hier wird sehr oft gesiezt, so unter uns Kartoffeln, aber es bleibt selbstverständlich Ihre Wahl, ob Sie beim Du bleiben oder nicht. Alles gut!
Wenn jemand sich bei Twitter mit einem bestimmten Thema derart aktiv in die Öffentlichkeit bringt, und weiterhin wiederholte Bürgeranfragen ihres Stils und der entsprechenden Vehemenz eingibt, der tut es letztendlich eben doch stärker, intensiver, oder halt übersteigerter als andere Leute.
Klar, dass Sie hier auf der LZ eine größere Bühne bekommen, mit langen Zitatauszügen ihrer “Anfrage”, dafür kann man natürlich keinen Vorwurf machen. Aber man merkt schon, wo die Motivation herkommt. Und es gibt eben Anfragen von Bürgern an die Stadt im Stile von “wo wurden eigentlich die Kompensationsbäume gepflanzt, die der neue Supermarkt zugesichert hat?” oder “Wie hat sich die Feinstaubemission seit Einrichtung der Umweltzone entwickelt?” oder “wie viele Sporthallen sollen bis 2025 gebaut werden?”.
Aber es gibt eben auch Leute, die es GANZ genau wissen wollen, nach der Baumart fragen und ob die Stadt Erkenntnisse hat, wieviele Insekten sich in welchem Lebensjahr des neu gepflanzten Baumes mit den Blüten beschäftigen. Kann man alles machen, wahrscheinlich bekommt man sogar eine Antwort von der Stadt oder einen Artikel in der Zeitung, aber ich bedauere, dass dafür Ressourcen verbraucht werden, die anderswo (meiner Meinung nach) besser zugeordnet gewesen wären.
Es ist richtig, dass wir da nicht zusammenkommen. Man muss ja auch nicht alles immer in einem schwammigen Kompromiss ersticken.
Sie hätten gern die Auslöseschwelle für Blitzer gesenkt, ich hätte gern mehr Blitzer (und solche der Sorte hinten+vorn für die Motorradfreunde). Vielleicht sind wir beim Ziel der Verbesserung der Verkehrsüberwachung gar nicht so weit entfernt. Ich sehe nur die Problematik nicht so drastisch wie Sie.
C.:
“Vorhaben, was den Fußgänger- oder Radverkehr in geregelte Bahnen zwängt“ – den Widerspruch sehen Sie schon, oder?”
Ich ahne was Sie meinen. Keine Autos –> mehr Platz für Rad + Fuß –> jeder kann sich frei entfalten?
Sebastian, solange Du statt Dich mit der Sache auseinanderzusetzen, an meiner Person abarbeitest und gegen mir unterstellte Motive argumentierst, brauchst Du keinen gesteigerten Respekt in Form von “Sie Vorname” einfordern. Wer anonym schreibt, wird im Internet geduzt, das ist einfach der respektvolle Normalfall.
Ein Blitzer, der bei Tempo 30 bei 41 erst auslöst, setzt effektiv das Tempo 40 und nicht das Tempo 30 durch. Natürlich führen diese Messungen dazu, dass “langsamer” gefahren wird, aber nicht regelkonform oder gar mit angepasster Geschwindigkeit im Sinne von §3 StVO.
Dass Du mit englischsprachige Versatzstückchen in gesprochener und geschriebener Sprache fremdelst und Transparenz als grundlegenden Wesenscharakter in einer demokratischen Verwaltung unnötig findest, finde ich sehr intolerant und mithin bedauerlich – da kommen wir wie gesagt nicht zusammen. Deiner Bewertung, dass ich “etwas so übersteigert” tue, kann ich nicht folgen. Ich habe lediglich zu der Sache eine recht simple Anfrage gestellt und als diese nicht beantwortet wurde nochmal nachgefragt. Eventuell wurde die Frage ja auch falsch verstanden. Ein übersteigertes Tun kann ich darin nicht erkennen, du hakst ja hier in der Diskussion auch mit immer neuen Diskussionsansätzen und Angriffen nach…
Was ich in dieser Thematik nicht verstehen kann; es geht um 3 km/h, welche durch die Stadt Leipzig “draufgeschlagen” werden, bevor der Blitzer auslöst und noch in dem Areal bleibt, wo nach Verwaltungsvorschrift geahndet werden darf/soll. Ergibt 11 km/h Aufschlag bzw. 8 km/h nach Abzug der 3 km/h gesetzlichem Toleranzabzug. Soll es wirklich um diese 3 km/h gehen? Warum nicht eine Änderung der Verwaltungsvorschrift anstreben, immerhin sagt die ja gleich mal 5 km/h darf jeder zu schnell fahren, darunter passiert erstmal nix.
