Es ist nicht nur in Leipzig so: Fahrgastbeiräte sind eher nur ein hübsches Feigenblatt. Sie haben kaum Einfluss auf die Gestaltung des Nahverkehrs vor Ort. Und das in einer Zeit, wo vom Verkehrsminister bis zu den Landräten und Bürgermeistern alle über Nahverkehr diskutieren. Nur die Fahrgäste selbst werden nicht gefragt. Ein Unding, findet Marco Böhme, mobilitätspolitischer Sprecher der Linksfraktion im Landtag.
Am Dienstag, 26. März, fand im Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr des Sächsischen Landtages die öffentliche Sachverständigen-Anhörung zum Gesetzentwurf der Linksfraktion für ein „Sächsisches ÖPNV-Beteiligungsgesetz“ (Parlaments-Drucksache 6/15562) statt. Da waren auch einige Fahrgastbeiräte eingeladen, die über ihr frustrierendes Dasein berichteten.
„Die Fahrgastbeiräte und Fahrgastvertretungen haben eindrücklich dargestellt, wie nötig unser Gesetzentwurf ist. Fahrgäste haben beim ÖPNV in Sachsen keine ausreichenden Mitsprache-Rechte; wenn überhaupt, werden sie über Änderungen bei Fahrplänen, Fahrzeugen oder Service informiert“, zählt Marco Böhme auf, was auch für die Linksfraktion Anlass war, den Gesetzentwurf so vorzulegen.
„Eigene Stellungnahmen, Pressemitteilungen oder Anträge aus Sicht der Fahrgäste sind in Sachsen nicht möglich, und das ist erschreckend! Außer vereinzelten Beteiligungsverfahren (z. B. Fahrgastforen), die vom Willen der Verkehrsunternehmen oder Verkehrsverbünde abhängen, sind die Fahrgäste in Sachsen damit bei der ÖPNV-Planung außen vor. Weiterhin gibt es gerade einmal vier Fahrgastbeiräte für die Städte Leipzig, Dresden, Zwickau und Chemnitz, was an sich schon ein Trauerspiel ist.“
Gerade im flachen Land, wo der Nahverkehr längst ein Überlebensthema für viele Gemeinden ist, werden die Betroffenen nicht einmal einbezogen. Da muss man sich wirklich nicht wundern, dass es in den sächsischen Regionen rumort. Denn wo echte Mitsprache fehlt, fühlen sich die Betroffenen logischerweise alleingelassen.
Die Sprecherin des Fahrgastbeirates der Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB), Meret Sophie Noll, kommentierte den Gesetzentwurf der Linken als „sehr hilfreichen Vorstoß zu mehr Bürgerbeteiligung im ÖPNV“. Der Vorsitzende des Landesfahrgastbeirates Baden-Württemberg Matthias Lieb unterstrich den „richtigen Ansatz“, um einen ÖPNV sicherzustellen, der „an den Bedürfnissen der Bevölkerung ausgerichtet“ ist. Selbst der Vertreter der DB Regio AG Stephan Naue fand das Instrument eines Landesnahverkehrsbeirates sehr „reizvoll“.
„Dagegen zeigten die Geschäftsführer der Zweckverbände und Verkehrsverbünde mit ihren Ausführungen deutlich, wie erschreckend rückwärtsgewandt sie zur Bürgerbeteiligung stehen“, stellt Marco Böhme fest. „Frei nach dem Motto, dass alles so bleiben soll, wie es ist und ‚mehr Beteiligung‘ sowieso eine ‚Belastung‘ sei.“
Sein Fazit: „Die Regierung und die Aufgabenträger reden viel über ÖPNV, aber die Fahrgäste in Sachsen haben keinerlei Recht, angehört und beteiligt zu werden, jedenfalls nicht so, wie es sich im Jahr 2019 gehören sollte. Wir brauchen mehr Beteiligung im ÖPNV!“
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