Als die SPD-Fraktion im Leipziger Stadtrat im September 2018 anfragte, war das Entsetzen in Leipzig noch frisch: 2017 waren in der Stadt so viele Fahrräder als gestohlen gemeldet worden wie noch nie zuvor. Leipzig schien auf dem direkten Weg zur Fahrraddiebstahls-Hauptstadt zu sein. Die Antwort aus dem Planungsdezernat gab es jetzt fast ein halbes Jahr später. Immerhin ging es auch um die brennende Frage nach sicheren Abstellanlagen.

Aber zuerst zum Diebstahl, der in Leipzig augenscheinlich einen besonders starken Zeigerausschlag hinter sich hat. Denn über die Diebstahlsentwicklung teilt Leipzigs Stadtverwaltung nun mit: „Laut Polizeilicher Kriminalstatistik (PKS) stieg der Diebstahl von Fahrrädern in Leipzig von 3.996 Rädern in 2009 (6,9 % Anteil an der Gesamtkriminalität) auf 10.027 (= 12,6 %) in 2017.

In der Kommunalen Bürgerumfrage 2017 gaben 38 % der Befragten, denen in den letzten fünf Jahren ein Fahrrad gestohlen worden ist, an, dass sie den Diebstahl nicht zur Anzeige gebracht haben. Es ist also insgesamt von ca. 16.000 gestohlenen Fahrrädern im Jahr 2017 auszugehen.

Der Bestand lag 2017 bei ca. 463.500 Rädern (Berechnungsgrundlage: Kommunale Bürgerumfrage 2017), die Diebstahlquote beträgt somit 2,2 % (mit Bezug auf alle zur Anzeige gebrachten Diebstähle).“

Aber die Nachricht für 2018 lautet: Es ging nicht so weiter wie 2017. Augenscheinlich war 2017 wirklich ein Ausnahmejahr.

Das Baudezernat dazu: „Für 2018 liegt erst eine Tendenz vor: danach liegt die Zahl der (erfassten) gestohlenen Fahrräder unter dem Niveau von 2016, das Verhältnis zur Gesamtkriminalität ist im Vergleich zu 2017 jedoch in etwa gleichgeblieben.“

Was auch heißt: Wenn die offiziellen Zahlen vorliegen, werden wir auch erfahren, dass auch die Gesamtkriminalität wieder zurückging. Oder besser: Die von der Polizei registrierte Gesamtkriminalität. Was aber wohl nicht heißen wird, dass die üblichen Alarmmacher nicht auch noch in den nächsten Jahren von der „Kriminalitätshochburg“ reden werden. Sie lassen so ungern von so einem Begriff.

Wahrscheinlich ist natürlich, dass viele Besitzer wertvoller Fahrräder inzwischen vorsichtiger geworden sind und ihre Schmuckstücke besser sichern. Was nicht immer einfach ist, gerade wenn man so gern Rad und ÖPNV miteinander verbinden möchte.

Logisch, dass das Planungsdezernat zustimmt: „Ja, bewirtschaftete Fahrradstationen, in denen die Fahrräder vor Dritten zugangsgeschützt abgestellt werden können, bieten einen sehr guten Schutz vor Diebstahl und Vandalismus.“

Nur bei den Maßnahmen, solche Abstellanlagen zu schaffen, hängt man hinterher. Es ist ja auch eine Geldfrage. Und der Hauptbahnhof ist ebenfalls Thema. Das Jugendparlament hat ja gerade erst wieder gefragt, wann dort endlich eine Fahrradstation eingerichtet wird.

„Arbeitsgegenstand war es, eine Fahrradstation im Bereich des Hauptbahnhofs zu errichten. Dies konnte bisher leider nicht erreicht werden, die Verwaltung hat hierzu mehrfach berichtet“, teilt das Planungsdezernat nun mit. „Für die geplanten Interims-Abstellanlagen am Hauptbahnhof sind noch weitere Abstimmungen mit der DB Station & Service notwendig und die Klärung, wie die laufenden Kosten zu bestreiten sind.“

Aber wer blockiert denn dann die Fläche?

„Die Fläche für die Fahrradstation wurde von der DB als Interim für fünf Jahre an Clever-Shuttle vermietet. Es ist daher vorgesehen, die Planungen ab 2020 zu beginnen.“

Dabei ist es die einzige logische Fläche, die für eine solche Radstation infrage kommt: „Die Anbindung einer Fahrradstation an den Hauptbahnhof müsste unmittelbar sein, da zu weite Wege von den Radfahrenden kaum angenommen würden. Es stehen allerdings mit direktem Bezug zum Hauptbahnhof keine kommunalen Flächen zur Verfügung. Allenfalls kann sich die Stadtverwaltung eine Einordnung von Fahrradabstellanlagen in die bestehenden Parkhäuser an der West- bzw. Ostseite des Hauptbahnhofs vorstellen.“

Weitere Abstellanlagen sind als Förderprojekt auf Grundlage des Green City Plans (GCP) in den kommenden zwei Jahren beim Ausbau und zur Aufwertung von Bike+Ride und Park+Ride vorgesehen. „Bike+Ride soll dabei durch die Errichtung zugangsgesicherter Abstellanlagen als hochwertiges Produkt etabliert werden. Ergänzt werden ebenso E-Lademöglichkeiten und Servicestationen. Damit sollen Nutzergruppen, die bislang aus Furcht vor Diebstahl und Vandalismus eine intermodale Verknüpfung von ÖPNV und Fahrrad gemieden haben, aktiviert werden.“

Aber der Green City Plan ist noch so jung, dass noch keine dieser Anlagen gebaut wurde.

Jugendparlament beantragt den Bau einer Fahrradstation bis 2023

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