@Andre
Das ist völlig richtig. Vergessen wird aber gern, dass viele dieser ärgerlichen und / oder gefährlichen Verstöße mit einer durchdachten Infrastruktur geringer würden oder verschwänden. Und diese Infrastruktur sollte sich an den Bedürfnissen der schwächsten Verkehrsteilnehmer – den Zufußgehenden und Radfahrenden – orientieren. Und @Sebastian, genau das ist damit gemeint: ” Vorhaben, was den Fußgänger- oder Radverkehr in geregelte Bahnen zwängt” – den Widerspruch sehen Sie schon, oder? Kluge Infrastruktur sorgt dafür, dass Rad- und Fußverkehr nicht “gezwängt” werden. Und kluge Infrastruktur wird regelmäßig evaluiert und nachjustiert. Wie das geht, kann man in anderen europäischen Ländern, z.B. in den Niederlanden, sehen.
@christophmeissner: Ich finde in diesem Zusammenhang sehr interessant, wie mit Geschwindigkeitsverstößen in der Schweiz umgegangen wird. Nicht nur ist der Bussgeldkatalog dort ein völlig anderer – auch die Toleranz bezüglich der Geschwindigkeitsübertretung zeigt, dass es anders geht, wenn politischer Wille vorhanden ist.
Stefan:
Jetzt ärgere ich mich etwas darüber, dass ich auf diese eigentlich merkwürdige, das Thema nicht so richtig betreffende Frage, ob ich nur mit den Schultern zucken würde, wenn einer meiner Liebsten zu Schaden käme, eingegangen bin.
Zu Ihrer Frage was das mit meiner Antwort darauf solle, Ihnen die Spucke weg bleibt usw., habe ich die Einleitung aus dem Wikipedia-Artikel kopiert, um es möglichst kurz zu beschreiben, was ich mit “verzeihlich” meinte.
“Vergebung ist der Verzicht einer Person, die sich als Opfer empfindet, auf den Schuldvorwurf. Dieser primär innerseelische Vorgang kann unabhängig von Einsicht und Reue des Täters vollzogen werden. Vergebung ist eine Copingstrategie, mit der eine Person in Opferposition die belastenden Folgen einer äußeren oder inneren Verletzung bewältigen kann.”
Mit “Weitsicht” war gemeint, dass es auch Jeden überall anders hätte treffen können, statt mich, und das Wort “Größe” war in dem Zusammenhang vielleicht wirklich unüberlegt gewählt. Es sind Strategien zur Bewältigung, nichts weiter.
Ich finde, dass es nun auch gut ist mit der detaillierten Schilderung meiner hypothetischen (nicht schulterzuckenden) Umgangsweise im Falle eines Unfalls meiner Nähesten.
Christoph:
“Dass Du das nicht befürwortest, finde ich schade, nehme ich aber so hin – fair enough: Transparenz, Rechtmäßigkeit, Verhältnismäßigkeit, Gleichberechtigung und Demokratie sind bei manchen Sachsen einfach noch konzeptionelles Neuland. ”
Ich weiß, dass “im Internet” zu großen Teilen geduzt wird, ich würde für mich aber mal beim distanzierten “Sie” bleiben. Ist nicht böse gemeint, sondern in meiner Gewohnheit einfach der respektvolle Normalfall.
Für mich als Sachsen auch Neuland: englischsprachige Versatzstückchen in gesprochener und geschriebener Sprache.
Ich finde, dieser eine herausgepickte Absatz Ihres Textes sagt im Wesentlichen das aus, was ich kritisiere. Ihr Sendungsbewusstsein, jetzt sogar schon an “die Sachsen”, an die “deutsche Durchschnittskartoffel” ist für mich gelinde gesagt gewöhnungsbedürftig. Die Position, die Wichtigkeit, in der Sie sich sehen, dass Sie sich mit detaillierten Bürgereingaben so auffällig machen möchten und die Leute beschäftigen, das war das, was ich im ersten Kommentar schon meinte.
