Wer genau hingeschaut hat, hat schon zwei nagelneue XL-Straßenbahnen von Solaris im Leipziger Gleisnetz mit den verblüffenden Nummern 42 und 43 gesehen. Schon 47 dieser extra für Leipzig konzipierten Fahrzeuge im Einsatz? Kann das sein? Ronald Juhrs, Technischer Geschäftsführer der LVB, erklärte das Zahlenwunder am Dienstag, 9. März, im Presse-Stream.
Nicht ganz zufällig. Denn die neuen Straßenbahnen sind ein wesentlicher Teil der Modernisierung, die im Jahr 2021 im Betrieb der Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) sichtbar wird. Worauf am Dienstag auch Ulf Middelberg, Sprecher der Geschäftsführung der LVB, hinwies: Die Pandemie wird irgendwann vorbei sein, der Klimawandel erst einmal nicht. Und die LVB sind zentraler Baustein der Leipziger Verkehrswende.Dazu gehören auch die neuen Straßenbahnen von Solaris. Und der Start ins E-Bus-Zeitalter passiert ebenfalls 2021.
In diesem Jahr kaufen die Leipziger Verkehrsbetriebe für ihre Kunden 17 neue XL-Bahnen und 19 Elektrobusse. Zum Jahresende 2020 waren insgesamt schon 31 Solaris-Straßenbahnen auf den Linien 1, 3, 4 und 16 im Einsatz. Der polnische Vertragspartner liefert kontinuierlich und zuverlässig, sagte Juhrs am Dienstag. Um seinen Vertrag zu erfüllen, hat Solaris aber einen Unterauftragnehmer mit an Bord genommen. „Und der nummeriert die Bahnen ab der Nr. 40“, so Juhrs.
Die Nummer verrät also nicht die Reihenfolge der Lieferung. Aber Juhrs rechnet fest damit, dass Leipzig alle bestellten Bahnen auch fristgerecht bekommt. Sieben weitere Bahnen wurden zu Jahresbeginn geliefert. Allein 2021 sollen noch 17 neue Straßenbahnen geliefert werden. Die letzte Tranche mit sechs weiteren Fahrzeugen ist für 2022 geplant, sodass dann insgesamt 61 XL-Straßenbahnen in Leipzig unterwegs sind.
Mit ihnen werden auch die letzten Tatra-Straßenbahnen im Liniennetzbetrieb abgelöst. Noch sind – von einst über 900 Tatra-Bahnen – 51 im Leipziger Netz im Einsatz. Die werden, so Juhrs, zu jeweils 20 Wagenzügen zusammengestellt, in der Regel mit Niederflur-Anhänger, sodass im Straßenbahnnetz weitgehend Barrierefreiheit geschaffen wird. Wenn alle XL-Bahnen da sind, verschwinden die Tatra-Bahnen aus dem Linienbetrieb. „Wir werden nur 13 bis 15 Wagenzüge in der Hinterhand behalten, um sie bei Großveranstaltungen, Fußballspielen und Messen als Verstärkung einzusetzen“, sagte Juhrs.
65 Millionen Euro geben die LVB in diesem Jahr allein für neue Fahrzeuge aus. Knapp 50 Millionen entfallen dabei auf die 17 neuen Straßenbahnen. Der Rest fließt in die neuen Elektrobusse.
Damit steigen die Verkehrsbetriebe schrittweise in die E-Bus-Technologie ein, um die Lebensqualität weiter zu verbessern und einen Beitrag zum Klimaschutz in Leipzig zu leisten. Entsprechende Umbauarbeiten zum Laden der Busse im Stadtgebiet sowie auf dem Bushof sind in Planung.
„Mit dem schrittweisen Einstieg wollen wir die Stadt Leipzig im Klimaschutz unterstützen und für unsere Kunden moderne Antriebstechnologien einsetzen. Nach der Schulung und Qualifikation unserer Fahrer und Werkstattkollegen, sowie dem notwendigen Infrastrukturumbau gehen wir mit den ersten Fahrzeugen auf Buslinie 89 zum Einsatz. Hier verbessern wir dann auch unser Angebot und fahren aller 10 Minuten“, fasst Ronald Juhrs zusammen.
Genauer heißt das: Es werden an den jeweiligen Endstellen fünf Ladestationen errichtet, an denen die E-Busse aufgeladen werden. Getestet haben die LVB das Prinzip ja seit drei Jahren auf der Linie 89 mit dem Erprobungsbus des Fraunhofer-Instituts.
Auch am Busbahnhof Lindenau muss ein eigener Bus-Port für die E-Bus-Flotte gebaut werden. Das alles soll noch in Frühjahr passieren, denn im Mai soll der Probebetrieb mit den neuen Elektrobussen (Citea Electric) von VDL beginnen, von denen die LVB insgesamt 19 kaufen. Probebetrieb heißt: Für fünf bis sechs Monate werden die Busse im echten Linienbetrieb erprobt. Die Leipziger/-innen können also direkt dabei sein und werden bestimmt auch gefragt, wie sich das Nutzen der E-Busse für sie anfühlt.
Nach der schon eingeführten E-Linie 89 folgen dann die Buslinien 74 und 76 mit der Umstellung auf E-Bus-Betrieb. „Das ist unser Technologieprogramm für 2021“, sagte Juhrs.
Was zumindest ein Hoffnungsschimmer ist. Denn immerhin sind auch die LVB durch die Corona-Einschränkungen finanziell unter Druck geraten. Auch 2021 werde man nicht ohne einen Rettungsschirm auskommen, so Middelberg. Denn seit Januar fährt man weiterhin mit deutlich weniger Fahrgästen, inzwischen aber wieder im Normalbetrieb.
Aber insbesondere der ganze Freizeitverkehr, der Messebetrieb und die Shopping-Fahrten in die Innenstadt fehlen in der Kasse. Middelberg rechnet darauf, dass der Bund auch 2021 seine Zusage hält, den ÖPNV in dieser Krise finanziell zu unterstützen.
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