Nachdem frühere Regierungszeiten meist eher einem stillen Verzweifeln glichen – so aus Radfahrerperspektive –, weil der Bau neuer Straßen für Autos immer wichtiger war als Investitionen ins Radwegenetz, war mit der CDU/SPD-Regierung seit 2014 zumindest die Hoffnung verbunden, dass jetzt endlich die Bremsen gelöst und viele Radwege gebaut werden. Aber irgendwie blieb's doch wieder beim Schneckentempo, resümiert der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) Sachsen.
Beim Rückblick auf die fünf Jahre der vergangenen Legislaturperiode erhält die sächsische Staatsregierung ein durchwachsenes Zeugnis. Zwar hat die schwarz-rote Landesregierung die geplante Privatisierung der Radfahrausbildung an Grundschulen gestoppt und die Möglichkeiten des Radwegebaus auf stillgelegten Bahndämmen verbessert. Andererseits waren die Bemühungen für mehr Verkehrssicherheit auf Sachsens Straßen sehr überschaubar, so der ADFC.
Und dann sind ja da noch die Folgen der Personalkürzungsorgie der Vorgängerregierung, die auch im Landesamt für Straßenbau und Verkehr (LASuV) erhebliche Lücken gerissen haben. Der Personalmangel dort hat sich in den letzten Jahren noch zugespitzt und der angekündigte Ausbau sächsischer Bahnhöfe mit Bike&Ride-Anlagen geht nur sehr schleppend voran.
Des Weiteren verspricht die sächsische Staatsregierung zwischen 2014 und 2025 satte 540 km neue Radwege an Bundes- und Staatsstraßen zu bauen, von denen in der aktuellen Legislatur jedoch erst 69 km realisiert wurden. Das Kabinett hat damit auch das selbst gesetzte Ziel verfehlt, den Radverkehrsanteil in Sachsen nennenswert zu erhöhen, kritisiert der ADFC.
Konrad Krause, Geschäftsführer des ADFC Sachsen, blickt jedoch hoffnungsvoll in die kommende Legislaturperiode: „Noch nie war das Thema Radverkehr in den sächsischen Landtagswahlprogrammen so präsent wie zur Landtagswahl 2019. Das zeigt, dass immer mehr Menschen in ganz Sachsen sicher mit dem Rad unterwegs sein wollen. Für die neue Staatsregierung ist dies ein klarer Arbeitsauftrag.“
Eine Auswertung der Landtagswahlprogramme zeigt, dass sich fast alle Parteien zu einem Ausbau des Radwegenetzes und zu besseren Bedingungen für Radfahrende bekennen. CDU, Linke, SPD und Grüne definieren dabei sogar explizit das Ziel, den Radverkehrsanteil zu erhöhen.
„Ich freue mich auch, dass das Thema Verkehrssicherheit an Bedeutung gewinnt. SPD, Grüne und FDP haben in ihren Programmen sogar ausdrücklich formuliert, dass das oberste Ziel der Verkehrsplanung das Verhindern von Todesopfern sein muss“, sagt Krause.
Mit einem Vergleich der Wahlprogramme und einer Befragung der Spitzenkandidaten brachte der ADFC die unterschiedlichen Positionen der Parteien zum Radverkehr in Sachsen ans Licht. Auf die Frage, wie man die Zahl der getöteten Radfahrenden reduzieren möchte, appellierte Michael Kretschmer (CDU) an die Eigenverantwortung und gegenseitige Rücksichtnahme, während Rico Gebhardt (Die Linke), Martin Dulig (SPD) und Katja Meier unter anderem auf ihre Forderung nach verpflichtenden Abbiegeassistenten in LKW des Freistaates verwiesen. Holger Zastrow (FDP) möchte das Problem dagegen durch eine digitale Verkehrssteuerung lösen und Cathleen Martin (Freie Wähler) verweist für sicheren Radverkehr auf eine Helmpflicht für Radfahrende.
Aber das sind immer noch die Versprechungen im Wahlkampf.
Aber wie wird das dann in der politischen Praxis auch umgesetzt? Da fällt eben das Fazit des ADFC Sachsen zu den vergangenen fünf Jahren eher gemischt aus. Vor allem verpasste es die sächsische Staatsregierung, wirksame Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit anzugehen.
„Allein im letzten Jahr kamen auf Sachsens Straßen 35 Menschen auf dem Rad ums Leben. Beim Engagement der Staatsregierung für die Verkehrssicherheit muss die Staatsregierung endlich handeln“, sagt Konrad Krause, Geschäftsführer des ADFC in Sachsen. Auf der anderen Seite unterstützte die Staatsregierung die Gründung der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundlicher Städte. Auch beschloss der Sächsische Landtag mit dem Doppelhaushalt 2019/2020 eine Förderung von Lastenrädern, deren Förderrichtlinie jedoch noch nicht vom Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (SMWA) bekannt gegeben wurde.
Was eben von den Schwierigkeiten erzählt, die es in der Verwaltungsbürokratie augenscheinlich gibt, die versprochenen Vorhaben auch nur zeitnah umzusetzen.
Wo sieht der ADFC besonders schwere Versäumnisse und verteilt deshalb eine „Rote Ampel“?
Das betrifft zu Beispiel „Park&Ride-, Bike&Ride-Angebote, Fahrradstationen“, auch in Leipzig bekanntlich ein mühsames Thema.
Das betrifft auch „Einheitliche Regelungen zur Radmitnahme in der Bahn“ und die „Steigerung des Radverkehrsanteils“.
Wobei Leipzig seine neuesten Zahlen zum Modal Split noch nicht hat. Die werden erst 2020 veröffentlicht. Aber nach den Vorjahren, in denen es stetig Steigerungen gab, ist auch für 2018 damit zu rechnen, dass der Radwegeanteil weiter gestiegen ist.
Eine „Rote Ampel“ gab es auch für den viel zu langsamen Ausbau des „Radwegenetzes in Sachsen“, die „Verkehrssicherheit“ und natürlich das fehlende Personal im LaSuV. Wo die Leute fehlen, die planen und Förderanträge bearbeiten können, wird eben auch viel zu langsam gebaut.
Grüne Landtagsabgeordnete fordert Verkehrsminister Dulig auf, sein Ministerium endlich auf Vordermann zu bringen
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