Nun wird es aber wirklich (zu) persönlich. Sie hatten es bereits “persönliche Angriffe” genannt, was ich zusammengeschrieben habe, dabei meinte ich das nicht als Angriff. Wenn man sich überlegt, warum jemand etwas so übersteigert tut wie Sie, kann es natürlich auch falsch verstanden werden. Es war aber mehr als Analyse gemeint. Zugegebenermaßen mit meiner Wertung dazu.
“Denn wenn die Blitzer nur bei >=11km/h drüber auslösen, dann setzen sie ja nicht das Tempolimit durch(…)”
Doch, natürlich. Von Ihrer Unterstellung ausgehend, dass “immer zehne drüber” gefahren wird, wären es in dem Gebiet eben nicht 60 km/h, sondern 40. In dem (aus Ihrer Sicht) ganz ganz seltenen Fall eines regelkonformen Fahrers vielleicht sogar 30 km/h. Insofern bringen Blitzer (in höherer Dichte) auf jeden Fall eine Durchsetzung von langsamerem Fahren. Und dort, wo das Schutzziel sehr hoch ist, vor Schulen zum Beispiel, muss der Blitzer natürlich auch sichtbar sein, damit auch wirklich jeder Depp davor bremst. Für das Abschreckungspotential im Rest der Stadt sind die Teile ja schon ganz gut getarnt, vor allem die mobilen Varianten.
André:
Genau so sehe ich das auch. Zu diesem Satz volle Zustimmung:
“(…)die extrem niedrige Kontrolldichte (bei Autos ist sie auf niedrigem Niveau noch deutlich höher als beim Rest) (…)”
Das wird sich zwangsläufig ändern müssen mit den Kontrollen, wenn sich der Nutzungsdruck verschiebt.
Und jedes Vorhaben, was den Fußgänger- oder Radverkehr in geregelte Bahnen zwängt, bringt mehr Verstöße mit sich. Das wird so bei der neuen Ampel an der Brücke Hans-Driesch-Straße werden, dass Leute nicht immer auf grün warten wollen, das wird auf der Karl-Heine-Straße so sein, wo der funktionierende und intakte Radweg auf die Straße soll und damit unter Ampelregime gestellt wird, und das ist heute schon an vielen Stellen der Karli zu beobachten.
Wie Sie schon sagen, “mich erwischt schon Keiner”.
Und in manchen Situationen, am Sonntagmorgen, seien wir ehrlich, ist es ja auch gar nicht so schlimm…
Ja, Andre, diese Mentalität ist ein Kern des Pudels.
Die fehlende Rücksicht und steigende Intoleranz durch Egomanie der Verkehrsteilnehmer*/Innen ist für diese Probleme mitverantwortlich.
Und eine Ergänzung zu Christoph:
Die Entdeckungswahrscheinlichkeit wird in Leipzig ad absurdum geführt, da man der Meinung ist, man sollte die Messungen vorab in den Medien (also in fast allen 🙂 )ankündigen. Dazu gab es ja hier auch schon rege Diskussionen.
@Sebastian
Zum Thema “Weitsicht ” und “verzeihlich” bin ich allerdings auch etwas geplättet.
Sicher, nach einem Unfall (wenn es ein wirklicher denn auch ist) muss man sich irgendwann mit der Situation befrieden (können).
Aber wenn ihr Kind oder wer auch immer nahstehende Person durch einen “Kavaliersdelikt” im Rollstuhl verweilen darf, wäre ich nicht so sicher, wie Sie dann damit umgehen würden.
Eine “natürliche Auslese” sollte schon weitestgehend natürlich bleiben, und nicht durch vermeidbare Risiken getriggert werden.
Man kann beide Diskussionsseiten irgendwie verstehen.
Als Rad- und Autofahrer sowie Fußgänger ist meine Beobachtung ja, dass sich insgesamt durch die extrem niedrige Kontrolldichte (bei Autos ist sie auf niedrigem Niveau noch deutlich höher als beim Rest), eine “Mich wird schon keiner erwischen”-Mentalität im Verkehr allgemein breit gemacht hat.
Da wird bei Rot über die Ampel gegangen/-fahren, weil ja eh keiner kontrolliert.
