Der Fahrgastverband PRO BAHN freut sich über die Erkenntnis der Bundesregierung, mit deutlich mehr Öffentlichem Personen-Nahverkehr (ÖPNV) einen wesentlichen Beitrag zur Schadstoffreduzierung der innerstädtischen Luft zu leisten. Aber so einfach, wie es sich die Regierung denkt, geht es nicht. Schon gar nicht so schnell, dass man damit von heute auf morgen die Probleme der Luftbelastung löst.

Die Finanzierung zwischen Bund, Ländern und Kommunen lasse sich noch einigermaßen schnell lösen, stellt PRO BAHN fest, wo man sich ja nun seit Jahren intensiv mit Kosten, Material, Investitionen und Preisgestaltung beschäftigt.

„Das Problem“, erklärt der Ehrenvorsitzende Karl-Peter Naumann, „liegt bei den nicht vorhandenen Kapazitäten. In der morgendlichen Hauptverkehrszeit, wenn alle zur Arbeit und zur Schule wollen, findet man kaum noch einen Platz in Bahnen und Bussen. Erst wenn es vor allem deutlich mehr Bahnen (Straßenbahn, U-Bahn, S-Bahn) gibt, lassen sich wesentlich mehr Fahrgäste transportieren.“

Die Beschaffung der benötigten neuen Fahrzeuge würde mit Sicherheit mehrere Jahre dauern und auch mehr Kapazitäten bei der Bahnindustrie erfordern.

Mehr Fahrzeuge, mehr Fahrer, mehr Betriebshöfe, mehr Schienen – das wäre ein riesiges Infrastrukturprogramm. Und zwar allein das schon. Das hätte Angela Merkel schon 2008, 2009 auflegen können – die Städte hätten es ihr gedankt, denn dann würden heute schon die Kapazitäten existieren und Millionen Bundesdeutsche wären längst umgestiegen und hätten auf ihr Auto verzichtet.

Aber wer den Berufsverkehr in München, Frankfurt und mittlerweile auch in Leipzig kennt, weiß, dass die vorhandenen Fahrzeuge rappelvoll sind und mit Ach und Krach wegschaffen, was da mitfahren will. Von noch mehr Fahrgästen kann da nicht wirklich die Rede sein, wenn die Kapazitäten nicht ausgebaut werden.

„Selbst wenn die neuen Bahnen und Busse da wären“, ergänzt Bundesvorstand Lukas Iffländer, „fehlt es immer noch an der notwendigen Infrastruktur. Betriebshöfe, vor allem aber neue oder erweiterte Schienenstrecken und Busspuren sind dann in erheblichem Umfang nötig. Bei unserem Planungsrecht muss man mit einem Realisierungszeitraum von nicht unter 10 Jahren, wahrscheinlich deutlich mehr rechnen.“

Oder im Klartext: Die drei eiligen Minister haben einen „schnellen“ Lösungsvorschlag unterbreitet, der frühestens 2028 Wirkung zeigt.

Deutschland hat seinen ÖPNV seit Jahrzehnten auf Sparflamme gekocht, statt ihn auszubauen.

Jetzt räche sich, dass man in der Vergangenheit zu wenig in den ÖPNV investiert und keine ausreichende Zukunftsperspektive anvisiert hat, kommentiert PRO BAHN den Zustand. Schlimmer noch: die Infrastruktur bröckele in vielen Städten und die jetzigen Fahrzeuge seien längst nicht alle fit für eine lange Zukunft.

„Darüber hinaus sehen wir weitere Probleme, z. B. in der Abgrenzung zu kostenpflichtigen Strecken. Wenn der ÖPNV in Essen frei ist, wie sieht es dann mit den Pendlern von außerhalb aus?“, fragt Iffländer.

Auf Leipzig umgemünzt: Was nutzt es, wenn die LVB gratis fahren lässt, aber die S-Bahn kostenpflichtig bleibt?

Aber mit dem Brief an die EU-Kommission liegt jetzt zumindest das Eingeständnis der Merkel-Regierung vor, dass man die Luftprobleme in den Städten mit einem besseren ÖPNV hätte lösen können. Und künftig auch lösen kann. Aber dann muss auch gehandelt werden und nicht immer nur versprochen.

Der Fahrgastverband PRO BAHN rät der Politik hier zunächst die Voraussetzungen durch Personalaufstockung, Infrastrukturausbau und Fahrzeugkauf zu schaffen und dem ÖPNV in den Städten Vorrang vor dem PKW-Verkehr zu geben. Dann werde der Umstieg vermutlich sogar ohne Kostenfreiheit gelingen. Denn dann lohnt sich der Umstieg für viele Menschen und das System „rechnet sich besser“.

Mit einem günstigen Jahres-Abo nach vorausgegangenem Ausbau von U- und S-Bahn wie in Wien – der Wiener fährt für 1 Euro am Tag = 365 Euro/Jahr – werde die ÖPNV Nutzung deutlich steigen und die Luft schadstoffärmer.

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Das liest sich alles so, als ob es keiner haben will. Natürlich kostet es richtig viel Geld. Aber dieses Geld wird hier in unserem Land investiert, in unserer Wirtschaft, das ist auch ein riesiges Konjunkturprogramm. Das wäre eine Alternative zur Autoindustrie, die uns ja bekanntlich alle mit ihren Wohltaten beglückt.

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