Die jungen Parlamentarier aus Leipzigs Jugendparlament beobachten sehr aufmerksam, was in der Stadtpolitik passiert. Und sie registrieren auch, wenn wichtige Projekte einfach feststecken und über Jahre nichts geschieht – so wie bei der geplanten Radstation im Hauptbahnhof. Abstellplätze für Fahrräder könnte man schon bauen, hatte das Planungsdezernat dazu mitgeteilt. Aber eine richtige Radstation gäbe es wohl frühestens 2023. Aber den Antrag der Jugendparlamentarier nimmt das Dezernat Stadtentwicklung und Bau dennoch ernst.

Im April hatte das Jugendparlament ziemlich deutlich formuliert, dass das Warten bis 2023 viel zu lange dauert. „Mit der Entscheidung für das Nachhaltigkeitsszenario 2030 hat sich der Stadtrat entschieden, den Umweltverbund zu stärken. Um die hierfür nötigen Steigerungen im Radverkehr zu erreichen, bedarf es einer Stärkung der Rad-Infrastruktur. Der Hauptbahnhof ist hier als Verkehrsknotenpunkt insbesondere zu stärken. Laut Stadtverwaltung ist der Bedarf für eine Radstation hier ‚enorm groß‘“, zitierte das Jugendparlament Michael Jana, Leiter des Verkehrs- und Tiefbauamtes.

„Darüber hinaus leidet Leipzig unter einem enormen Raddiebstahl-Problem. Es führt die Raddiebstahl-Statistiken deutschlandweit nicht nur an, sondern bis zu 11 % der Kriminalität in Leipzig ergeben sich aus diesem Delikt. Die Stadt ist hier auch sicherheitspolitisch in der Pflicht ihre Bürger zu schützen. Eine Radstation bietet zumindest am Hauptbahnhof den nötigen Schutz. Außerdem verschönert sich das städtische Bild, wenn Bürgern die Möglichkeit gegeben wird, ihre Räder ordentlich anzuschließen.“

Im Prinzip stimmt Leipzigs Verwaltung ja mit dem Anliegen der jungen Leute überein: „Die Radstation am Hauptbahnhof kann zur Stärkung des Radverkehrs in Leipzig einen wichtigen Beitrag leisten. Das Verwaltungshandeln ist darauf ausgerichtet, eine Radstation am Hauptbahnhof einzurichten. Dem Antrag kann daher vonseiten der Verwaltung in weiten Teilen zugestimmt werden. Die Inhalte werden in mehreren Punkten übernommen. Der Verwaltungsstandpunkt enthält jedoch in einigen Punkten Änderungen, da eine im ursprünglichen Antrag formulierte Verbindlichkeit erst mit einem Bau- und Finanzierungsbeschluss hergestellt werden kann, über den erst zu gegebener Zeit befunden werden kann.“

Und dann ist da eben noch die Frage: Wie kann man so eine Radstation eigentlich wirtschaftlich betreiben?

„Der Antrag enthält eine Vielzahl von Anforderungen an den Betrieb einer Radstation, die mit einmaligen und dauernden Kosten für die Stadt Leipzig verbunden sind. So kann die Besetzung einer Radstation mit Personal eine geeignete Maßnahme zur Reduzierung des Diebstahlrisikos und zur Steigerung der Akzeptanz durch die Verknüpfung von ÖPNV und Radverkehr sein, die Erfahrungen in anderen Städten zeigen jedoch, dass mit Personal besetzte Radstationen, auch durch das Anbieten von Servicedienstleistungen, in der Regel nicht kostendeckend arbeiten können“, meint das Planungsdezernat. „Inwieweit eine Radstation kostendeckend zu betreiben ist, ist daher noch zu klären und im Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu eine Entscheidung zu treffen.“

Bleibt also der Vorschlag: „Die Eröffnung einer Radstation mit bis zu ca. 2.000 Radabstellplätzen am oder im Hauptbahnhof Leipzig bis Ende 2023 ist anzustreben. Die Gespräche mit DB Station & Service und anderen Anbietern von Flächen im Umfeld des Hauptbahnhofs werden vonseiten der Verwaltung mit dem Ziel der Einrichtung einer Radstation mit bis zu ca. 2.000 Stellplätzen weiter verfolgt. Ebenso die möglichst zeitnahe Einrichtung einer zunächst unbewirtschafteten Abstellanlage mit mehreren hundert Stellplätzen.“

Und: „Die Verwaltung wird beauftragt, sich um einen Betreiber für eine Radstation mit Serviceeinrichtungen Werkstatt, Verleih etc. zu bemühen. Sollte bis Ende 2021 kein Betreiber für eine Radstation gefunden worden sein, ist die Errichtung einer Radstation ohne Personalbewirtschaftung anzustreben. Bei der Finanzierung sind alle Fördermöglichkeiten auszuschöpfen.

Wie viele sichere Abstellplätze wirklich gebraucht werden, muss aber vorher geklärt werden. Deswegen lautet der erste Beschlusspunkt dann auch: „Die Stadtverwaltung wird beauftragt, zum Thema Radstationen einen Bürgerbeteiligungsprozess durchzuführen und bis zum Ende des 4. Quartals 2020 dem Stadtrat einen Ergebnisbericht vorzulegen, der die Bedarfe sowie Ansprüche der Leipziger an Radstationen zusammenfasst.“

Dann sieht man wahrscheinlich klarer, wie groß der Bedarf tatsächlich ist und ob 2.000 sichere Abstellplätze überhaupt genügen, wenn immer mehr Leipziger (und insbesondere Pendler) mit dem Rad unterwegs sind und es gern so abstellen möchten, dass es nicht gleich wieder geklaut wird.

Jugendparlament beantragt den Bau einer Fahrradstation bis 2023

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