Das ist auch sehr gefährlich, nicht nur für denjenigen der den Verstoß begeht.
Als Autofahrer regt man sich über Radfahrer auf, die ohne Handzeichen ausscheren oder nachts ohne Licht am Rad mit dunklen Klamotten rumradeln. Und die Fußgänger, die an nicht dafür vorgesehenen Stellen die Straße überqueren.
Als Radfahrer regt man sich über die Autofahrer und Fußgänger auf, weil erstere oft viel zu dicht überholen und zweitere nicht verstehen wollen, dass eine Radspur kein Spazierweg ist.
Und als Fußgänger kann man sich auch über beide Seiten aufregen, weil Autofahrer einen übersehen und Radfahrer mal schnell auf dem Fußweg fahren, um beispielsweise langsamere Radfahrer zu überholen.
Und das ist in meinen Augen das eigentliche Ãœbel. Alle Verkehrsteilnehmer sind nur noch sauer auf “die Anderen”, regen sich drüber auf und denken sich dann, “Wenn die sich nicht an die Regeln halten, muss ich es auch nicht”. Kontrolliert und erwischt wird man ja eh nicht und schwupps sind wir da, wo wir jetzt sind.
Ein paar Ausnahmen gibt es glücklicherweise noch, aber die werden auch seltener.
Sebastian, Deine wiederholten persönlichen Angriffe, geschenkt – darauf gehe ich jetzt mal nicht ein. Der eine nennt es Hobby, der andere Engagement. Das sagt allerdings mehr über den Beschreibenden als den Beschrieben aus. Deinen inhaltlichen Punkten kommt man allerdings mit Fakten leicht bei.
Die Messtoleranzen haben nichts mit Tachoungenauigkeiten zu tun. In der EU müssen Tachos in Kraftfahrzeugen als Voraussetzung zur Zulassung u.a. niemals weniger als tatsächlich gefahren und höchstens 10 % + 4 km/h zu viel anzeigen. Wer also bei T30 mit 40 geblitzt wird hatte auch mindestens 40 auf dem Tacho stehen, eher noch mehr. Zudem sind die Toleranzen in der Sächsischen VwV VKÜ geregelt: dort heißt es sinngemäß, dass die technische, vom gemessenen Wert abzuziehende Messtoleranz 3km/h beträgt. Jedes geeichte, Messgerät muss mit einer Genauigkeit von +/-3km/h messen, um überhaupt zur VKÜ zugelassen zu werden. Nach Abzug der Toleranz sollen zudem Verstöße laut VwV VKÜ erst ab 5km/h Überschreitung geahndet werden.
Es geht in meinem Anliegen nicht um die krassen Raser, die Posen und Rennen durch nachtschlafende Vorstädte machen – sondern um die Gewohnheitsraser, die sich mit 60 km/h in die Tempo-30-Zone ausrollen lassen und grundsätzlich mindestens am Tempo-Limit fahren, meist ein “klitzekleines bisschen drüber, denn das tut ja niemandem weh” und geblitzt wird eh erst ab 10km/h drüber.
Und dass du (mindestens sinngemäß) behauptest, +10km/h sei ein Kavaliersdelikt in 30er-Straßen, also zum Beispiel vor Schulen, zeigt ganz gut, wie wenig aufgeklärt die deutsche Durchschnittskartoffel über die Zusammenhänge von Geschwindigkeit, Anhalte- und Bremsweg und Rest- bzw. Aufprallgeschwindigkeit ist: während man beispielsweise mit Tempo 30 bei einem unvermittelt zwischen parkenden Autos auf die Straße rennendem Kind in 15 Meter Entfernung (ca. 3 Autolängen) bei einer Gefahrenbremsung nach ca 13,5 Metern zum Stehen kommt, prallt man in der gleichen Situation bei Tempo 40 mit einer Restgeschwindigkeit von über 30km/h auf das Kind, denn Geschwinigkeit und Bremsweg und Aufprallgeschwingigkeit hängen nicht linear sondern exponentiell zusammen. Bereits 5km/h machen, insbesondere in niedrigen Geschwindigkeitsbereichen einen signifikanten Unterschied – deshalb lernt man das ja auch in der Fahrschule.
