LEIPZIGER ZEITUNG/Auszug Ausg. 67Manche Berichterstattungen, Debatten darüber bis hinein in die sozialen Netzwerke hinein treiben seltsame Blüten. Eine hat nun zu einer Wette geführt, über die wir gern und im Einverständnis mit dem Wettpartner, dem Stadtrat René Hobusch (FDP), die Öffentlichkeit informieren wollen. Alles dreht sich um die Frage, ob und wann man realistisch ein Ticket in Leipzig einführen kann, welches den normalen Fahrgast im Jahresabonnement am Tag nur noch einen Euro kostet.

Am 15. Mai 2019 erhielt die Stadtverwaltung den Auftrag mit den Stimmen der Linken, Grünen und SPD, die Einführungsmöglichkeiten bis spätestens 2027 zu berechnen. Einfach ist die Kalkulation sicherlich nicht, Infrastrukturausbauten bei Bussen, vielleicht sogar Bahnen und Taktverdichtungen müssen dabei ebenso berücksichtigt werden wie mehr Personal und eben genügend Straßenbahnzüge.

Alles keine kleinen Kosten, zudem wird zum Einstieg in das fast nur halb so teure Jahresticket zum jetzigen Zustand mit einem anfänglichen Einnahmeverlust von 20 bis 30 Millionen Euro gerechnet.

Dennoch gab ich anschließend auf Facebook eine Art eigene Wahlentscheidung bekannt, die mit eben diesem Thema zu tun hat. „Noch 7 Tage …. Da ich vor nun fast 4 Jahren auf das Heftigste und – wie ich natürlich finde – mit allerbesten Gründen und direkt abgefragten Infos damals aus Wien im Angesicht ständig steigender ÖPNV-Preise bei der LVB deutlich für das 365 Euro Ticket nach dem „Wiener Modell“ in Leipzig „polemisiert“ habe, ist diese Abstimmung dafür, dass die Verwaltung nunmehr erstmals eine Berechnung vorlegen muss, die ganz persönliche Richtschnur für meine Wahlentscheidung zur Kommunalwahl.

Ja, liebe CDU und FDP. Wahlentscheidungen haben eben doch oft ganz reale, begreifbare und direkte Gründe. Dieser hier ist meiner, Euch keine einzige meiner drei Stimmen für den neuen Stadtrat am 26. Mai 2019 zu geben.

Wozu auch? Gegen eine ernsthafte Prüfung, Berechnung und Debatte einer wegweisenden Idee in Zeiten von Klimawandel, zu teure Ticketpreisen und somit auch gegen Solidarität mit finanziell Schwächeren zu stimmen, ist einfach Schwachsinn und eben nicht begründbar – Wahlkampf hin oder her. Zur AfD muss ich eh nichts sagen, so etwas wählt man als anständiger Mensch und Demokrat einfach nicht.

Während solcherlei Einlassungen halb privater, halb beruflicher Natur seitens AfD oder CDU in Leipzig zumindest meine Person betreffend eher zu gar keinen Reaktionen führt, man also auch hier meine Wahlstimme am wenigsten erwartet, war Stadtrat René Hobusch um eine Antwort zu seinen Gründen der Ablehnung des Antrages nicht verlegen.

Stadtrat René Hobusch (FDP): Zur Wette bereit. Foto: L-IZ.de
Stadtrat René Hobusch (FDP): Zur Wette bereit. Foto: L-IZ.de

Kurz darauf durfte ich, ganz als Journalist festgenagelt, lesen: „Da hat der Michael Freitag von der Leipziger Internet Zeitung die Debatte im Stadtrat zum 365-Euro-Ticket nur zur Hälfte verfolgt oder gibt sie jetzt absichtlich verkürzt wieder. Die FDP im Leipziger Stadtrat hatte beantragt, nicht nur kurzfristige Zeiträume, sondern realistisch über 2027 hinaus zu prüfen. Dass Linke, SPD und Grüne das ablehnen, zeigt, was ihr Antrag ist: Wahlkampfmanöver. Sie suggerieren, ein 365-Euro-Ticket wäre in wenigen Jahren möglich. Ist es aber nicht. Kurzfristig bringt so ein Wahlversprechen vielleicht Stimmen. Langfristig führt es zu weiterer Politikverdrossenheit.

Aus der anfänglichen gegenseitigen Schelte wurde rasch etwas Positiveres. Als Wetteinsatz bot der Liberale ein 365-Euro-Ticket an, welches ich für das Jahr 2028 von ihm bezahlt bekommen werde. Im Gegenzug, sollte also das Ticket bis dahin nicht Realität geworden sein, werde ich der Stadt Leipzig wenigstens einen ordentlichen Baum in einem ähnlichen Wert spenden. Ich fühle mich natürlich meines Sieges sicher und freue mich auf mein 365-Euro-Ticket.

Über das Bäumchen lasse ich dann trotzdem gern mit mir reden.

Nachtrag d. Red.: Vor der Kommunalwahl 2019 war René Hobusch gewählter Stadtrat für die FDP im Leipziger Kommunalparlament.

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