Wir können ja das Bild vom brutal umgefahrenen Poller vom Neumarkt hier wieder einblenden – was wir auch machen. Denn in der Regel räumt Leipzig die mit Auto-PS umgewalzten Poller meist relativ schnell wieder weg, sodass die meisten Leipziger gar nicht merken, mit welcher Rücksichtslosigkeit einige Autobesitzer alles niederfahren, was sie in ihrem Besitzanspruch eingrenzt. So geht es auch den eher niedlichen Pollern in der Richard-Lehmann-Straße.

So geht es auch den Pollern, die den Clara-Zetkin-Park schützen sollen und denen in anderen Parks ebenso. Und das vor dem Hintergrund, dass eigentlich sensible Bereiche auf Radwegen überhaupt erst einmal vor dem systematischen Beparken durch Kfz geschützt werden müssen. Mehrere solcher Stellen hat Leipzigs Verkehrsdezernat in der Prüfung. Und die kurzfristige Abpollerung vor der Postfiliale in der Richard-Lehmann-Straße sollte so etwas wie ein Pilotprojekt sein.

Eine Beobachtung über einen längeren Zeitraum, also eine Evaluation, wie von der SPD-Fraktion gefordert, war sowieso von Anfang an vorgesehen, teilt das Dezernat Stadtentwicklung und Bau mit. Was dabei herauskommt, soll dem Stadtrat dann 2021 mitgeteilt werden.

Dass man es aber auch in der Richard-Lehmann-Straße mit motorisierten Zeitgenossen zu tun hat, denen geltende Regeln völlig egal sind, macht die neue Informationsvorlage des Dezernats deutlich.

Ohne Rücksicht auf Verluste ... Foto: Ralf Julke
Ohne Rücksicht auf Verluste … Foto: Ralf Julke

„Der Ursprungsantrag forderte die Abpollerung des Radfahrstreifens vor der Postfiliale an der Richard-Lehmann-Straße sowie die nachfolgende Evaluation und, bei erfolgreichem Verlauf, die Anwendung auf vergleichbare Situationen in anderen Bereichen der Stadt“, heißt es darin.

„Da die Abpollerung an dieser Stelle schon umgesetzt wurde, wird in der Neufassung nur noch die Evaluation und ggf. Ausweitung des Einsatzes gefordert sowie neu, dazu aktiv Hinweise von Stadtbezirksbeiräten und Ortschaftsräten sowie aus der Bürgerschaft zu möglichen Einsatzorten aufzunehmen. Die Evaluation der Maßnahme in der Richard-Lehmann-Straße ist vorgesehen (siehe VSP zum Ursprungsantrag). Der Evaluationsbericht kann den Fachausschüssen bis Mitte 2021 gemeinsam mit einem Handlungsvorschlag vorgestellt werden.“

Aber dem Dezernat ist auch bewusst, dass man PS-besessene Autofahrer nicht so leicht umerzieht, wenn sie das „Recht der Straße“ gewohnt sind, nur in ihrem Sinne auszulegen: „Da ein (positives) Ergebnis der Evaluation nicht vorhergesagt werden kann (bislang sind bereits einige Leitschwellen zerstört worden, Erfahrungen mit Stadtreinigung inkl. Winterdienst liegen auch noch nicht vor), ist eine mögliche aktive Aufnahme von Einsatzwünschen aus den Stadtbezirken, Ortschaften und von Bürgern erst dann sinnvoll zu bewerten, wenn sich die angewandte Methode bewährt hat und Parameter für einen erweiterten Einsatz vorliegen.“

Was auch für andere Untersuchungsaufträge im Stadtgebiet wohl heißt: Geduld. Irgendwie lernt jede Stadt in Deutschland erst einmal nur für sich. Eine gemeinsame Plattform für Erfahrungen beim Durchsetzen simpler Verkehrsregeln gibt es augenscheinlich nicht. Und so sind es vor allem die Radfahrer/-innen in Leipzig, die weiterhin ihre täglichen Schreckmomente erleben auf Radwegen, die eigentlich sicher sein sollten.

Radfahrstreifen in der Richard-Lehmann-Straße: Verkehrs- und Tiefbauamt hatte vor Wildparkern schon fast kapituliert

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30 Jahre deutsch-deutsche Parallelwelt: Höchste Zeit, die betonierten Vorurteile zu demontieren

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Es gibt 2 Kommentare

Keine. Aber so lange, wie es den Bürgermeistern offensichtlich so recht ist und dem Stadtrat egal, wird eben fleißig weiter verzögert.
Und bitte, liebe Stadträte, erzählt uns nicht, was ihr alles schönes wieder mal beschlossen habt oder wollt, es zählt, was hinten rauskommt. Und das ist bisher leider fast garnix.

Eine “Aufnahme von Einsatzwünschen aus den Stadtbezirken, Ortschaften und von Bürgern (ist) erst dann sinnvoll zu bewerten, wenn sich die angewandte Methode bewährt hat.”
Ja und wenn sich diese Methode nicht bewährt, “bislang sind bereits einige Leitschwellen zerstört worden”, dann legen wir uns wieder hin.
Wie viele Beweise braucht es eigenltich noch um zu erkennen, dass diese Verwaltung nicht willens ist?!

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