Im November 2018 rumpelte es ja tรผchtig in der sรคchsischen Politik, scheiterte Verkehrsminister Martin Dulig (SPD) ausgerechnet mit dem Prestigeprojekt einer Landesverkehrsgesellschaft, die kรผnftig den Schienennahverkehr aus einer Hand organisieren sollte. Vor allem die Landrรคte stellten sich quer, befรผrchteten den Verlust von Einfluss auf die รPNV-Politik und vor allem horrende Mehrkosten. Aber ohne einen zukunftsfรคhigen รPNV wird es in Sachsen nicht vorangehen, mahnt der Mobilitรคtssprecher der Linksfraktion im Landtag.
Denn ursprรผnglich sollte das von Dulig geplante Bildungsticket zum Schuljahresbeginn 2020/2021 kommen.
Und auch in der neuen Regierung hรคlt er daran fest. CDU, Grรผne und SPD haben im Koalitionsvertrag vereinbart: โIn Kooperation mit der kommunalen Ebene wollen wir mรถglichst kostengรผnstige und universelle OฬPNV-Angebote fรผr alle Schรผlerinnen und Schรผler initiieren und dauerhaft etablieren. Die hierfรผr erforderlichen Finanzmittel wollen wir dauerhaft zur Verfรผgung stellen. Wir setzen auf die Zusage der Landrรคte, zum kommenden Schuljahr ein mindestens verbundweites, einheitliches und ganzjรคhrig gรผltiges Bildungsticket einzufรผhren.โ
Die Linksfraktion will mit einem aktuellen Landtags-Antrag dafรผr sorgen, dass dieses Versprechen eingehalten werden kann (Drucksache 7/892).
Was sich รผbrigens einfรผgt in die Plรคne der Staatsregierung, den Anteil des รPNV an den zurรผckgelegten Wegen bis 2030 zu verdoppeln und 80 Prozent der Bevรถlkerung Sachsens, und damit einer Million Menschen mehr als heute, den Zugang zum vertakteten รPNV ermรถglichen.
Logisch, dass dafรผr das in den vergangenen 30 Jahren โgesundgeschrumpfteโ รPNV-System wieder ausgebaut werden muss, stillgelegte Bahnstrecken wieder ans Netz mรผssen und PlusBus-Linien im Land eine verlรคssliche Verbindung in die Zentren und Knotenpunkte ermรถglichen mรผssen.
Ein einheitliches Bildungsticket aber fรผr ganz Sachsen ist รผberfรคllig, stellt Marco Bรถhme, Sprecher der Linksfraktion fรผr Mobilitรคt, fest.
โSchon in der vergangenen Legislaturperiode hat die Staatsregierung verbindlich angekรผndigt, zum Schuljahresbeginn 2020/2021 das Bildungsticket einzufรผhren. Das steht klar in ihrer Stellungnahme zum Fรผnften Sรคchsischen Kinder- und Jugendbericht. Im Koalitionsvertrag ist hingegen die Rede von ,wollenโ statt von ,werdenโ, und der Verweis auf die nรถtige Zusage der Landrรคte kann als Hintertรผrchen interpretiert werden, um spรคter ein Scheitern zu rechtfertigenโ, bรผndelt er sein Misstrauen in die Umsetzung des Projekts.
โDas Projekt Bildungsticket darf aber nicht scheitern! Schon heute muss dafรผr gesorgt werden, dass ab dem nรคchsten Spรคtsommer alle Schรผlerinnen und Schรผler davon profitieren kรถnnen. Das Ticket muss kostengรผnstig, mindestens verbundweit und ganzjรคhrig gรผltig sein.โ
Noch ist es aber so, dass der Verkehrsminister auf die Kooperation der Landrรคte, die in den Verkehrsverbรผnden das Sagen haben, angewiesen ist.
โDerzeit entscheiden die Verkehrsverbรผnde รผber die Tarifanpassungen fรผr den Sommer 2020โ, benennt Bรถhme das Problem. โEs sind mehrere Monate Vorlauf nรถtig, um die technischen-organisatorischen und marketingseitigen Vorbereitungen fรผr das Bildungsticket zu treffen. Deshalb soll die Staatsregierung unverzรผglich die nรถtigen Abstimmungen mit den Landkreisen, Kreisfreien Stรคdten und Verkehrsverbรผnden vornehmen. Die Zeit drรคngt!โ
Das neue Regierungskabinett steht seit dem 20. Dezember. So knapp vor Weihnachten wird man noch kein derartiges Projekt in Angriff genommen haben. Ihre ersten Schritte wird die im September neu gewรคhlte Regierung erst im Januar gehen kรถnnen.
Und ein ganz zentraler Baustein wird fรผr Martin Dulig die Landesverkehrsgesellschaft, zu der es im Koalitionsvertrag heiรt: โWir wollen in Kooperation mit der kommunalen Ebene die รPNV-Landschaft deutlich verbessern und den Nahverkehr als ganzheitliches System darstellen und nutzen. Eine flรคchendeckende Ausweitung des schienengebundenen Angebots und die Fortsetzung des Aufbaus des PlusBus- und Taktbus-Grundnetzes mit der Ergรคnzung durch ein flexibles Landbus-Netz mit flexiblen Bedienformen (Rufbusse, Ruftaxis), die Abstimmung von Mindestbedienstandards und integrierte Planung von Bahn- und landesbedeutenden Busverkehren machen eine รผberregionale Planung und Abstimmung im รPNV erforderlich.โ
Und die Landrรคte will Dulig in diese Gesellschaft integrieren: โWir grรผnden eine Landesverkehrsgesellschaft, die Sรคchsische Mobilitรคtsgesellschaft, in der der Freistaat, die Landkreise sowie die Kreisfreien Stรคdte als Gesellschafter vertreten sind. Die Anteile an der Gesellschaft halten der Freistaat Sachsen und die kommunale Ebene zu jeweils 50 Prozent. Die kommunalen Vertreter stellen รผber eine Rรผckkopplung mit den kommunalen Aufgabentrรคgern die Umsetzung sicher. Aufgabentrรคger sind die Verkehrszweckverbรคnde. Die Aufgaben der Gesellschaft werden in einem Gesellschaftsvertrag verbindlich definiert. Der Sitz der Gesellschaft soll im lรคndlichen Raum angesiedelt werden.โ
Wobei der Koalitionsvertrag auch die Reduzierung der Zahl der Zweckverbรคnde ins Auge fasst: โWir prรผfen zudem eine Reduzierung der Anzahl der Zweckverbรคnde mit dem Ziel, die Koordinierung insbesondere zwischen den Ballungsrรคumen und den sie umschlieรenden Landkreisen sowie den Nachbarlรคndern weiter zu verbessern.โ
Andere Bundeslรคnder kommen mit einem einzigen, landesweiten Zweckverband aus, so wie Sachsen-Anhalt mit der Nahverkehrsservice Sachsen-Anhalt GmbH (NASA). Sachsen hat fรผnf Zweckverbรคnde, von denen im Grunde nur die drei um die drei Oberzentren Leipzig, Dresden und Chemnitz als รผberlebensfรคhig gelten.
Minister und Landrรคte finden einen Kompromiss zum รPNV, kommen aber nicht zum Punkt
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