Es hat lange gedauert. Seit 2016 hat die SPD ihr Projekt Bildungsticket in der Staatsregierung vorangetrieben. Gegen starke und zähe Widerstände. Es ist ein exemplarisches Beispiel dafür, wie viele Leute politisch mitreden wollen und die Sache mit all ihren Kräften erschweren. Am Montag, 18. Januar, verkündete Verkehrsminister Martin Dulig nun endlich einen Durchbruch.
Am 18. Januar hat der sächsische Verkehrsminister Martin Dulig (SPD) mit den Landkreisen und Kreisfreien Städten des Freistaats Vereinbarungen für einen zukunftsfesten ÖPNV getroffen und diese in einer gemeinsamen Pressekonferenz vorgestellt. Diese Vereinbarung beinhaltet, dass zum Schuljahr 2021/22 – also ab August – das Bildungsticket eingeführt wird.
Das Bildungsticket soll für alle Schüler/-innen und Schüler verfügbar sein und kostet maximal 15 Euro/Monat und ist verbundweit gültig. Der Freistaat stellt dafür 50 Millionen Euro zur Verfügung.
Und ohne die Landräte und Oberbürgermeister ging da nichts.
„Der Weg für die Einführung des Bildungstickets ist frei. Unsere Beharrlichkeit über Jahre hinweg zahlt sich jetzt aus. Die SPD-Fraktion wird weiter alles dafür tun, damit das kostengünstige Ticket zum kommenden Schuljahr allen Schülerinnen und Schülern zur Verfügung steht“, erzählt Henning Homann, verkehrspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag, von der mühsamen Umsetzungsgeschichte.
„Der Landtag ist jetzt gemeinsam in der Pflicht, zügig die notwendigen Finanzen zur Verfügung zu stellen. Einen wichtigen Part haben dann noch Kreistage und Stadträte. Sie müssen trotz der enormen Corona-Belastungen schnellstens Beschlüsse zur Umsetzung fassen. Wenn jetzt weiter alle an einem Strang ziehen, steht die Ampel auf Grün.“
Mit der Einführung des Bildungstickets werden vor allem Familien entlastet, betonte Homann am Montag. „Alle Schülerinnen und Schüler können für 15 Euro das Ticket bekommen – egal, ob sie lange Schulwege in ländlichen Regionen oder kürzere in der Stadt haben; egal, ob sie am Nachmittag zum Sportverein im Nachbardorf oder zur Musikschule im anderen Stadtteil wollen. Das ist gerechte Mobilität, umweltfreundlich noch dazu. Genau deshalb haben wir um das Bildungsticket gekämpft – und die SPD kann nun eines ihrer Wahlversprechen einlösen. Der Weg war lang, er führte über das AzubiTicket für alle Auszubildenden und Freiwilligendienstleistenden sowie das SchülerfreizeitTicket. Das Bildungsticket ist ein erster Schritt hin zu dem Ziel, ein landesweites Ticket anbieten zu können. Die Unterstützung der SPD-Landtagsfraktion haben die Partner.“
Vorgestellt hat das Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr den Fortschritt beim Bildungsticket am Montag in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Vertretern der kommunalen ÖPNV-Aufgabenträger. Eine Einigung mit den Landkreisen gab es auch zur PlusBus- und Taktbus-Finanzierung sowie zur Sächsischen Mobilitätsgesellschaft.
Grüne: Endlich die leidigen Tarifgrenzen hinter uns lassen
„Ich bin hocherfreut, dass sich Land und Kommunen auf die Einführung des Bildungstickets ab August dieses Jahres einigen konnten“, kommentierte es Gerhard Liebscher, verkehrspolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen im Sächsischen Landtag.
„Das Bildungsticket für maximal 15 Euro pro Monat ist ein Quantensprung für die umweltfreundliche und kostengünstige Mobilität der sächsischen Schülerinnen und Schüler. Insbesondere die ganzjährige, ganztägige und verbundweite Gültigkeit sowie die versprochene Flexibilität in Bezug auf die Verbundgrenzen macht das kostengünstige Bildungsticket zu einem echten Gewinn. Mit der damit einhergehenden Steigerung der Attraktivität des ÖPNV wird ein zentrales bündnisgrünes Anliegen aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt.“
Auch die Einigung zur Finanzierung der PlusBus- und TaktBus-Angebote seien ein wichtiger Meilenstein zur Verbesserung des ÖPNV-Angebotes im Freistaat Sachsen.
