Endlich geht es los, das, was der Leipziger Stadtrat 2016 eigentlich bezweckte, als er die Stadtverwaltung beauftragte, nicht nur einen Nahverkehrsplan vorzulegen, sondern mehrere Szenarien für eine künftige (umweltfreundliche) Mobilitätsstrategie. Diese Szenarien legte die Verwaltung vor zwei Jahren vor. Der Stadtrat beschloss konsequent das Nachhaltigkeitsszenario. Und das bedingt ganz unausweichlich: neue Straßenbahnstrecken. Für drei Streckenerweiterungen gibt die Verwaltung jetzt Grünes Licht.

In der Priorität 1 als Neubaumaßnahme schlägt das Planungsdezernat diese drei Projekte vor, für die sofort die Planungen beginnen sollen:

– „Südsehne“ – mit begleitenden Einbindungstrassen

– „Wahren4Link“ – Anbindung S-Bf. Wahren mit Mittlerem Ring Nordwest

– „Verlängerung Thekla Süd“

Die Karte oben zeigt noch mehr Netzerweiterungen, die alle schon heftig diskutiert wurden und garantiert auch weiter werden, denn eine Straßenbahnlinie nach Mölkau ist genauso sinnvoll wie eine zum Lindenauer Hafen oder eine nach Liebertwolkwitz. Um nur die namhaftesten zu nennen.

Aber selbst für die jetzt mit Priorität 1 gewichteten Strecken fehlt noch die Planung – und das für die Planung notwendige Geld, das jetzt der Stadtrat zur Verfügung stellen muss, wenn – wie beabsichtigt – die Planungen vor 2023 begonnen werden sollen und eine Umsetzung vor 2030 wirklich beabsichtigt ist.

Übersicht über alle angedachten Maßnahmen im Straßenbahnnetz der LVB. Grafik: Stadt Leipzig
Übersicht über alle angedachten Maßnahmen im Straßenbahnnetz der LVB. Grafik: Stadt Leipzig

Die Vorlage des Planungsdezernats betont freilich auch, dass alle Streckenerweiterungen keinen Sinn machen, wenn das zentrale Herz des Straßenbahnnetzes nicht leistungsfähiger wird.

„Das Vorhaben ,Ausbau Promenadenring‘ der Kategorie 1 stellt eine wichtige Sondermaßnahme dar, die verschiedene Vorhaben zum Erhalt bzw. zur Erweiterung der Leistungsfähigkeit des Straßenbahnnetzes im Stadtzentrum mit z. T. unterschiedlichen Umsetzungshorizonten beinhaltet.

Ziel ist es deshalb, durch eigenständige Untersuchungen im Rahmen des Stadtraumkonzeptes ,Erweiterte Innenstadt‘ konkreten Handlungsbedarf und Maßnahmen, auch hinsichtlich der ÖPNV-Infrastruktur, abzuleiten und eine separate Zeitschiene aufzuzeigen. Das Stadtraumkonzept ,Erweiterte Innenstadt‘ soll voraussichtlich 2021 im Entwurf vorliegen.“

Die „Südsehne“ – als die neue Straßenbahnstrecke über Antonienstraße, Kurt-Eisner-Straße – braucht natürlich ein ganzes Bündel begleitender Ausbaumaßnahmen, die das Planungsdezernat so auflistet:

– „Brünner T“: Neubaustrecke von Lützner Straße (bzw. Ratzelstraße) über Brünner Straße (optional Grünauer Allee) und Antonienstraße bis Diezmannstraße

– „Südsehne“: Schleußiger Weg von Könneritzstraße über Kurt-Eisner-Straße und Semmelweisstraße bis Prager Straße

– „Umlegung Straße des 18. Oktober“: Umlegung der Trasse aus der Philipp-Rosenthal-Straße in die Straße des 18. Oktober im Abschnitt zwischen Bayerischer Bahnhof und Semmelweisstraße

– „Neubaustrecke Hermann-Liebmann-Straße“: Neubaustrecke in der Hermann-Liebmann-Straße zwischen Eisenbahnstraße und Wurzner Straße (Hinweis: Dieser Abschnitt gilt als begleitende Einbindungstrasse für die „Südsehne“, da die Verbindung zwischen der Riebeckstraße/Breite Straße und der Hermann-Liebmann-Straße eine Fortsetzung der „Südsehne“ im Osten und damit eine verbesserte Netzverknüpfung sicherstellt.)

***

„Die ,Südsehne‘ (mit begleitenden Einbindungstrassen) hat eine herausragende Bedeutung für die Stadtentwicklung und zugleich eine sehr wichtige Verbindungsfunktion. Ein Teil der Maßnahme liegt im INSEK-Schwerpunktgebiet Grünau und dem Entwicklungsgebiet Alte Messe/Bayerischer Bahnhof. Sie schafft zahlreiche Verknüpfungen mit den radialen Straßenbahn- und Busachsen sowie eine Entlastung von stark belasteten bzw. z. T. überlasteten Innenstadttrassen. Zugleich wird ihre Umsetzung große Herausforderungen mit sich bringen (Komplexität, potenzielle Auswirkungen auf Freiraum und Schutzgebiete)“, betont die Vorlage. Und trotzdem rechnet das Planungsdezernat aufgrund der Komplexität nicht mit einer Umsetzung vor 2030.

