Von Stรถtteritz in die Hรคndelstraรe. Von der August-Bebel-Siedlung zum Konsum Sophienhรถhe. Vom Arzt in der Grenzstraรe zurรผck nach Hause am Doppeladler. Vom Kolmblick zur Meusdorfer Straรenbahn. Von Probstheida in die Holzhausener Raketensiedlung. Von der Meusdorfer Endstelle bis in die August-Bebel-Siedlung kutschiert. Das alles in der Monatskarte inklusive oder zum Stundentarif der LVB. Oder pro Strecke fรผr 1,30 Euro, wer Aboflex nutzt.
Flexa Sรผdost ist seit Anfang April auch in Holzhausen tรคtig. Das neue Rufbussystem โ ich habe es รผber Ostern ausgiebig getestet. Fazit: Ein wunderbares Mobilitรคtsangebot. Anlaufschwierigkeiten waren schnell geklรคrt. Ein รPNV-Segen fรผr die Rietzschkegemeinde, die von einer guten รถffentlichen Anbindung รผber viele Jahre weit entfernt war.
Doch genau in dieser Unterversorgung liegt ein Problem: Wo gute รPNV-Angebote รผber viele Jahre weit entfernt waren, entfernen sich die Leute vom รPNV. 3.651 Autos auf 6.440 Einwohner โ das Auto ist heute das Verkehrsmittel der Holzhausener.
Eingefleischte Autofahrer, weil Haus, Arbeit, Kinder und Enkel ohne Kfz in Holzhausen kaum vereinbar sind. รberzeugte Individualmobilisten aber fallen immer wieder auf mit einem sehr deutlichen Manko: Sie sind blind fรผr jede Art von รPNV โ und damit auch fรผr Flexa nur schwer zu erreichen.
Im Leipziger Norden sei das System vom Start weg eingeschlagen wie eine Bombe, sagten mir zwei Fahrer/-innen bei meinen Testrunden รผber Ostern in Holzhausen. Gut mรถglich, dass es im Sรผdosten erst ein Spรคtzรผnder wird. Dafรผr sei Flexa ein langer Atem gewรผnscht. Und den Holzhausener/-innen eine ordentliche Portion Experimentierfreude.
Oma zum Arzt bringen lassen. Sven-Ole zur Schule. Oma wieder nach Hause bringen vom Arzt. Beim Grillabend auf Bier nicht verzichten mรผssen. Opa zu den Enkeln bringen lassen oder Sven-Ole von der Schule wieder heim. Die Mรถglichkeiten von Flexa Sรผdost sind vielfรคltig.
Besser, es jetzt lieben zu lernen, als diesen รPNV-Segen wegen Desinteresse wieder eingestampft zu sehen. Oder womรถglich gar bei anderen. Aus Liebertwolkwitz gibt es schon erste Meldungen, dass man das Angebot dort auch sehr begrรผรen wรผrde. Ortsvorsteher, sei wachsam!
Hinweis der Redaktion in eigener Sache
Seit der โCoronakriseโ haben wir unser Archiv fรผr alle Leser geรถffnet. Es gibt also seither auch fรผr Nichtabonnenten alle Artikel der letzten Jahre auf L-IZ.de zu entdecken. รber die tagesaktuellen Berichte hinaus ganz ohne Paywall.
Unterstรผtzen Sie lokalen/regionalen Journalismus und so unsere tรคgliche Arbeit vor Ort in Leipzig. Mit dem Abschluss eines Freikรคufer-Abonnements (zur Abonnentenseite) sichern Sie den tรคglichen, frei verfรผgbaren Zugang zu wichtigen Informationen in Leipzig und unsere Arbeit fรผr Sie.
Vielen Dank dafรผr.
Empfohlen auf LZ
So kรถnnen Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstรผtzen:
Es gibt 2 Kommentare
Noch zwei Anmerkungen zum Thema:
1.) Hier sieht man, wie auch in anderen Stadtgebieten, dass beim Angebot noch viel Luft nach oben ist! Da hilft kein 365-Euro-Ticket โ der Nahverkehr ist einfach auf einigen Strecken nicht alltagstauglich.
