Eigentlich war es eher eine Informationsvorlage, die der Stadtrat zur Kenntnis nehmen sollte: Nach Jahren des Wartens hat das Dezernat Stadtplanung und Bau endlich ein neues Konzept โ€žHauptnetzRad und Wegweisung SachsenNetz Radโ€œ erarbeitet, das das veraltete Konzept aus dem Radverkehrsentwicklungsplan von 2010 ersetzen soll. Was nicht nur die SPD zu der drรคngenden Frage brachte: Und wann kommt endlich der neue Radverkehrsentwicklungsplan?

โ€žBereits im Jahr 2012 wurde im Radverkehrsentwicklungsplan (RVEP) beschlossen, dass Hauptradrouten fรผr den Alltagsverkehr als durchgรคngige lรผckenlose Radverbindungen mittelfristig umgesetzt werden sollenโ€œ, sagte Anja Feichtinger in ihrer Stadtratsrede am Mittwoch, 8. Juli. Die SPD-Fraktion hatte als erste reagiert und zur Verwaltungsvorlage einen dicken ร„nderungsantrag geschrieben, der mit mehreren Einzelpunkten den Druck auf die Verwaltung erhรถhte, das seit zehn Jahren ausstehende Radhauptnetz endlich auch zu bauen.

Denn das wurde mit dem Radverkehrsentwicklungsplan 2010โ€“2020 beschlossen โ€“ und bis heute nicht umgesetzt. Das Leipziger Radnetz ist Stรผckwerk geblieben voller Streckenabschnitte, die brandgefรคhrlich sind. Obwohl vor acht Jahren auch der Punkt beschlossen wurde: โ€žErste Prioritรคt bei der Umsetzung der Radverkehrswegweisung haben die Strecken des SachsenNetz Rad und der Verbindungsfunktionsstufe IIโ€ฆ Zweite Prioritรคt haben die auf das Stadtzentrum zulaufenden รผbrigen Radialen und der Ring um die Innenstadt. Dritte Prioritรคt haben die รผbrigen Strecken des Wegweisungsnetzes.โ€œ

Anja Feichtinger (SPD). Foto: L-IZ.de
Anja Feichtinger (SPD). Foto: L-IZ.de

โ€žDieses Hauptnetz Rad sollte mit dem Ziel, das Hauptradnetz zu verdichten, รผberarbeitet werdenโ€œ, sagte Feichtinger. โ€žJahrelang warteten wir gespannt, wie diese รœberarbeitung konkret aussehen soll. Der Radverkehrsbeauftragte wechselte, die Thematik Hauptnetz Rad blieb. Die Kollegen der Grรผnen versuchten Druck รผber einen HH-Antrag zu machen. Wir fragten stetig nach. Nun endlich im Mรคrz dieses Jahres sollte das Papier zum Hauptnetz Rad im Gremium ,Runder Tisch Radverkehrโ€˜ vorgestellt und diskutiert werden. Drei Tage vorher mussten alle Veranstaltungen im Rathaus wegen Corona abgesagt werden.

Wir fragten nach ein paar Wochen wieder nach und Ende April wurde die Informationsvorlage zum Hauptnetz Rad im Alriss freigeschalten. Ehrlich gesagt, wir sind enttรคuscht, dass uns die Verwaltung nach jahrelangem Warten keine Beschlussvorlage vorlegt und die (รถffentliche) Diskussion nunmehr im Zuge der Fortschreibung zum Radverkehrsentwicklungsplan in ca. zwei Jahren fรผhren mรถchte. Die Grundlage fรผr die Weiterentwicklung des Radverkehrs ist am Ende nur ein Schubladenprodukt.โ€œ

In ihrer Stellungnahme ging Baubรผrgermeisterin Dorothee Dubrau dann darauf ein, dass ihr Dezernat trotzdem die ganze Zeit lauter Radwege neu angelegt und saniert hatte. Aber warum es immer nur Stรผckwerk blieb, konnte sie nicht wirklich erklรคren.

Der SPD-ร„nderungsantrag hatte noch einige unfertige Stellen. Mit den Fraktionen von Linken und Grรผnen setzte sich die SPD-Fraktion noch einmal hin, den ร„nderungsantrag zu verbessern und stichhaltiger zu machen. Und der Verwaltung ein paar feste Abgabetermine zu verpassen. Ohne das geht es wohl nicht mehr, betonte in seiner Rede dann FDP-Stadtrat Sven Morlok, der zwar zwei Begrรผndungen im ร„nderungsantrag kritisierte. Aber die Freibeuter-Fraktion wollte dem ร„nderungsantrag trotzdem zustimmen.