In einem Punkt gebe ich Dir recht: Die Verwaltung soll transparenter werden (ein persönliches politisches Ziel des Herrn Meißner). Dass Du das nicht befürwortest, finde ich schade, nehme ich aber so hin – fair enough: Transparenz, Rechtmäßigkeit, Verhältnismäßigkeit, Gleichberechtigung und Demokratie sind bei manchen Sachsen einfach noch konzeptionelles Neuland. Die Verwaltung soll darüber hinaus allerdings nicht nachgeben, sondern einfach ihren Job machen und nicht irgendwelche willkürlichen Messtoleranzen ohne jede Sachgrundlage und Begründung erfinden, nur weil dann eine runde Zahl auf dem Messgerät steht. Ob das jetzt allein in Leipzig so ist oder noch anderswo spielt ja keine Rolle, solange eine Ermessensentscheidung nicht begründet ist bliebt es staatliche Willkür bzw. Appeasement-Politik für Autofahrer.
Eine höhere Blitzerdichte bringt etwas, wenn auch nur bedingt. Denn wenn die Blitzer nur bei >=11km/h drüber auslösen, dann setzen sie ja nicht das Tempolimit durch, sondern erziehen systematisch zum zu schnellen Fahren. Laut Forschungsstand der Bundesanstalt für Straßenwesen sind die wichtigsten Einflussgrößen der Kommune auf das Geschwindigkeitsniveau die beiden Komponenten des Ãœbertretungsrisikos: 1) die sog. (subjektive) Entdeckungswahrscheinlichkeit (also ob man erwischt wird, sprich die Ungewissheit der Kontrolle) und 2) die Konsequenz bei Eintritt der Entdeckung (also Höhe der Strafe). Da die Kommune keinen wesentlichen Einfluss auf die Höhe der Strafe hat (weil bundeseinheitlich geregelt), kann sie effektiv nur an der 1. Stellschraube drehen. Sie kann also nur das Risiko für die Delinquenten erhöhen, indem sie die Entdeckungswahrscheinlichkeit erhöht. Dies kann erreicht werden indem man den sog. Flächendruck der Ãœberwachung erhöht (also “mehr Blitzer”), das ist aber mit hohen Aufwänden verbunden (Personal & Gerät) und nicht zwangsläufig kostendeckend. Besonders nicht langfristig, da ja zu erwarten ist, dass die Erhöhung des Ãœberwachungsdrucks auch das Verhalten der Autofahrer positiv beeinflusst, und somit langfristig auch weniger Einnahmen aus Ãœbertretungen generiert werden, die Messbediensteten also aktiv daran arbeiten, sich überflüssig zu machen. Der zweite, und effizienteste Weg, die Entdeckungswahrscheinlichkeit zu erhöhen ist somit die Toleranzen konsequent zu senken und die Orte der Geschwindigkeitskontrollen nicht im Vorau anzukündigen. Aber das ist ein Thema für sich…
>Es gibt viele Beispiele, in denen die Hinterbliebenen die Größe haben verzeihlich und mit Weitsicht mit den Dingen, auch den Tätern, umzugehen.
Bei allem Respekt, aber diese Formulierung ist ein starkes Stück.
“viele Beispiele”… “die Größe haben” – “Weitsicht” – “auch den Tätern” –
Was soll das?!?
Da bleibt mir echt die Spucke weg.
Schönen Abend noch.
…vor allem, da man Blitzer offenbar leasen kann oder es andere Geschäftsmodelle gibt, die einen Betrieb für die Stadt mindestens mit einer schwarzen Null möglich machen.
Mir ging es auch nicht darum, dass es doch völlig ok oder gutzuheißen sei, dass Leute vielleicht prinzipiell immer “zehne drüber” fahren. Abgesehen davon, dass Sie jetzt noch gar nicht vorgerechnet haben, wieviel Prozent 10 km/h zuviel bei einer Beschränkung auf 20 km/h bedeuten, oder ich Ihnen erklären müsste, wie normal inklusive Ãœberstundenregelungen in vielen Arbeitsverhältnissen sind (Ihr 20-%-Beispiel), ging es mir doch um etwas anderes: Die Verwaltung soll transparenter werden (ein persönliches politisches Ziel des Herrn Meißner), sie soll nachgeben (öffentlicher Druck via Twitter usw.) und sie soll seinen ganz persönlichen (traumatisches Erlebnis wurde geschildert) Belangen entsprechen.
