Am 30. Oktober stimmt der Leipziger Stadtrat über den neuen Nahverkehrsplan der Stadt Leipzig ab. Und es sieht ganz danach aus, als würde das ein langer und debattenreicher Tag in der Stadtverordnetenversammlung werden. Denn die Verwaltung hat das Papier spät vorgelegt. Die Fraktionen haben sich erst in den letzten Wochen gründlich damit beschäftigt. Und aus Sicht der SPD-Fraktion genügt der Plan nicht einmal den Erfordernissen des Jahres 2019.

Denn er erzählt im Grunde noch immer vom Geist des ersten Leipziger Nahverkehrsplans, der in den 1990er Jahren das auf den Promenadenring zentrierte ÖPNV-Denken zementierte. Mit der Netzreform 2001 wurden nicht nur mehrere Straßenbahnlinien gestrichen und alte Tangentialverbindungen gekappt, das Angebot verknappte sich auf die sternförmig auf den Ring zulaufenden Hauptlinien. Und dabei geriet auch völlig die Einbindung der Außenbezirke aus dem Blick, die dann oft mit völlig unzureichenden Buslinien provisorisch ans Hauptnetz angeschlossen wurden.

Was die SPD-Fraktion jetzt vorgelegt hat, nimmt dieses Problem gleich mehrfach auf – so zum Beispiel auch bei der bis heute ungenügenden ÖPNV-Versorgung im Leipziger Südosten von Anger-Crottendorf bis Mölkau und Stötteritz.

Dasselbe gilt aber auch für den Leipziger Norden, ein Thema, das ja auch der Ortschaftsrat Lindenthal schon benannt hat. Dort war die Busversorgung bislang eher so karg, dass man sich wirklich nur als ein vernachlässigter Randbereich vorkam, obwohl man direkt zwischen der deutlich besser erschlossenen Innenstadt und dem immer noch wachsenden Gewerberaum im Norden liegt.

Das ist dann gleich Punkt 1 im Antrag der SPD-Fraktion, in dem die ganze Verwunderung darüber zum Ausdruck kommt, dass die Planer die umweltfreundliche Anbindung des großen Gewerberaumes einfach nicht auf dem Radar zu haben scheinen.

Der Antragspunkt: „Bessere Anbindung der Gewerbegebiete im Nordraum

Die großen Gewerbeflächen im Nordraum (GVZ und Industriepark Nord) werden Teil der Kernzone im Nahverkehrsplan

Begründung: Die Abgrenzung der Kernzone folgt bisher den Einwohnerzahlen im Gebiet und den bestehenden Straßenbahn-Radialverbindungen. Das reicht jedoch nicht aus, da für die Zukunftswirkung des Nahverkehrsplans auch wesentliche Fahrziele außerhalb dieser Gebiete stärker berücksichtigt werden müssen. Die großen Gewerbeflächen im Nordraum der Stadt sind tagtäglich Fahrziel zehntausender Menschen. Die Bedienqualitäten der Außenbereiche sind dafür ungeeignet. Zusätzliche Fahrten, welche auf die Schichtzeiten der großen Werke ausgerichtet sind, reichen ebenfalls nicht aus, da in den Gewerbegebieten auch sehr viele weitere Unternehmen ihren Platz haben. Die Bedienungsqualität muss mindestens den gleichen Stand wie in der Kernzone erreichen, um den Nahverkehr für diese wesentlichen Fahrziele attraktiver zu gestalten.“

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Und es sind eben auch die fehlenden, regelrecht vergessenen S-Bahn-Stationen im Gebiet, das normalerweise mit der S-Bahn sogar recht gut erschlossen wäre. Doch als das S-Bahn-Netz entworfen wurde, hat man einige wichtige Einstiegspunkte schlicht nicht bedacht. Das Problem haben dann die dort Arbeitenden, die zum Großteil sogar gezwungen sind, mit dem Pkw zur Arbeit zu fahren, obwohl tausende auch gern umsteigen würden. Letzteres wurde sogar beim Stadtradeln sichtbar, als die Belegschaft des BMW-Werks unter den teilnehmenden Unternehmen deutlich den 1. Platz belegte.

Das Bewusstsein der Erwerbstätigen über die ganzen Umweltprobleme der Mobilität ist deutlich weiter als das der Politik. Auch in Leipzig.

Und das wird eben leider auch beim Umgang mit dem viel leistungsfähigeren S-Bahn-System sichtbar, wie die SPD-Fraktion feststellt. Denn zum größten Teil verkehren die S-Bahnen noch immer in einem (für ein S-Bahn-System) völlig unattraktiven Halbstundentakt.

Der Antragspunkt 2: „S-Bahn-Takt

Die Stadt Leipzig verfolgt das Ziel, zum nächstmöglichen Zeitpunkt auf allen S-Bahn-Linien im Stadtgebiet mindestens einen 15-Minuten-Takt einzurichten.

