Es ist nicht nur in Leipzig so. Ganz Sachsen hat einen erheblichen Nachholbedarf beim Bau von Radwegen. Viel zu langsam hat die sächsische Staatsregierung auf den wachsenden Bedarf an sicheren Radwegen im Land reagiert. Ein Thema, mit dem sich Katja Meier, verkehrspolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, intensiv beschäftigt. Und selbst die vorhandenen Fördermittel werden nicht ausgeschöpft.

Im Jahr 2017 verfügten bundesweit 25 Prozent aller Landesstraßen (Staatsstraßen) in der Bundesrepublik über Radwege. Einige Länder haben schon seit Jahren intensiv in den Aufbau investiert. Der sächsische Spätstart macht sich bemerkbar: In Sachsen sind gerade einmal knapp 11 Prozent der Landesstraßen mit Radwegen versehen, rechnet Katja Meier vor. So ergibt sich eine Gesamtlänge von 519 Kilometern von insgesamt möglichen 4.750 Kilometern.

Die verkehrspolitische Sprecherin der Grünen sieht Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) in der Pflicht, mit einem Fachreferat für Radverkehr in seinem Ministerium die Herausforderungen anzupacken: „Radverkehr muss endlich Chefsache werden. Viele innerstädtische Staatsstraßen sind Unfallschwerpunkte für Radfahrer und Radfahrerinnen im Alltagsverkehr. Hier ist der Verkehrsminister Dulig (SPD) in der Pflicht, denn Planung und Bau von Radwegen an Staatsstraßen liegt in der alleinigen Verantwortung des Freistaates.“

Die Radfahrerunfälle in Sachsen sprechen eine deutliche Sprache: Im Jahr 2017 verunglückten insgesamt 3.932 Radfahrer und Radfahrerinnen. Davon wurden 19 getötet und 918 schwer verletzt. Radfahrende müssen durch sichere Radwege dringend besser geschützt werden. Radfahrer und Radfahrerinnen verursachen nach Angaben der Staatsregierung nur die Hälfte aller Unfälle selbst, bei denen sie verletzt oder getötet werden.

„Wer die Zahl der verunglückten Radfahrer und Radfahrerinnen senken will, muss deutlich mehr für eine sichere Infrastruktur tun. Davon ist in Sachsen leider nicht viel zu sehen“, sagt Meier, würdigt aber auch, dass sich so langsam etwas ändert. Erstmals seit vier Jahren wurden zwar mehr Radwege an Staatsstraßen gebaut.

Trotzdem wurde auch 2017 in Sachsen weniger Geld für den Ausbau der Radverkehrsinfrastruktur an Staatsstraßen ausgegeben, als im Landeshaushalt zur Verfügung gestellt wurde. Das geht aus den aktuellen Antworten von Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) auf die aktuellen Kleinen Anfragen von Katja Meier hervor.

„Der Landtag hatte entschieden, dass im Jahr 2017 für vier Millionen Euro aus dem Haushaltstitel 07 06 785 75 Radwege an Staatsstraßen gebaut werden sollten. Im Vorjahr 2016 wurden 2,55 Millionen Euro für Radwege an Staatsstraßen nicht ausgegeben. Mit einer Übertragung dieser Ausgabereste hätten 2017 zusammen 6,55 Mio. Euro zur Verfügung gestanden. Davon wurden jedoch nur 3,75 Millionen Euro ausgegeben. Lediglich in vier der zehn sächsischen Landkreise wurden mit diesen Mitteln Radwege gebaut“, stellt Katja Meier fest.

Und mit 2,3 Millionen Euro ging der Löwenanteil der Fördermittel 2017 in den Landkreis Bautzen. Mit 955.000 Euro wurden im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge 2,3 km Radweg gebaut. 415.00 Euro wurden im Erzgebirgskreis und 82.000 Euro im Landkreis Nordsachsen umgesetzt. Das ist ein eindeutiges Übergewicht in Ostsachsen. Haben die anderen Landkreise keine Anträge gestellt? Keine Radwege an Staatsstraßen wurden aus dem dafür vorgesehen Haushaltstitel in den Landkreisen Zwickau, Mittelsachsen, Meißen, Nordsachsen, Görlitz und dem Vogtlandkreis gebaut.

„Damit eine möglichst vollständige und zweckmäßige Umsetzung der im Haushalt für die Förderung kommunaler Radverkehrsanlagen eingestellten Mittel erreicht wird, muss das Verkehrsministerium eine Strategie in Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Straßenbau und Verkehr vorlegen“, fordert die Abgeordnete in einem Antrag, der am Mittwoch, 30. Mai, im Landtag zur Abstimmung steht.

„Um bis Ende 2025 den derzeitigen bundesweiten Durchschnitt zu erreichen, müsste Sachsen jährlich mehr als 80 Kilometer Radwege an Staatsstraßen bauen. Davon sind wir momentan meilenweit entfernt. Denn die ohnehin zu knappen Fördergelder bringen dem Radverkehr nichts, wenn sie am Ende nicht einmal vollständig ausgegeben werden.

Woran es im Landesamt für Straßenbau und Verkehr seit Jahren fehlt, sind ausreichende Planungskapazitäten und die notwendigen Fachkräfte, die sich ausschließlich mit Radverkehr beschäftigen“, geht Katja Meier auf den möglichen Hintergrund für die schleppende Fördermittelvergabe ein.

„Das Fahrrad gewinnt gerade mit dem zunehmenden Anteil an Pedelecs als Alltagsverkehrsmittel weiter an Bedeutung. Wir brauchen endlich ein eigenes Fachreferat für Radverkehr im Wirtschaftsministerium, damit es vorangeht. Zudem müssen die Vollzeitstellen für den Radverkehr im Landesamt für Straßenbau und Verkehr auf zwölf verdoppelt werden.“

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