Es ist gut, wenn Bürger Dinge erfragen und eine gute Antwort erwarten können, aber an dieser Stelle ufert es nach meiner Ansicht aus.
Und was Raser sind, kann ich jetzt auch nicht allgemeingültig für alle festlegen. Aber das Element des “gravierenden” Ãœberschreiten der Höchstgeschwindigkeit spielt eine Rolle dabei. Das Kleinklein der “Bürgeranfrage” beschäftigt sich ganz eindeutig nicht mit gravierenden Verstößen, sondern beißt sich an einem Messdetail aus persönlichen Belangen fest.
“Was würden Sie sagen, wenn Ihre Kinder oder PartnerIn durch unangepasste Fahrweise eines PKW-Fahrers zu Schaden kämen? Würden Sie mit den Schultern zucken, weil es wäre ja maximal ein Kavaliersdelikt?”
> Es gibt viele Beispiele, in denen die Hinterbliebenen die Größe haben verzeihlich und mit Weitsicht mit den Dingen, auch den Tätern, umzugehen. Darum würde ich mich im Zweifelsfall auch bemühen, einfach um Frieden zu finden.
Ansonsten hatte ich mit “Kavaliersdelikt” die leichte Ãœberschreitung der vorgegebenen Höchstgeschwindigkeit gemeint, und nicht das Totfahren eines Menschen, habe das auch genau so geschrieben und möchte nach Möglichkeit auch bitte so verstanden werden.
Kleine Einsprüche, lieber Sebastian.
Mit Raser ist – denke ich – jeder gemeint, der in Wohngebieten einfach zu schnell oder unangepasst unterwegs ist. Das muss nicht einmal die Ãœberschreitung der Höchstgeschwindigkeit sein, auch kann zu schnelles Beschleunigen in der 30er-Zone oder unangepasste Fahrweise dazu führen, alle unter diesem Begriff zu vereinen.
Extreme Beispiele gibt es natürlich auch noch hin und wieder.
Alles in allem sollte es aber alle diese Beispiele unter dem Gebot der Rücksicht (STVO) nicht geben.
10km/h zu viel sind 20% drüber! Das sind praktisch dann mehr, weil die Toleranz abgezogen wurde und jeder weiß, dass ein Autotacho sogar immer zu viel anzeigt. Wenn Sie irgendwo 20% zu viel bezahlen müssten oder 20% länger arbeiten, um Rente zu erhalten, wären sie auch recht enttäuscht.
Hier gibt es sicher Vorgaben, ab wann (Ãœberschreitung) geblitzt werden darf, immerhin darf die Stadt dann von Ihnen Geld verlangen und einklagen. Und einfach grundsätzlich – kein Einzelfall – (!)eine zu große Toleranz erlauben, geht einfach nicht.
Wenn durch “Kavaliersdelikte” Menschen unsinnigerweise gefährdet werden, auch Sie eventuell, ist das legitim, dies zu verhindern. Ausschließen kann man die Gefahr im Straßenverkehr nicht, aber eingrenzen.
Was würden Sie sagen, wenn Ihre Kinder oder Partner*/In durch unangepasste Fahrweise eines PKW-Fahrers zu Schaden kämen? Würden Sie mit den Schultern zucken, weil es wäre ja maximal ein Kavaliersdelikt?
Eine höhere Blitzerdichte wäre sinnvoll, ja.
Da bin ich nicht Ihrer Meinung.
Erstens ist der “Raser” einer der Radler-Kampfbegriffe, die nur seltenst tatsächlich auf die Leute zutreffen, die (etwas schneller als erlaubt) Auto fahren.
Es gibt Raser, jeder kennt sie mit ihren nervig aufheulenden Motoren, aber rasen tun sie nur dort, wo sie sich abseits von Blitzern sicher fühlen. Das heißt Ihr Versuch, die Auslöseschwelle der Blitzer zu senken, würde dort nicht zum Ziel führen, weil dort eben keine Überwachung stattfindet, wo sie Gas geben.