2.) @Holzhausen und Liebertwolkwitz: Die Bahnstrecke durch Euren Ort soll ausgebaut werden, aber fรผr Euch wird das keine Vorteile bringen. Die Zรผge zwischen Leipzig und Chemnitz sollen in Zukunft alle 30 Minuten fahren, aber ohne Halt bei Euch! Die Regionalbahn mit Halt bei Euch wird weiterhin nur stรผndlich fahren kรถnnen, weil die Strecke zwischen Hauptbahnhof und Paunsdorf eingleisig bleiben soll. Von der Fahrzeit her ist die Bahn konkurrenzlos schnell am Hauptbahnhof, sie fรคhrt bloร zu selten. Der ZVNL ist zurzeit nicht gewillt, das Angebot zu verbessern. Dabei mรผsste die Deutsche Bahn die Infrastrukturplanungen grรถรer dimensionieren, wenn der ZVNL den Bedarf anmeldet.
@LZ-Redaktion:
Vielleicht kรถnnten Sie irgendwann einmal gegenรผber den LVB die Frage aufgreifen, wie viel 1 normaler Busumlauf (Fahrzeug + Fahrer) im Vergleich zu 1 Flexa-โUmlaufโ (Fahrzeug + Fahrer) kostet? Bisher war es immer ein K.O.-Kriterium bzw. -Argument der LVB, wenn fรผr eine vorgeschlagene Verbesserung des Nahverkehrs auch nur ein einziger zusรคtzlicher Umlauf gebraucht wurde. Und bei Flexa ist es plรถtzlich scheinbar egal, dass man zehn (oder wie viel auch immer) zusรคtzliche Fahrer + Fahrzeuge braucht? Natรผrlich ist ein Bus teurer und die Flexa-Fahrer verdienen bestimmt auch nicht so gut, aber in der Summe dรผrfte doch einiges zusammenkommen.
Da hier die Schreiber*innen und Leser*innen interessiert am Thema Nahverkehr sind, eine kleine Einschรคtzung meinerseits zum Thema Flexa.
Flexa ist eine Bereicherung fรผr den Nahverkehr โ in welcher Hinsicht:
Die flรคchige Abdeckung von Stadtgebieten mit vielen virtuellen Haltestellen verkรผrzt die Fuรwege.
Einerseits fรผr alle, fรผr die lange Wege eine Zugangshรผrde sind, z. B. Senior*innen. Manche haben nur deshalb noch ein Auto vor der Tรผr, obwohl sie es bloร selten nutzen, weil sie nicht darauf angewiesen sein mรถchten, die langen Fuรwege zu schaffen. Mobilitรคt ist ein Schlรผssel zu Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, was wir als Gesellschaft mรถglichst vielen Menschen ermรถglichen sollten. Laut einem Flexa-Fahrer soll auch die Haltestelle am Friedhof Lindenthal/Breitenfeld sehr gut genutzt geworden sein.
Andererseits in langgestrecken Wohngebieten, die ungรผnstig an das Straรennetz angebunden sind oder schlichtweg so weitlรคufig sind, dass eine Erschlieรung mit festem Linienverkehr nicht sinnvoll mรถglich wรคre. Ein Paradebeispiel dafรผr ist die Siedlung Meusdorf im Gebiet von Flexa Sรผdost.
Flexa schafft auรerdem neue umsteigefreie Verbindungen, die es bislang noch nicht gab und auch in einigen Fรคllen nie sinnvoll wird geben kรถnnen, weil eine Route รผberhaupt nicht den Hauptverkehrsstrรถmen entspricht oder beim Linienverkehr zwei Umstiege mit langer Wartezeit die Alternative wรคren.
Wenn man Pech hat, kommen bei den eigenen Wegen beide Faktoren zusammen.