Begründung: Auch auf Ebene des Freistaats wird eine entsprechende Verbesserung des S-Bahn-Taktes angestrebt. Die Stadt Leipzig solle sich dieser Zielstellung anschließen und sich im Nahverkehrsplan dazu bekennen.“

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Natürlich fehlt es dazu an verfügbaren Zügen. Der ZVNL, der den S-Bahn-Betrieb im Raum Leipzig bestellt, versucht mit dem viel zu knapp berechneten Fahrzeug-Pool so viele Strecken wie möglich zu bespielen. Um einen wirklichen S-Bahn-Takt hinzubekommen, müsste der Fahrzeugpark jetzt schon deutlich erweitert, müssten neue Züge bestellt werden. Aber nicht einmal der OBM, der für Leipzig ja ein gewichtiges Wort mitredet im ZVNL, macht da Druck. Ohne Druck aber gibt es keine neuen Fahrzeuge und keine dichten Takte.

Und das Problem der systematisch vernachlässigten Außenbereiche nimmt die SPD-Fraktion auch noch einmal in ihrem 4. Antragspunkt auf. Denn die Versuche der Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB), die Versorgungslöcher im äußeren Busnetz mit Anruf-Linien-Taxis und -Bussen zu stopfen findet man in der SPD-Fraktion überhaupt nicht zielführend. Und wohl auch nicht zukunftsfähig.

Der Antragspunkt 4: „Mindestbedienungsstandards in den Außenbereichen

In den Außenbereichen der Kategorie d wird in der Haupt- und Normalverkehrszeit eine mindestens dreimal, in der Schwachverkehrszeit eine mindestens zweimal stündliche Haltestellenbedienung festgelegt. Anruf-Linien-Taxis ersetzen diese Bedienungsanforderungen nicht.

In den Außenbereichen der Kategorie e wird in der Haupt- und Normalverkehrszeit eine mindestens zweimal stündliche Haltestellenbedienung festgelegt.

Begründung: Die Erhöhung der Mindeststandards zu den Zielstandards soll die Attraktivität des Nahverkehrs gerade dort verbessern, wo sie bisher am geringsten ist.“

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Was übrigens noch einen zweiten Effekt hätte. Denn die ausgedünnten ÖPNV-Angebote am Stadtrand haben schon seit Jahren zur Folge, dass dort der Pkw-Besitz immer weiter ansteigt, selbst in den letzten drei Jahren, als er in der dichter erschlossenen Innenstadt schon zurückging. ÖPNV-Angebote aber werden erfahrungsgemäß erst dann wirklich angenommen, wenn die Fahrzeuge regelmäßig und in überschaubar dichten Taktfolgen fahren.

Warum gibt es eigentlich keine neue Straßenbahnverbindung in der Zweinaundorfer Straße?

Warum gibt es eigentlich keine neue Straßenbahnverbindung in der Zweinaundorfer Straße?

 

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“Natürlich fehlt es dazu an verfügbaren Zügen. Der ZVNL, der den S-Bahn-Betrieb im Raum Leipzig bestellt, versucht mit dem viel zu knapp berechneten Fahrzeug-Pool so viele Strecken wie möglich zu bespielen. Um einen wirklichen S-Bahn-Takt hinzubekommen, müsste der Fahrzeugpark jetzt schon deutlich erweitert, müssten neue Züge bestellt werden.”

Mit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2025 beginnt der Folgevertrag für das MDSB-Netz Stufe 1. Die Ausschreibung dafür erfolgt mindestens 3 Jahre zuvor. D.h. im Prinzip sollte man beim ZVNL aktuell die Ausschreibungsunterlagen vorbereiten. Erfahrungen haben nun alle Beteiligten gesammelt und es sollte möglich sein, wenigstens die gröbsten Schnitzer bei der nächsten Ausschreibung zu beheben. Hierzu gehört neben der Anzahl der Fahrzeuge (Reserve einplanen!) auch die Wahl der Größe. Die nächste Ausschreibung hat hoffentlich ausschließlich 4-teilige Fahrzeuge mit jeweils > 200 Sitzplätzen und 2 WC. Die Wahl unterschiedlicher Größen sollte nur durch Koppeln (Doppeltraktion) entstehen. Mit der Wahl von 3- und 4-teiligen Fahrzeugen schafft man sich riesige Probleme in der Koordination des Fuhrparks und kann auch nicht spontan handeln.

Endlich wacht mal jemand auf. Rufbusse sind – vielleicht – in Mecklenburg sinnvoll, doch die Wohnviertel im Leipziger Norden stehen voller Autos, mit denen man zur Arbeit fahren muß, weil man nicht anders hin kommt.

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