Zweitens ist “fahren mit 10 km/h zu viel” kein Rasen. Es ist ein Kavaliersdelikt, kein Kapitalverbrechen. Ich kann verstehen, dass ein Erlebnis, wie der von Ihnen geschilderte Unfall, einen prägt in seinen Ansichten, aber man kann dennoch versuchen die Verhältnisse zu wahren. Wenn sich die üblichen BMW-Besitzer (Narrative verbieten sich selbstverständlich…) wieder mit 80-120 ihre Rennen liefern, wäre das für mich eher ein Fall für den Begriff “Raser”.
So wie Sie den Begriff verwenden, dazu passend das klein-klein in Ihren Texten zu dem Thema, sieht es tatsächlich eher nach Hobby / Herzensangelegenheit / persönlichem Bedürfnis aus.
“Und wenn zur Beantwortung der anderen Teilfragen wider erwarten im Ordnungsamt keine Erkenntnisse über die Zusammenhänge von Geschwindigkeiten und Unfallschweren vorliegen, müsste das Amt ja entsprechend so Antworten: es liegen keine Kenntnisse vor. Da muss also überhaupt nichts recherchiert werden.”
> Und was machen Sie dann in dem Fall? Wäre es damit dann gut? 😉
Die Erfahrung, dass der Blitzerauslösewert in etwa 10 km/h über der Geschwindigkeitsgrenze liegt, die am Ort vorgegeben ist, kennt eigentlich jeder Autofahrer*:*innen. Das hat etwas mit Toleranzen des Tachos zu tun, mit Messunsicherheit, vielleicht auch mit praktisch-juristischer Durchsetzbarkeit oder dem sozialen Frieden im Lande. Genau weiß ich es nicht, aber es ist eine Erfahrung von jeder Stadt, Land, Autobahn. Das ist keine Leipziger Erfindung, weil die pöhse Verwaltung genau HIER einen Hort für “Raser” einrichten wollte, damit noch mehr kleine unschuldige (wichtig!) Kinder (auch wichtig!) umkommen, die bei 4 oder 6 km/h geringerer Auslöseschwelle der Blitzer noch leben würden.
Eine höhere Blitzerdichte würde mit Sicherheit mehr bringen gegen das Thema “Raser” und Lärmstörer. In Städten wie Köln, Hamburg oder Berlin soll es ja eine extra Polizeieinheit geben, die das “Posen” verfolgt. Auch sehr gut. Aber wenn die dann in der Leipziger Eisenbahnstraße patroullieren, wäre es wieder genau DIESE Zeitung, die das kritisieren würde. “Tiefergelegte BMWs häufiger kontrolliert: Racial Profiling bei der Leipziger Polizei?”
Sebastian, Dein Argumente ad hominem, geschenkt: aber dieses Thema ist mitnichten ein Hobby, sondern spätestens seit ich Kinder habe und direkt vor unserem Haus, vor unseren Augen ein junges Mädchen beim Aussteigen aus der Straßenbahn von einem Raser totgefahren wurde, eine Herzensangelegenheit. Die Verkehrsregeln sind sowie so schon viel zu lasch, als dass sie Raser davon abhalten, in der Stadt zu rasen – da muss die Stadtverwaltung nicht noch zusätzliche Zugeständnisse machen, denn genau so etabliert man das Rasen als Kavaliersdelikt.
Das Ordnungsamt hätte auch einfach Ressourcen sparen und die ursprüngliche Anfrage beantworten können. Eine Recherche ist nicht notwendig, denn für so eine Grundsatzentscheidung ist im Ermessensentschluss eine Abwägung von Umständen sowieso Voraussetzung. Diese Gründe, die in die Entscheidung Eingang gefunden haben, sollten also lediglich mitgeteilt werden, diese müssten ja in Vorbereitung der Anweisung an die Mitarbeiter (oder Dienstleister), die die Geräte entsprechend programmiert haben, entsprechend veraktet sein – vorausgesetzt die Entscheidung ist begründet und nicht willkürlich.
Und wenn zur Beantwortung der anderen Teilfragen wider erwarten im Ordnungsamt keine Erkenntnisse über die Zusammenhänge von Geschwindigkeiten und Unfallschweren vorliegen, müsste das Amt ja entsprechend so Antworten: es liegen keine Kenntnisse vor. Da muss also überhaupt nichts recherchiert werden.
Und die Verwaltung zu ein wenig Transparenz zu schubsen schadet nichts, insbesondere da sie ja die ursprüngliche Anfrage ohne Begründung nicht beantwortet hat. Insgesamt stünde den Verwaltungen in Sachsen ein wenig Transparent ganz gut (vgl. https://transparenzranking.de/).
