Wie nun weiter mit den Plänen zum Leipziger 365-Euro-Ticket? Denn eigentlich sollte die Stadtverwaltung ja prüfen, ob es gleich nach Auslaufen des Tarifmoratoriums für die LVB eingeführt werden könnte. Das Moratorium läuft im August aus. Aber von einer Bundesförderung für das preisgünstige Jahres-Abo ist nichts zu sehen. Einem SPD/Linke-Antrag dazu folgt nun gleich ein Änderungsantrag der Grünen.

Über den Antrag von SPD- und Linksfraktion, das preiswertere Jahres-Abo erst einmal stufenweise einzuführen, haben wir am 17. November berichtet.Mittlerweile liegt auch endlich die ausgewertete „Bürgerumfrage 2019“ vor, die recht deutlich gezeigt hat, dass es nicht nur der hohe Ticketpreis für den Nahverkehr in Leipzig ist, der viele Nicht-Nutzer davon abhält, Straßenbahn und Bus zum Mittel ihrer Wahl zu machen. Mindestens genauso schwerwiegend sind ganz praktische Gründe von fehlenden ÖPNV-Verbindungen bis hin zu schlechten Takten.

Und der Blick nach Wien, wo das 365-Euro-Ticket längst zum Standard gehört, macht deutlich, dass man – wenn man den Zuspruch für den ÖPNV wirklich erhöhen will – zuerst einmal das Angebot auf ein höheres Level heben muss.

Genau da setzt der Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen zum Antrag von Linksfraktion und SPD-Fraktion an.

„Das Ziel des 365 Euro-Tickets ist die Steigerung des ÖPNV-Anteils am Modal Split zugunsten des Umweltverbunds gemäß nachhaltiger Mobilitätsstrategie der Stadt Leipzig“, stellt die Grünen-Fraktion in ihrem Änderungsantrag fest.„Die Forschung belegt, dass Preissenkungen im ÖPNV in ein integriertes Gesamtkonzept eingebunden werden müssen, um eine Steigerung des ÖPNV zugunsten des Umweltverbunds zu erreichen. Dazu braucht es ein gutes ÖPNV-Angebot mit ausreichenden Kapazitäten als Rahmenbedingungen und Voraussetzungen für die Einführung des 365 Euro-Tickets. Stadtentwicklung und ÖPNV-Planung müssen dafür konsequent integriert betrachtet werden. Zudem ist eine langfristige Finanzierung des 365 Euro-Ticket notwendig, damit eine schrittweise Einführung nicht bei wenigen Schritten stehen bleibt und nur geringe bis keine verkehrliche Wirkung zeigt. Bei Einführung des 365 Euro-Ticket sollte zudem am Ende immer die Einführung für alle Leipziger/-innen stehen.“

Womit das in den Vordergrund rückt, was auch in Wien zuerst umgesetzt wurde. Auch dort hat man das ÖPNV-Netz erst einmal mit hohen Investitionen deutlich ausgebaut, sodass die Nutzung auch für Pendler sinnvoller und bequemer wurde. Denn nur wenn Bahnen und Busse in kurzen Takten in einem dichten Netz fahren, werden sie zur echten Alternative zum Automobil. Und in Leipzig trifft das ganz entscheidend auf sämtliche Außenbezirke zu, was die Ortschaftsräte in der Diskussion zum Nahverkehrsplan 2019 mehr als deutlich gemacht haben.

Die Grünen haben gleich eine ganze Hausaufgabenliste geschrieben, um deutlich zu machen, was sich im Netzbetrieb der Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) ändern muss, bevor an ein flächendeckendes 365-Euro-Ticket überhaupt gedacht werden kann.

  • „Vor der Einführung eines 365 Euro-Ticket für alle sind folgende Voraussetzungen zu schaffen“, schreiben sie in ihrem Antrag und listen dann auf:
  • „Modernisierung und Ausbau der Infrastruktur des ÖPNV, insbesondere um bestehende Lücken im Pendlerverkehr und in der multimodalen Integration der Angebote zu schließen sowie fossile Antriebstechnologien im ÖPNV durch E-Mobilität zu ersetzen
  • Beschleunigung, Taktverdichtung und Kapazitätsausbau von Bussen und Straßenbahnen
  • Ausbau von Flexa-Angeboten, um kurze Wege zum ÖPNV in den Außenbezirken vorzuhalten
  • Pendler-Netz Nordraum – ,EU-Projekt LOW-CARB: nachhaltige Verkehrsplanung mit Schwerpunkt Stärkung ÖPNV und Umweltverbund‘ ausbauen
  • Weiterentwicklung der Leipzig Move App, um die Angebote des ÖPNV integriert und multimodal nutzbar zu machen
  • Umfassende Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung
  • Sicherstellung einer langfristigen Finanzierung des 365 Euro-Tickets.“

Das ist im Grunde die Übersetzung des 2018 vom Stadtrat beschlossenen Mobilitätskonzepts in klare Arbeitsschritte für den ÖPNV, die im Grunde beschreiben, wie Leipzig zu einem besseren Nahverkehrsangebot kommen kann – und auch muss. Denn die Mobilitätsstrategie gehört ja auch in das Leipziger Klimaschutzkonzept. Die hohen CO2-Emissionen im Verkehr kann man nur dadurch senken, dass man einen Großteil der Autofahrer dafür gewinnt, in den umweltfreundlicheren ÖPNV umzusteigen.

Das jetzt auch in Kostenkalkulationen und Umsetzungsschritte zu gießen, dürfte nicht ganz einfach sein. Weshalb die Grünen sogar einen recht späten Umsetzungstermin aufgeschrieben haben: „Dazu legt die Stadtverwaltung bis zum IV. Quartal 2022 ein Umsetzungskonzept vor.“

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Der heutige Morgen war ein tiefsitzender Rückschlag beim Versuch, mit dem Leipziger ÖPNV zur Arbeit zu gelangen.
Am Tag 3 (oder 4?) nach dem Schnee gedachte ich den Bus zu nutzen, denn eine Hauptlinie, wie sie die 60 darstellt, wird nun sicher vom Schnee beräumt sein und fahren.

Also gönnte ich mir die 900m zur nächsten Haltestelle.
Der Blick in die detailreiche Moove App zeigte einige Busse, welche die Haltestelle nicht bedienten, also stand ich pünktlich zu einer angekündigten Abfahrt an der korrekten Wartezone. Nicht zu sehen war – der Bus. Gar nicht kam er.
Also lief ich dann irgendwann los und traf an den folgenden Haltestellen auf andere wartende appgläubige Passanten, die offensichtlich noch ausreichend Optimismus verbrieten, welcher allerdings – nach dem Austausch beiderseitiger Erkenntnisse – in Ärger umschlug, weshalb man “einen ganzen Stadtteil abhängen würde”. Das konnte ich tatsächlich gut nachvollziehen. Und lief weiter.

Dass ein Bus mal nicht fährt, ok.
Dass das nach 3 Tagen Wetter so passiert, bedenklich.
Aber dass die – so tolle und innovative – digitale Kommunikation sämtliche Nutzer an der Frostnase herumführt, geht gar nicht.

Mit solchen Voraussetzungen möchte kein Mensch den ÖPNV planvoll nutzen.
Auch nicht mit 365-Tage-Ticket.

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