Geld für Planung und für Planer

Wann aber was wirklich gebaut werden kann, werde frühestens 2023 bestimmbar, so das Planungsdezernat. Das mit der Vorlage auch die nötigen Planungskosten bis 2028 beziffert. Allein im nächsten Doppelhaushalt 2021/2022 werden 450.000 Euro fällig, im folgenden dann 4 Millionen Euro. Und auch 2025 bis 2028 sind noch einmal 4,9 Millionen Euro an Planungsmitteln notwendig.

Und: es braucht Planer. Insgesamt zehn zusätzliche Stellen müssen bis 2028 eingerichtet werden. Was eigentlich auch schon eine Menge darüber aussagt, warum Netzerweiterungen seit Jahrzehnten nicht mehr im Arbeitsprogramm der Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) stehen. Es gab diese Planungsabteilung quasi nicht.

Der Stadtrat hat sich ja 2018 mit seinem Votum zum Nachhaltigkeitsszenario selbst verpflichtet. Jetzt wird zumindest langsam konkret, was ein wirklich nachhaltiger ÖPNV-Ausbau kostet. Das Geld muss nun auch bereitgestellt werden. Erst einmal für die Planung: „Das zuvor beschriebene Planungsdefizit ist vollständig auszugleichen. Zusätzliche Vor-/Planungsmittel werden entsprechend der Vorlage VII-DS-01404 ,Bereitstellung zentraler Vor-/Planungsmittel als flexibles Handlungsinstrument zur Beschleunigung von Investitionen – Bestätigung außerplanmäßiger Aufwendungen gemäß § 79 Abs. 1 SächsGemO‘ bereitgestellt.

Der Mehrbedarf im Ergebnishaushalt 2021/2022 gegenüber dem Eckwert zur Haushaltsplanung wird bestätigt. Im Rahmen der Vorlage der Haushaltspläne für die Folgejahre wird angestrebt, dass das beschrieben Planungsdefizit nicht erneut auftreten wird. Die finanziellen Bedarfe werden daher ab 2023 periodengenau zur Haushaltsplanung angemeldet.“

Und natürlich zeichnet sich auch ab, was ab 2023 (wenn dann hoffentlich die ersten Bausteine auch gebaut werden) dann an Baufinanzierung notwendig ist: „Neben den Planungsmitteln fallen für den Bau der Maßnahmen insgesamt Kosten in dreistelliger Millionenhöhe (vsl. zwischen 100 und 200 Mio. €) an. Die entsprechenden Bedarfe für die Baukosten werden über gesonderte Vorlagen mittels Bau- und Finanzierungsbeschluss gefasst.“

Wirklich mal groß denken für ein Leipziger Liniennetz 2035+

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Keine Kommentare bisher

1. Nun haben wir den Salat. Der ÖPNV müsste eigendlich schon lange weitaus umfangreicher als bisher ausgebaut werden. Es fehlt immer schon das Geld und nun schon seit langem die Planungskapazitäten, dh. ausgebildete Fachplaner! oder Planungsbüros für den ÖPNV, Radverkehr usw. Nun kommt auch noch die Corona Krise dazu, wodurch die Fahrgastzahlen einbrechen.
Mit dem Individualverkehr per Pkw kommen wir in der Stadt aber auch nicht weiter, da die Straßen schon heute mit Pkws zugeparkt sind und kaum noch Platz für den rollenden Verkehr und schon gar nicht für Radwege und Fußgänger übrig bleiben. Wie kann es also mit dem ÖPNV weiter gehen?
Vielleicht muss man in der LVB und der Stadtverwaltung noch weiter nach vorn denken, wenn der Ausbau der Straßenbahn zu teuer und aufwändig wird, warum kann man auf bestimmten Strecken keine O-Buslinien wieder einführen? Hatten auch wir in Leipzig mal bis in die 60ziger Jahre. Ist nur 60 Jahre her und von denen, die das noch planen konnten, gibt es wahrscheinlich kaum noch Jemanden bei der LVB oder in der Verwaltung. In Osteuropa fahren noch in Großstädten O-Busse. Warum nicht hier? Es werden keine Schienen benötigt, sondern “nur” die Oberleitungen und natürlich O-Busse.
2. zum Norden:
a) zu der Ausbaustrecke Gleisschleife Wahren vom Rathaus verlegen zur S-Bahn-Anbindung Max-Liebermann-Str – ist unbedingt erforderlich. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass an der S-Bahn dann gleich ein Bushalteplatz und ein P&R Platz mit eingerichtet werden, damit der Umstieg an der Stadtgrenze für die Pendler möglich wird. An der S-Bahn den Pkw stehen lassen und mit dem ÖPNV mit einem Kombiticket (Parkgebühr inclusive Nutzung ÖPNV) in die Stadt fahren.
b) im Norden wird viel gebaut, nur nicht bei der LVB. In Stahmeln/Lützschena siedelt sich ein weiterer Großbetrieb an, neben DHL, Porsche und GVZ. Da sollte doch auch die Taktung der Straßenbahn von Wahren mit der 10 und 11 bis Lützschena geführt werden mit Wendeschleife, damit die Berufstätigen möglichst weit bis zu ihren Betrieben mit dem ÖPNV fahren können. Die Betriebe könnten dann einen Anreiz mit Jahresfahrkarten für ihr Personal schaffen (anstatt Dienst-Pkws). So wäre den Firmen gedient, der LVB und der Umwelt.

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