Nicht nur die L-IZ fand es seltsam, wie die Deutsche Bahn auf einen Tweet von Greta Thunberg reagiert hat, die sich in einem überfüllten ICE im Gang fotografieren ließ. Auch im Verband der Fahrgäste fühlte man sich durch die Kommunikation der Pressestelle der Deutschen Bahn gegenüber Greta Thunberg irritiert. Die Kommunikation zeige deutlich, dass die Zuständigen zu weit von der Realität der Fahrgäste entfernt sind, stellt der Fahrgastverband PRO BAHN fest.

Und sie hätten auch nicht verstanden, dass die Basisqualität stimmen muss, bevor man über On-Top-Angebote spricht. Denn irgendwann muss auch das Bahn-Management endlich zugestehen, was 27 Jahre Sparkurs für die Bahn tatsächlich bedeuten. Denn die Fahrgäste erleben es ja nicht nur als überfüllte Züge, sondern auch als Zugausfall, massive Verspätungen, ganz zu schweigen von Strecken- und Stationsstilllegungen.

Die irre Idee der Kohl-Regierung von 1992, die Bahn durch einen Börsengang fit machen zu wollen, ist auf ganzer Strecke gescheitert und hat dazu geführt, dass Deutschland mit seinem Bahnangebot mittlerweile deutlich hinter den europäischen Nachbarländern hinterherhinkt.

Die Fahrgastvertreter von PRO BAHN fordern im ersten Schritt, alle Fernzüge schnellstens in einen störungsfreien Zustand zu bringen.

Denn das, was Greta erlebte, ist fürs deutsche Streckennetz ziemlich typisch.

Am Samstag, 14. Dezember, reiste Klimaaktivistin Greta Thunberg mit der Deutschen Bahn aus der Schweiz kommend nach Hamburg. Mit der planmäßigen Reise war spätestens in Offenburg Schluss, als der ICE wegen einer Flachstelle (ein Schaden an einem der Räder) ausgesetzt wurde. Mit einem Ersatzzug ging es dann mit 86 Minuten Verspätung bis Frankfurt weiter. Dort endete der Ersatzzug und die Fahrgäste mussten auf den zwei Stunden nach dem Ursprungszug verkehrenden ICE ausweichen.

Sowohl im Ersatzzug als auch im Folgezug verbrachte Greta Thunberg große Teil der Reise auf dem Boden. Ein Foto von ihr am Boden teilte sie auf Twitter. In der Reaktion auf den Tweet beklagte DB Presse, dass Thunberg nicht den Am-Platz-Service in der ersten Klasse, in der sie auf dem letzten Stück noch einen Sitzplatz bekam, gelobt habe.

Für den Fahrgastverband PRO BAHN ist die Art der Kommunikation eine Frechheit gegenüber den Fahrgästen.

„Die Zuständigen für diese Tweets und die zugehörige Medienmitteilung zeigen, dass die DB Pressestelle jeglichen Bezug zur täglichen Realität der Fahrgäste verloren hat“, stellt der stellvertretende Bundesvorsitzende Lukas Iffländer fest. „Wir Fahrgäste wollen zuverlässige Züge, pünktlich weiterkommen und einen Sitzplatz. Erst wenn all dies gewährleistet ist, kann man über Luxusleistungen diskutieren.“

Karl-Peter Naumann, Ehrenvorsitzender des Fahrgastverbands PRO BAHN, ist mit dem Zustand der Fernverkehrsflotte ebenso wenig zufrieden: „Kaum ein Zug geht ohne Störungen auf die Strecke. Das darf nicht sein.“

Vor ein paar Jahren hatte die DB im sogenannten RESET-Programm alle Züge wieder in einen störungsfreien Zustand versetzt. Davon sei heute aber kaum noch etwas zu spüren. „Das Programm muss schnellstmöglich wiederholt werden und es muss dafür gesorgt werden, dass die Fahrzeuge im Anschluss nicht wieder verlottern“, fordert Naumann.

Die Welt aus der Sicht eines Bahn-Fahrenden

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