„Durch die Aufrechterhaltung, den Ausbau und die Flexibilisierung der PlusBus- und Taktbus-Angebote kann die Erreichbarkeit des ländlichen Raumes deutlich verbessert werden. Wir Bündnisgrüne werden dafür einstehen, die Finanzierung auch im Landeshaushalt zu sichern“, sagte Liebscher. Und hinsichtlich der Einigung zur Sächsischen Mobilitätsgesellschaft: „Die Unterzeichnung der Absichtserklärung zur Sächsischen Mobilitätsgesellschaft birgt die Chance, endlich die ureigenen sächsischen Probleme der Verbund- und Tarifgrenzen hinter uns zu lassen und sachsenweit ein noch attraktiveres ÖPNV-Angebot zu etablieren. An diese Weichenstellung muss nun angeknüpft werden, sodass der Sachsentarif und der Sachsentakt tatsächlich 2023 eingeführt werden können.“
Linke: Das Bildungsticket war überfällig
„Zwei Legislaturperioden hat es gedauert, bis Verkehrsminister Dulig endlich etwas Konkretes zu seinem Versprechen in Sachen Bildungsticket vorlegen konnte“, ging auch Marco Böhme, Sprecher für Klimaschutz und Mobilität der Fraktion Die Linke im Sächsischen Landtag, auf die lange Zeit des Ringens um das Bildungsticket ein. „Die Linksfraktion begrüßt die Einigung mit den Landkreisen und Kreisfreien Städten, warnt jedoch davor, dass diese Einigung jetzt schon das endgültige Ergebnis des ‚Projekts Bildungsticket‘ ist.“
Aber 15 Euro pro Monat sind aus seiner Sicht immer noch eine Menge Geld.
„Eltern und Schüler können nichts dafür, dass die Schulwege im ländlichen Raum heute länger sind als noch vor 30 Jahren. Seit 1990 wurden in Sachsen über 700 Schulen geschlossen, wie eine Große Anfrage der Linksfraktion ergeben hat. Daraus ergeben sich Anfahrtswege von bis zu zwei Stunden für die Schülerinnen und Schüler“, benennt Böhme eines der größten Probleme in der sächsischen Bildungslandschaft.
Und die angestrebten 15 Euro pro Monat seien auch nicht in jedem Landkreis eine Verbesserung.
„Schon heute zahlt man im Verkehrsverbund Vogtland für das Schülerticket lediglich 10 Euro im Monat. Das wäre ein guter Richtwert für den Preis des Bildungstickets gewesen“, sagt Böhme.
„Die 15 Euro pro Verbundraum sind problematisch, wenn die Schule in einem anderen Landkreis liegt als der Wohnort. Die dazu versprochenen individuellen Regelungen lassen unnötige Bürokratie befürchten und zeigen, dass die verbundweite Gültigkeit des Tickets nur ein Zwischenschritt sein kann. Um den ÖPNV in Sachsen attraktiver zu gestalten muss so ein Schülerticket in ganz Sachsen gelten und zudem monatlich kündbar sein. Gerade für Schüler in Berufsschulen ohne duale Ausbildung ist ein Jahresabo für einen einzigen Verkehrsverbund unattraktiv. In den Ferienzeiten sollten alle Schüler den gesamten Freistaat erkunden können.“
Und so richtig spendabel war der Freistaat in Sachen ÖPNV in der Vergangenheit auch nicht, stellt Böhme noch fest: „Die kommunalen Zweckverbände können sich durch die Einigung zum Bildungsticket auf mehr Zuschüsse vom Freistaat freuen, sofern der Haushalt im Mai entsprechend beschlossen wird. Eigentlich stehen den Landkreisen schon immer mehr Mittel zu, als der Freistaat letzten Endes ausreicht. Die vom Bund ausgereichten Regionalisierungsmittel hat Sachsen bislang nie komplett an die kommunalen Zweckverbände weitergereicht, sondern damit immer auch Landesaufgaben im ÖPNV-Bereich finanziert, wie Schülerbeförderung, Infrastrukturzuschüsse, Schmalspurbahnen etc. Wir werden weiter Druck machen, damit der ÖPNV als Teil der sozialen Daseinsvorsorge in Sachsen endlich auskömmlich finanziert wird.“
Zu diesem Thema findet am heutigen Dienstag, 19. Januar, im Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr um 14 Uhr eine öffentliche Anhörung auf Antrag der Linksfraktion statt.
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