Ein fester Punkt aus dem ร„nderungsantrag von SPD, Grรผnen und Linken ist jetzt zum Beispiel: โ€žDas HauptnetzRad wird bis zum 4. Quartal 2020 nutzungsorientiert unter folgenden Prรคmissen รผberarbeitet und dem Fachausschuss Stadtentwicklung und Bau vorgelegt.โ€œ

Dazu kommen dann noch allerlei StraรŸen, die im Hauptnetz zu ergรคnzen sind. Und die neue Forderung: โ€žDas HauptnetzRad und die daraus abzuleitenden MaรŸnahmen sind alle zwei Jahre fortzuschreiben, erstmalig zum 31.12.2022. Die Mittel zur Umsetzung werden wechselseitig im Mittelfristprogramm und dem Haushalt festgeschrieben. Bรผrger, Stadtbezirksbeirรคte, Ortschaftsrรคte und die entsprechenden Verbรคnde sind bei der Fortschreibung zu beteiligen.โ€œ

Denn erst so hรถrt das Konstrukt auf, ein Schubladenplan zu sein. Die Stadtratsfraktionen wollen wissen, wie sich das Radnetz entwickelt.

โ€žMit unseren ร„nderungsvorschlรคgen mรถchten wir dazu beitragen, dass die Verkehrssicherheit fรผr Radfahrerinnen und Radfahrer erhรถht wird und dass der Radverkehr flieรŸen kannโ€œ, sagte Feichtinger. โ€žWir mรถchten den Radverkehrsbeauftragten ausdrรผcklich ermuntern, nach รœberarbeitung des HauptnetzRad bis zum 4. Quartal 2020 und Vorlage im zustรคndigen Fachausschuss, die Planungen zur Fortschreibung des RVEP voranzutreiben, damit eine baldige Diskussion dazu mit den Interessenverbรคnden, den politischen Gremien und der ร–ffentlichkeit mรถglich wird.โ€œ

Wirklich gegen den ร„nderungsantrag plรคdierte nur Falk Dossin fรผr die CDU-Fraktion, der sich freilich auf den ersten Antrag der SPD zu beziehen schien, worauf ihn Linke-Stadtrat Matthias Weber dann hinwies.

Ausschnitt aus der Karte โ€žHauptNetzRad Stadt Leipzigโ€œ. Karte: Stadt Leipzig
Ausschnitt aus der Karte โ€žHauptNetzRad Stadt Leipzigโ€œ. Karte: Stadt Leipzig

Aber am Ende stimmte die CDU-Fraktion trotzdem geschlossen gegen den ร„nderungsantrag von SPD, Linken und Grรผnen. Die AfD enthielt sich. Und so wurde der ร„nderungsantrag mit 39 : 10 : 11 Stimmen angenommen und Leipzigs Verwaltung bekommt jetzt tatsรคchlich die Aufgabe, ein โ€žganzjรคhrig befahrbares Alltagsradnetzโ€œ zu bauen, wie es Matthias Weber ausdrรผckte. Vorrangig im HauptstraรŸennetz, da, wo Radfahrer aus gutem Grund dieselben Routen fahren wie die Autobesitzer. Womit der stille Wunsch der CDU, die Hauptradrouten ins StraรŸennebennetz zu verlagern, weitgehend vom Tisch ist.

Jetzt beginnt das Warten auf den neuen Radverkehrsentwicklungsplan, der eigentlich lรคngst vorliegen mรผsste.

Und dass das alles kein Nebenschauplatz ist, daran erinnerte Sven Morlok, denn auch im zeitweilig beratenden Ausschuss Mobilitรคt und Verkehr wartet man mit Ungeduld auf die konkreten Plรคne zum Ausbau des Radnetzes, denn das ist integraler Bestandteil des Nachhaltigkeitsszenarios. Und dessen Ausbau darf รผberhaupt nicht so lange dauern wie der Ausbau des ร–PNV-Netzes.

Die Debatte zum Radwegenetz am 8. Juli 2020 im Stadtrat

Video: Livestream der Stadt Leipzig

Das Verkehrsdezernat hat jetzt endlich den neuen Radnetzplan vorgelegt

Das Verkehrsdezernat hat jetzt endlich den neuen Radnetzplan vorgelegt

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