PS: Ralf, die aus meiner Sicht nicht beantwortete Frage ist Teilfrage 2 der ursprünglichen Anfrage, die Gründe für den konkreten Wert. Die 1 Teilfrage hat das Amt ja offensichtlich beantwortet, die 3. kann es laut eigenen Angaben aus technischen Gründen nicht wie gefragt beantworten.
@Sebastian
Ich habe aber auch den Eindruck gewonnen, dass sich die Verwaltung immer mehr verselbständigt hat und wie ein eigener Organismus Dinge tut, denen man als Bürger bzw. Stadtrat nicht mehr Herr wird!
Insofern ist eine Kontrolle und rechtmäßige Nachfrage, auf welcher Grundlage so etwas passiert (siehe Artikel) oder entschieden wurde, völlig in Ordnung.
Wie oft windet sich die Verwaltung in amtsschimmeligen belehrenden Argumentationen, letztlich mit dem Inhalt, alles wurde nach gutem deutschen Recht vollzogen und man habe nichts falsch gemacht.
Zugegeben bedarf es dann tatsächlich eines sehr ausufernden Schriftverkehrs, um sinnhafte Informationen abzugreifen.
Man halte fest: die Verwaltung ist für die Bürger da, die Stadtoberen sollten diese steuern.
Sie ist Erfüllungsgehilfe für die Stadt. Also für uns.
Heute gab es – allerdings in einem anderen Medium – einen Beitrag über Augustusburg und seinen Bürgermeister, der mir sehr imponiert hat.
Da ging es darum, “die Stadt sind wir”, also ein gemeinsames Projekt. Davon ist die Verwaltung in Leipzig meilenweit entfernt.
Wenngleich es auch um politische Möglichkeiten geht, als Bürgerschaft wesentlich entscheiden und aktiv werden zu können.
Aber da werden wir hier in Leipzig sehr klein gehalten und zu oft auch noch auf die Schippe genommen.
Mittlerweile haben sich Vereine deswegen aufgelöst. So ein Schriftverkehr zeugt nur zu sehr davon.
Ja, es wäre schöner, man müsste nicht so wie oben formulieren.
Abgesehen vom Lesewert (im Sinne von “Unterhaltungswert”) solcher journalistischen Exkurse in juristische Aufsätzlein, mit ihren Abkürzungen, Paragraphen und langen Zitatauszügen, finde ich das Anliegen des Herrn Meißner einen Grenzfall für die Ressourcen, die man als öffentliche Verwaltung bereithalten muss um Bürgeranfragen zu beantworten.
Die Erwartung ist allen Ernstes, dass angestellte kommunale Bedienstete recherchieren und den Wissensstand “der Stadt” aufzeigen sollen, was die Studienlage zur Verletzungseinschätzung im Zusammenhang mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten angeht. Vor allem seine Fragepunkte 2 und 3 am Schluss lesen sich derart nach besserwisserischem Kleinklein, vermutlich in der Hoffnung, dass die darauffolgende Auskunft ihm neues Argumentationsfutter für das nächste Brieflein liefert, dass mir die Verwaltung fast leid tut, sich mit sowas auseinandersetzen zu “müssen”. Natürlich bekommt man auf solche Dinge dann irgendwann auch keine echte Reaktion mehr, was wahrscheinlich wieder einen Artikel dieser Art hier erzeugt. “Fall Meißner: Die Stadt windet sich!”, ich sehe es schon kommen.
Und nur, weil dieses Thema offenbar das Hobby des Herrn Meißner ist, und nach seinem Twitter-Account zu urteilen auch seeeeehr ausschweifend betrieben wird (die Textlänge einer Twitter-Nachricht fasst offenbar keine langen ausziselierten Aufsätze…), muss das nicht in diesem Ausmaß Kräfte und Ressourcen im Rathaus bündeln.
Solche Haarspaltereien nehmen den “normalen” Bürgeranfragen einfach die Möglichkeit einer zeitnahen Antwort, weil wieder mal jemand nach den Erkenntnissen der Stadt zu seinem persönlichen Lieblingsthema fragt; gern auch in der zweiten oder dritten Detailnachfrage…