Hätte es nicht fast parallel die neue Auswertung „Mobilität in Städten – SrV 2018“ der TU Dresden gegeben, die belegt, wie deutlich der Radverkehr in Leipzig zugenommen hat, dann hätte spätestens der in dieser Woche vorgelegte Ergebnisbericht zur „Befragung zum Klimawandel in Leipzig 2018“ gezeigt, wie sehr sich das Mobilitätsverhalten der Leipziger/-innen in den letzten Jahren verändert hat.

Die Befragung war zwar vor allem daran interessiert, herauszubekommen, ob und wie sich die Verkehrsmittelwahl der Leipziger/-innen zwischen Sommer und Winter ändert. Da man aber auch die Vergleichsdaten aus der vorhergehenden Befragung von 2014 hat, wird auch sichtbar, wie die vorher dominierende Rolle des Autos schmilzt und die Befragten sowohl zum Einkauf als auch zur Arbeit immer öfter mit umweltfreundlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind.

Wobei die Anteile des ÖPNV relativ konstant geblieben sind.

Aber zwei Effekte stechen ins Auge: Sowohl im Sommer als auch im Winter verzichten die Leipziger/-innen deutlich öfter auf ihr Auto, wenn es um den täglichen Einkauf geht. Hier sanken die Werte um 9 bzw. 10 Prozent am Gesamtmobilitätsverhalten. Stattdessen gehen sie viel häufiger zu Fuß. Der Zu-Fuß-Anteil wuchs im Sommer von 22 auf 31 Prozent und im Winter von 25 auf 33 Prozent.

Beim Weg zur Arbeit gab es hingegen einen völlig anderen Trend: Hier wuchs nicht der Fußwegeanteil, sondern der Radwegeanteil, während die Autonutzung im Sommer von 44 auf 36 Prozent zurückging und im Winter von 49 auf 42 Prozent. Der Anteil der mit dem Rad zur Arbeit zurückgelegten Wege wuchs im Sommer von 26 auf 36 Prozent, im Winter wuchs er von 12 auf 18 Prozent.

Verkehrsmitteländerung zwischen Sommer und Winter. Grafik: Stadt Leipzig
Verkehrsmitteländerung zwischen Sommer und Winter. Grafik: Stadt Leipzig

Eine zweite Grafik zeigt dann auch schön übersichtlich, wie vom Sommer- zum Winterhalbjahr, wenn es draußen ungemütlicher wird, umgestiegen wird. Das betrifft vor allem die Radfahrer/-innen, von denen ein Teil im Winter aufs Auto umsteigt, ein anderer, etwas größerer Teil auf den ÖPNV. Im Winterhalbjahr profitiert der ÖPNV also davon, dass es draußen nass, kalt und windig wird.

Kaum eine Veränderung aber sieht man bei den Autonutzern.

Aber gerade um die geht es ja, wenn Leipzig seine Klimabelastung deutlich senken will.

Warum das so ist, dass die eingefleischten Autofahrer kaum einmal umsteigen, macht dann die Befragung nach der Hitzebelastung deutlich.

2018, dem großen Dürrejahr, gaben logischerweise mehr Bus- und Straßenbahnnutzer als 2014 an, dass sie die Hitze in den Fahrzeugen als belastend empfinden. (Was freilich auch verblüfft, weil die neueren Straßenbahnen allesamt mit einer Klimaanlage ausgerüstet sind.) Und vor allem Vielnutzer empfanden die Hitze in den Straßenbahnen als sehr belastend (37 Prozent), mehr als bei den Wenignutzern, wo es nur 30 Prozent waren.

Aber dieser Effekt könnte direkt damit zusammenhängen, wie oft jemand in der Straßenbahn (oder im Bus) Hitze erlebt.

Man lässt sich davon aber nicht abschrecken. Im Gegenteil.

In der Auswertung heißt es dazu: „Der Schluss liegt also nahe, dass jene Befragte, die bereit sind, stärker den ÖPNV zu nutzen, auch am meisten Erfahrung damit haben und die qualifiziertesten Angaben machen können. Zudem scheinen sie nicht durch Hitzebelastung abgeschreckt zu werden. Die Befragten, die sich nicht vorstellen können, den ÖPNV häufiger zu nutzen, scheinen keine oder kaum Erfahrung mit dem ÖPNV zu haben und können somit die Hitzebelastung nicht qualifiziert einschätzen.

Die Befragten, die sich unter bestimmten Umständen vorstellen können, häufiger den ÖPNV zu nutzen, scheinen dazwischenzuliegen. Ein kurzer Blick auf die Verkehrsmittelwahl bestätigt dies. Interessanterweise unterscheiden sich die Gruppen nicht hinsichtlich ihres Wissens über den Klimawandel. Eine hohe Sensibilität für den Klimawandel scheint jedoch mit stärkerer ÖPNV-Nutzung einherzugehen. Zudem sinkt die Bereitschaft, auf das Auto zu verzichten, mit der Distanz der Wohnung vom Stadtkern. Das wird daran liegen, dass das ÖPNV-Angebot in weiter entlegenen Gebieten geringer ausgebaut ist.“

Die letzte Aussage ist ja geradezu erfrischend. Denn genau das wurde ja in der Stadtratsdiskussion zur Fortschreibung des Nahverkehrsplans 2019 heftigst diskutiert – und natürlich auch als echtes Manko festgestellt, dass gerade die Stadtrandlagen meist schlecht und dürftig ans ÖPNV-Netz angeschlossen sind, die dort Wohnenden also kaum die Wahl haben, aufs Auto zu verzichten. Vom Radwegenetz müssen wir da gar nicht reden.

Leipzigerinnen und Leipziger sind besser informiert als 2014 und noch mehr bereit, ihr Verhalten klimafreundlicher zu gestalten

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