Flexa ist aber keine Allzweckwaffe โ und auch nichts worauf sich die LVB ausruhen kann:
Was Flexa fรผr alltรคgliche Wege unbrauchbar macht, z. B. fรผr mich als Arbeitnehmer der vor Ort im Dreischichtsystem arbeiten muss, ist der fehlende feste Fahrplan. Wenn ich jeden Tag hoffen muss, dass ich รผberhaupt eine Verbindung von der App vorgeschlagen bekomme, und ich das erst weniger als eine Stunde im Voraus weiร, fehlt die Verlรคsslichkeit. Der Weg zur Arbeit kann kein Glรผcksspiel sein.
Fรผr groรe Verkehrsstrรถme ist Flexa zudem nicht gemacht, allein von der Kapazitรคt der Fahrzeuge her. Wo diese vom bisherigen Nahverkehrsangebot der LVB nicht abgedeckt werden, muss die LVB endlich das Busnetz anpassen! Seit Jahren ist trotz des Bevรถlkerungswachstums in dieser Hinsicht nichts passiert.
Im Leipziger Norden wรคre der Sachsenpark ein exemplarisches Beispiel, wo Nachfrage nicht flexatauglich verstreut, sondern geballt, vorliegt. Im Gebiet von Flexa Sรผdost dรผrfte das vor allem fรผr die Verbindung von Holzhausen und Probstheida gelten, wo eine Lรผcke zwischen den Linien 74 und 76 klafft, die geschlossen werden kรถnnte. Eine Verbindung zwischen den Stadtteilen Liebertwolkwitz, Holzhausen und Mรถlkau, und darรผber hinaus nach Baalsdorf und Engelsdorf gibt es durch die Linie 172 โ allein die dreistellige Nummer im Stil der รberlandlinien zeigt schon an, dass deren Angebot (es ist ein Stundentakt) definitiv nicht attraktiv ist fรผr Groรstadtverhรคltnisse. Auch hier wรคre eine Verbesserung des Linienverkehrs die passendere Option.
Was den angesprochenen Stadtteil Liebertwolkwitz angeht, wo man laut Artikel jetzt auch Flexa haben mรถchte:
Welche groรen Vorteile soll Flexa dort bieten? Es gibt eine klare Ausrichtung des Bedarfs in Richtung der Stadt Leipzig, aber auch in Richtung des groรen Nachbarorts Groรpรถsna โ das entspricht dem Verlauf der Buslinie 75! Flexa wรคre in vielen Fรคllen ein Parallelverkehr. Den schlechten Takt der 172 hatte ich schon angesprochen, aber das ist ein lรถsbares Problem.
Mein bescheidener Rat an die Liebertwolkwitzer*innen fรผr die Zeit, wenn die Pandemiesituation sich beruhigt hat: Falls Ihnen das Thema Nahverkehr unter den Nรคgeln brennt, dann pochen Sie auf einen Dialog mit allen Beteiligen: den Leipziger Verkehrsbetrieben, der Regionalbus Leipzig GmbH, der Leipziger Stadtverwaltung, der Stadt Markkleeberg und der Gemeinde Groรpรถsna! Sammeln Sie die Wรผnsche mรถglichst vieler Bรผrger: wer mรถchte wie oft wohin fahren? Sollen รถfter Busse nach Holzhausen fahren, mรถchten Sie auch nach Wachau oder zum Stรถrmthaler See mit dem Bus, oder soll die bestehende Buslinie 75 einfach innerhalb des Orts anders fahren? Diskutieren Sie die Vorschlรคge und lassen Sie sich nicht davon abbringen, wenn die Verantwortlichen die Augenbrauen hochziehen, weil dafรผr ein zusรคtzlicher Busumlauf notwendig wรคre. Eine โVerkehrswendeโ funktioniert nicht mit dem Status quo, sonst bleibt es bei leerem Gequatsche. Machen Sie den Stadtrรคten aus Ihrem Wahlkreis Sรผdost klar, dass Sie bei diesem Thema greifbare Verbesserungen haben wollen.
In diesem Sinne wรผnsche ich Ihnen viel Erfolg!